Oberhausen.

Ärzte sind die schlimmsten Patienten. Dr. Rüdiger Heber würde diesen Satz wohl unterschreiben. Als seine Hüfte sich das erste Mal „meldete“, hat der 66-Jährige sich zunächst weiter gequält.

Ein paar Monate später, als sie schließlich sogar nachts weh tat, ging der Radiologe schließlich zum Orthopäden. „Dass ich eine Arthrose hatte, wusste ich bereits“, sagt Heber. Nun wurde seine verschlissene linke Hüfte per Schlüssellochtechnik operiert – und erhalten.

Die „Hüftarthroskopie“ ist eine relativ neue und aufwändige Technik, mit der die Schmerzen und der Bewegungsverlust bei Coxarthrose (Hüftgelenksverschleiß) gelindert werden können. Diese und andere Verfahren bei Hüft- und Knieproblemen werden am 21. Juni Thema des dritten WAZ-Medizinforums „Endoprothetik – Bewährte und innovative Wege beim Gelenkersatz“ sein. Moderator und Redaktionsleiter Tom Schmitt führt durch die Veranstaltung mit dem Thema „Endoprothetik“.

Referieren wird unter anderem Dr. Hans-Peter Jüsten, Chefarzt der Orthopädie und Unfallchirurgie des St. Marien-Hospitals. Er betont: Ganz geheilt werde das kranke Gelenk durch eine Arthroskopie nicht. „Bei Dr. Heber wurden die überschüssigen Knochenanbauten und die gereizte Gelenkschleimhaut entfernt. Früher wäre da nur ein künstliches Gelenk möglich gewesen.“ Doch irgendwann, so Jüsten, wird auch bei Dr. Heber ein künstliches Hüftgelenk nötig sein. Man dürfe die Methode nicht überbewerten, „aber so gewinnt der Patient drei bis fünf Jahre Zeit.“

Möglich ist eine solche Arthroskopie an der Hüfte nur, wenn die Schäden am Gelenk noch nicht so groß sind. Doch auch bei fortgeschrittener Krankheit muss nicht gleich das ganze Gelenk ausgetauscht werden. Auch Beate Reinert* hatte eine Arthrose, bei ihr wurde die Hüftkappe abgefräst und durch eine neue ersetzt. Jüsten: „Das ist ähnlich wie bei einer Zahnkrone, der Knochen wird dabei weitgehend erhalten. Muss man später doch noch ein künstliches Gelenk einsetzen, hat man noch einen unversehrten Knochenschaft.“ Allerdings sei die Methode vor allem für Patienten unter 60 Jahren geeignet.

Reinert ist mit ihren 46 Jahren sportbegeistert – bis vor der OP fuhr sie sogar Rennrad. Angefangen hatte ihr Martyrium mit 43, nach einem Skiunfall. Schleichend verschliss ihr Gelenk, bis die Schmerzen sich zu einem „24-Stunden-Schmerz“ ausgeweitet hatten. „Mein Haus- und Hof-Orthopäde wollte mich direkt an einen Kollegen verweisen: ,Der macht ihnen ‘ne neue Hüfte.’“ Reinert war kritisch, informierte sich und landete schließlich bei Dr. Jüsten. Ihre Argumente für die Hüftkappe sind einleuchtend: „Alles, was weg ist, kann ich nicht mehr reparieren.“

Techniken sind nicht
weit verbreitet

Schon beim ersten Aufstehen nach der OP hatte sie zwar noch Wundschmerz, doch die typischen Gelenkschmerzen, die waren weg. „Mittlerweile bin ich schon ein paar Hundert Meter durch die Stadt gelaufen.“ Beide Techniken, Hüftarthroskopie und künstlicher Kappenersatz, sind nicht weit verbreitet, denn sie sind langwierig in Vorbereitung und Einführung. „Für die Hüftarthroskopie hatten wir ein Jahr lang einen Instruktor hier, der uns unterwiesen hat“, erklärt Jüsten. Für Dr. Heber hat sich der Aufwand seiner Kollegen, er arbeitete bis Ende 2009 auch im Marien-Hospital, gelohnt. „Am Freitag wurde ich operiert, am Samstag war ich schon wieder in meiner Abteilung und habe Briefe diktiert.“

Keine Reha, keine Stützen, Heber kann seine neue Beweglichkeit kaum fassen. „Ich mache fleißig Werbung für sie“, sagt er scherzend zu Jüsten, während dieser sein Gelenk untersucht. Ärzte sind eben manchmal auch ganz gute Patienten.

*Name von der Redaktion geändert