Oberhausen. In einem Schulprojekt haben Schüler der Fasia-Jansen-Schule Stratosphären-Sonden gebaut. Eine wird bald ins All geschickt.
Physikunterricht ist ein Wort, das bei vielen Menschen Angst und Schrecken auslöst, wenn sie an ihre Schulzeit zurückdenken. Anders sieht das bei Schülerinnen und Schülern der Fasia-Jansen-Gesamtschule in Oberhausen aus. In ihrem Naturwissenschaften-Kurs haben die 15- und 16-Jährigen eine Stratosphären-Sonde gebaut, die bald ins Weltall geschickt werden soll. Stratosphären-Sonde? Wer mit dem Begriff nichts anzufangen weiß, kann es sich von den Neuntklässlern erklären lassen.
Denn im Rahmen des Unterrichts behandeln sie aktuell das Thema Erdatmosphäre. Daher wissen die fleißigen Schüler, was viele Erwachsene längst vergessen haben. Die Stratosphäre ist die zweite Schicht der Erdatmosphäre. Sie beginnt ab acht Kilometern Höhe an den geografischen Polen, am Äquator erst ab rund 18 Kilometern Höhe und endet in einer Höhe von etwa 50 Kilometern.
Physiklehrer in Oberhausen verbindet trockene Theorie mit spannendem Experiment
„Aber nun genug mit öder Theorie!“, dachte sich auch der Lehrer des Kurses Orbay Kaya und hat sich etwas Besonderes einfallen lassen. In Gruppenarbeit bauten seine Schüler sechs Sonden aus Styropor, von denen eine mithilfe eines Heliumballons in die Stratosphäre fliegen soll. Damit das Ganze auch dokumentiert wird, ist die Sonde mit zwei Kameras, zwei GPS-Trackern und einem Datenlogger ausgestattet: Sie sollen alle wichtigen Daten aus dem All speichern, damit diese später zurück am Boden ausgewertet werden können..
Ohne Theorie geht es dann aber doch nicht. Bevor die Sonden gebaut werden konnten, fertigten die Schüler Skizzen der Sonden an. Mühevoll wurden die Maße der Konstruktionen bis ins kleinste Detail berechnet. Verständlich, dass bei all der Rechnerei irgendwann der Kopf raucht und sich die Schüler auch mal verrechnen. „Mal waren unsere Wände zu lang, mal zu kurz“, berichtet Schülerin Michelle.
Entmutigt hat dies die Jugendlichen aber nicht. Die Schüler waren die ganze Zeit mit viel Freude dabei. Die Arbeit mit dem Styroporschneider machte den Jugendlichen besonders viel Spaß, doch auch da lief nicht immer alles glatt, wie Nils erzählt: „Beim Schneiden ist ein Stück Syropor abgebrochen. Dann mussten wir etwas umplanen und die Sonde anders konzipieren.“ Die Sonden haben eine Größe und Form, die etwa einem Schuhkarton gleicht. Eine Sonde ist aber auch pyramidenförmig konstruiert.
Starterlaubnis für Stratosphärensonde aus Oberhausen erforderlich
Ursprünglich sollte die Sonde am Freitag, 24. Mai, ins All geschickt werden. Diese wäre nach den Berechnungen der Schüler rund 75 Kilometer weit geflogen und in der Nähe der Niederlanden gelandet. Denn die genaue Flugbahn lässt sich vorher genau berechnen, lernten die Schüler. Auch eine notwendige Starterlaubnis des Flughafen Düsseldorf wurde eingeholt. Diese ist erforderlich, damit die Sonde den Flugverkehr nicht behindert. Doch das Wetter machte den Nachwuchsphysikern einen Strich durch die Rechnung. Lehrer Kaya erklärt: „Durch die dichte Wolkendecke könnte unsere Sonde den Flugverkehr behindern, deswegen müssen wir den Start leider verschieben.“ Wann der zweite Anlauf gewagt wird, ist noch nicht klar.
Was aber schon feststeht ist: Welche der sechs Sonden in den Himmel geschickt wird. Um fair zu sein, wurde im Kurs über die Gewinner-Sonde abgestimmt. Berücksichtigt wurde dabei unter anderem das Gewicht des Bauwerks. Denn pro Gramm Gewicht der Sonde braucht es einen Liter Helium, sonst würde die Ballon-Sonde nicht abheben. Die Gewinner-Sonde „ATM“ - das steht für die Entwickler aus dem Kurs Adnan, Taim und Mike - wiegt 159 Gramm.
Der Ballon wird also mit 159 Litern Helium gefüllt und erreicht in der Stratosphäre einen Durchmesser von bis zu 15 Metern. Planmäßig fliegt die Sonde dann zwischen 30 und 35 Kilometern hoch, bevor der Ballon platzt und die Sonde mit allen eilig gemessenen Daten an einem Fallschirm zu Boden segelt. Der gesamte Flug der Sonde dauert ungefähr zwei bis drei Stunden.
Durch den GPS-Tracker können die Schüler genau sehen, wo die Sonde landet, diese einsammeln und die Flugdaten sowie die entstandenen Bilder auswerten und bestaunen. Einzige Voraussetzung dafür: Die Sonde darf nicht gestohlen werden. Das sei schon mal bei einem früheren Experiment passiert, wie Kaya berichtet.
Für Kaya ist es der dritte Kurs, mit dem er dieses Experiment durchführt. Ihm liegt es am Herzen, den Jugendlichen einen interessanten Zugang zur Physik zu bieten. Auch bei dieser Gruppe stößt er auf große Begeisterung: „Alle waren total motiviert und hatten viel Spaß an der Sache. Es war sehr ermutigend für die Schüler. Denn sie haben etwas erschaffen, wovon sie vorher nicht dachten, dass sie das können“, schwärmt der 35-Jährige von seinem Kurs. Das bestätigen auch die Schüler. Mit einem klaren „Ja“, antworten sie auf die Frage, ob sie stolz auf dieses Projekt sind. „Wir haben viele neue Blickwinkel bekommen und eine Menge dazu gelernt“, geben die Schüler zu.
Naturwissenschaftliche Berufe kennenlernen, sich für Technik begeistern
Bei dem Projekt arbeiteten die Jugendlichen mit dem Unternehmen Stratoflights zusammen. Diese stellten das Material zum Bau der Sonden zur Verfügung. Finanziert wurde das Ganze durch die Initiative „Zukunft durch Innovation“ (ZDI). In Zukunft möchte die Fasia-Jansen-Gesamtschule noch enger mit der Initiative zusammen arbeiten. So sollen beispielsweise bei der „Girls Academy“ junge Mädchen die Chance haben, naturwissenschaftliche Berufe kennenzulernen und sich für Technik zu begeistern.
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