Der Tag der Loveparade wurde auch für die Oberhausener Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienste ein sehr langer.

Waren von der Polizei rund zehn Beamte in Duisburg selbst im Einsatz, wie Pressesprecher Uwe Weighardt erklärte, hatte sich die Feuerwehr mit einem regelrechten Großaufgebot an Mitarbeitern auf diesen Tag vorbereitet.

„Auf Weisung des Innenministers hatten wir einen Patiententransportzug zu stellen“, erklärte Feuerwehrchef Wolfgang Tingler. Das waren zehn Fahrzeuge, 21 Einsatzkräfte der Berufsfeuerwehr, zwei Notärzte, sowie Mitarbeiter vom Oberhausener und Essener Deutschen Roten Kreuz (DRK). Sie alle standen auf Abruf parat. Tingler: „Um 16.30 Uhr wurde dieser Zug alarmiert.“ Innerhalb von 30 Minuten hatten die Männer und Frauen an der Duisburger Uni zu stehen — abrufbereit für einen möglichen Einsatz. Der blieb ihnen allerdings erspart. Als die Oberhausener an der Reihe gewesen wären, hatten andere Rettungsmannschaften die Verletzten bereits versorgt. Der Krankentransportzug wurde dann zum MSV Stadion beordert.

Doch der Zug und auch die vier Beamten des Führungsdienstes der Oberhausener Feuerwehr, die die Duisburger Kollegen auf deren Wunsch hin unterstützten, waren nur ein kleiner Teil der Kräfte, die rund um die Loveparade aus Oberhausen im Einsatz waren. Der Verband der Feuerwehr Essen, Mülheim und Oberhausen hatte noch einen Löschzug der Oberhausener Wache nach Duisburg geschickt. „Der sollte unabhängig von der Loveparade für die Sicherung des Brandschutzes sorgen“, verdeutlichte Tingler. Als das Mega-Event in Duisburg dann diesen katastrophalen Verlauf nahm, löste man in Oberhausen Vollalarm aus, sprich, auch alle Freiwilligen Feuerwehren wurden in Einsatzbereitschaft versetzt. „Um im Bedarfsfall das Tagesgeschäft abarbeiten zu können“, so Tingler.

Eine Sperrung der Zugstrecke Oberhausen-Duisburg bereits am Vormittag hatte die Stadt von vorneherein eingeplant. Und damit Menschenmassen, die am Oberhausener Bahnhof versorgt werden mussten. „Die Erfahrung von Dortmund hatte gezeigt, dass Menschen auch über Bahngleise laufen, die dann gesperrt werden“, sagte Tingler. „Wir mussten davon ausgehen, dass sich pro Stunde 4000 Menschen am Bahnhof aufhalten“, sagte der Feuerwehrchef. Eingestellt habe man sich vorsichtshalber auf bis zu 6000.

„Als dann die grausame Nachricht kam“, sagte Tingler, „haben wir die Kräfte am Bahnhof ergänzt.“ Vom Arbeiter-Samariter-Bund waren 38, vom DRK 33 Helfer im Einsatz. „Für eventuell traumatisierte Jugendliche hielten sich sechs Notfallseelsorger bereit“, so Tingler. Und er führt aus: „Für uns war wichtig, was passiert am Bahnhof in Duisburg, welche Taktfolge haben die Züge, mit wie vielen Menschen haben wir zu rechnen.“ Genau diese Infos, die die Bundespolizei hätte weiterleiten können, hätten ihnen gefehlt, kritisiert er. Sie hätten dann festgestellt, dass ein Großteil der Züge nach Düsseldorf weitergeleitet worden sei, so dass Menschenmassen in Oberhausen ausblieben. „Zum Glück war das Wochenende in Oberhausen ansonsten ruhig und beschaulich“, erklärt er. Und dass über 200 Kräfte in Oberhausen im Einsatz gewesen wären. Bis 2.30 Uhr. Tingler: „Das war das Ende dieses Einsatzes.“

„Da wurde alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte“, Walter Gommers, Chef einer großen Konzert- und Werbeagentur, findet deutliche Worte für die Katastrophe in Duisburg. Gommers, der auch in Oberhausen große Veranstaltungen aufzieht: „Ich betrachte das als Verbrechen, was da passiert ist.“ Er spricht von „Dilettantismus hoch zehn“. Eine ganze Branche sei in Verruf geraten. Gommers, der dem Verband der Deutschen Konzertdirektionen und dem Interessensverband der Deutschen Konzertveranstalter angehört, klagt über die Loveparade-Macher: „Diese Leute sind sehr wahrscheinlich nicht mal Mitglieder in unseren Verbänden.“

„Das Publikum bei solchen Veranstaltungen darf man nicht so einkesseln, der Eingang darf in der Einlassphase niemals auch Ausgang sein.“ Bei ihren Konzerten hätten sie immer genügend Ablaufwege für ganze Menschenmassen. Selbst bei Events mit weniger Besuchern, 80 000 etwa, gebe es extrem viele Fluchtwege. Die Stadien würden zudem vor den Events regelrecht umgebaut. Wellenbrecher etwa extra weggeflext und später wieder eingebaut. Wie viele Personen auf einem Veranstaltungsgelände Platz fänden, hänge auch wieder von der Zahl der Fluchtwege ab. „Normalerweise rechnet man pro Quadratmeter mit drei Personen“, sagt Gommers. Und dass es eine Versammlungsstättenverordnung gebe, nach der sich Veranstalter zu richten hätten. Die Auflagen von Bauaufsicht, Ordnungsamt müssten erfüllt, Empfehlungen von Feuerwehr und Sanitätsdiensten befolgt werden.

„Grundsätzlich regelt die Versammlungsstättenverordnung NRW alle Fragen zum Thema Versammlungsstätten, dazu gehören Führung und Bemessung der Rettungswege, Flächen für Feuerwehr oder die Bestuhlung“, sagt Nicole Mai, Pressesprecherin der König-Pilsener-Arena. Bei Sonderveranstaltungen, zu denen die Loveparade zähle, gebe es ergänzende Gefährdungsanalysen. In der Arena rechnet man übrigens in der Halle mit einem Platzbedarf von einem Quadratmeter für zwei Personen, im Open-Air-Bereich sind es drei bis vier Personen pro Quadratmeter. Mai: „Die Bewertung der notwendigen Fläche wird auch beeinflusst von der Zielgruppe, der Musikrichtung und wie viel produktionsbedingte Flächen einberechnet werden müssen.“ Die Versammlungsstättenverordnung lege auch fest, wie viele Fluchtwege vorhanden sein müssen: je mehr Besucher, desto mehr Fluchtwege. In der Arena mit ihrer Kapazität von 12 700 Besuchern existierten zwölf ausgewiesene Fluchtwege, plus Treppen plus Haupteingang.

Johannes Partow, Geschäftsleiter der Arena: „Bei Veranstaltungen in der Köpi-Arena sind derartige Zwischenfälle völlig auszuschließen, da unsere Veranstaltungsstätte den höchsten Sicherheitsstandars entspricht, die auch regelmäßig von verschiedenen Behörden wie Polizei oder Feuerwehr geprüft werden.“

Das Oberhausener Centro wollte gar nicht erst in Zusammenhang mit der Katastrophe gebracht werden und gab keine Auskunft zu Sicherheitsvorkehrungen.