An vier aufeinander folgenden Abenden ein hellauf begeistertes Publikum, das kann ein Theater alleine kaum schaffen und im Ebertbad funktioniert’s auch nur dann, wenn das Haus-Ensemble zur Revue auf die Bühne stöckelt. Oder wenn man sich für ein Projekt zusammenfügt. „Schwuppdiwupp“, das etwas andere Festival, bescherte den Veranstaltern zwar nur zum famosen Auftakt mit der Gustav Peter Wöhler Band ein beinahe ausverkauftes Haus, bislang vier Hochkaräter, jeder auf seine Weise funkelnd, verschmolzen zu einem wunderschönen kleinen Ring, der am 25. Juni mit dem androgynen Edel-Punk Kay Ray im Ebertbad seine Formvollendung erhalten wird.

Ein Fragezeichen in der Programmdramaturgie stand sicherlich hinter dem Schlagerabend „Ein Festival der Liebe“. Sinnvoll, Cindy & Bert sowie Jürgen Marcus, die vor allem in den 60-er und 70-er Jahren ihre großen Hits hatten, das Duo im ersten Teil des Konzertes auf der Theaterbühne zu präsentieren. Zwar war das Parkett mit rund 150 Zuhörern nur mäßig besetzt, aber Cindys wandelbare Stimme, die mit bisweilen lyrischem Timbre zwischen Schlager und Soul, Rock, Gospel und Chanson schwebte und auch Höhen kraftvoll und klar klingen ließ, machte das Konzert zu einem echten Genuss für die Ohren. Mit einer Substanz, die weit über „Immer wieder sonntags“ oder „Spanische Gitarren“ hinausreicht überraschte das Duo sogar begeisterte Mitglieder des Theaterensembles im Publikum. Jürgen Marcus, gesundheitlich sichtlich und hörbar schwer angeschlagen, überspielte inzwischen eng gesteckte stimmliche Grenzen vor allem bei seinen alten Hits mit unprätentiösem Charme.

Am Freitagabend trotzte die Rosa-Bar-Hitparade im Ebertbad dem Auftakt der Fußball-WM. Allerdings mit Licht und Schatten. Die Moderation von Dieter und Thomas Heck geriet doch allzu zotenlastig, karnevalistische Herrensitzungen auf gleichem Niveau sind dereinst als unsäglich gescholten worden. Offenkundig ist es noch lange nicht dasselbe, wenn zwei das gleiche tun. Immerhin sang das um die Darsteller-Crew des Ebertbades verstärkte Theaterensemble, geführt von Otto Beatus mit seinen brillanten Musikern, auf bislang in den Hitparaden nicht gehörtem Niveau, aus dem Nora Buzalka mit einer atemberaubend interpretierten Ballade vom „Surabaya Johnny“ und der im Freestyle rockende Jürgen Sarkiss noch herausragten und das mit Jeff Zach und Nito Torres ein beachtliches Männerduo gebar.

Lilo Wanders zum Finale der Hitparade und anschließend in der Theater-Bar als ebenso charmante wie intelligente Gastgeberin einer Erotik-Talkshow war sicherlich einer der Höhepunkte des Festivals bisher. Wie es – vor allem die öffentlich-rechtlichen – TV-Macher fertig bringen, der wunderbaren Entertainerin ein eigenes Format vorzuenthalten, das gehört sicherlich zu den großen Fragezeichen.

Georgette Dee am Samstag zum Finale auf der Theaterbühne, beinahe vier Stunden allerfeinste Kleinkunst. Die Diseuse faszinierte das Publikum mit rauer Sinnlichkeit in den Chansons und Balladen, gestaltete selbst Schlager zu kleinen Kunstwerken, großartig ihre deutsche Variation „Der Klang der Stille“ des Welthits „Sound of Silence“, da ist man an Ray Charles erinnert. In den moderierenden Intermezzi kokettierte die Künstlerin nach nunmehr 30 Bühnenjahren mit ihrem Alter knapp jenseits der 50, karikierte Tücken und Schrulligkeiten biederer Alltagsgewohnheiten, wie es einst nur Hanns Dieter Hüsch vermochte. Und mit rund einem Liter Wodka intus kübelte die blonde „Tischchensängerin“ ihren Ekel über der Politik aus.

Das gefiel nicht allen, aber das ist Georgette Dee. Tolle „Schlampe“.

Kommentar:

Da Capo bitte

Es war ein Versuch – und es war den Versuch wert. Das Festival „Schwuppdiwupp“ hat, das Finale am 25. Juni wird da nicht ausscheren, Theater wie Ebertbad einen Programmgewinn auf hohem Niveau beschert, beiden Häusern möglicherweise auch neues Publikum erschlossen. Und es hat Möglichkeiten der Zusammenarbeit aufgezeigt.

Dass da manches beim ersten größeren Projekt noch hakte und man sich auch vom Theater eine aggressivere Werbung gewünscht hätte, sollte als Erfahrung für weitere Kooperationen dienen.

Es schien, als sei die Last des Festivals von zwei Schultern - Bademeister Susanne Fünderich drüben und Schauspieler Martin Müller-Reisinger hüben – getragen worden. Gleichwohl muss man dem rührigen Mimen, der ja schon die Bar-Hitparade auf dem kreativen Gewissen hat, eine üble Entgleisung vorhalten. Ein Schwulenwitz auf Kosten des an den Rollstuhl gefesselten Bundesfinanzministers geht – mit Verlaub – gar nicht.

Der Chronist traut sich gar nicht daran zu erinnern, unter welcher Überschrift er vor rund 25 Jahren eine Herrensitzung mit zotigen Witzen zu Lasten von Behinderten kommentiert hat. Dennoch: „Schwuppdiwupp“ muss ein „Da capo“ haben.