Oberhausen. Der Oberhausener Konditor Hubert Cordes hat vor 50 Jahren seinen Meistertitel erworben. In die Freude über das Jubiläum mischen sich auch Sorgen.

Auf die Urkunde blickt Hubert Cordes mit gewissem Stolz und das wohl auch zurecht. Der bekannte Oberhausener Konditor hat den Goldenen Meisterbrief erhalten. Damit hat er es schwarz auf weiß: Seit einem halben Jahrhundert ist der 72-jährige Meister seines Faches.

Doch so sehr er sich über die Auszeichnung freut, begleiten ihn auch Sorgen um das Handwerk, das er von der Pike auf gelernt hat und für das er sich seit Jahren als Landesinnungsmeister engagiert, oberster Konditor im bevölkerungsreichsten Bundesland. Zwei Zahlen für Oberhausen reichen aus, um das Problem zu skizzieren: Als er anfing, gab es in der Stadt 17 Konditoren, heute sind es noch zwei. Immer mehr Betriebe geben auf und das überall im Land.

Hubert Cordes: Der bekannte Oberhausener freut sich über die Urkunde zu seinem Jubiläum.
Hubert Cordes: Der bekannte Oberhausener freut sich über die Urkunde zu seinem Jubiläum. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Doch bevor der Seniorchef des Sterkrader Stadtcafés auf die Entwicklung und ihre Ursachen eingeht, erzählt er über einen Beruf, den er um ein Haar gar nicht ergriffen hätte. Als Heranwachsender wollte er eigentlich Förster werden, mag daran liegen, dass er auf dem Land, im sauerländischen Menden zur Welt kam. Doch seine Eltern wollten von dort weg, sich den Traum eines Cafés verwirklichen und übernahmen das Haus Broß in Sterkrade, das fortan Cordes heißen sollte.

Sterkrader Familienbetrieb: „Café war unser Wohnzimmer“

Da er schon in jungen Jahren seinem Vater nicht nur bei der Arbeit zusah, sondern auch mithalf, Kuchen zu verzieren, Kirschen und Nüsse aufzulegen, war ihm schnell: Dieser Beruf ist erste Sahne.

Familienbetrieb hieß dann auch, dass „das Café unser Wohnzimmer war“, wie Cordes zurückblickt. Während er zwar seine Ausbildung beim Vater absolvierte, sammelte er danach noch in acht Betrieben Erfahrungen, bis er das Café 1982 übernahm.

Von Beginn an setzte Cordes auf Vielfalt und Qualität, bei den Torten ebenso wie bei den Pralinen. Dutzende unterschiedliche Sorten finden sich in der Auslage, wobei Käsesahne und Schwarzwälder Kirsch nach wie vor gefragte Klassiker sind.

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Da der Konditormeister weiß, dass man beliebte Geschmacksrichtungen belassen sollte, kauft er für die Apfeltorte immer dieselbe Sorte ein, den. Morgenduft aus Tirol. Andererseits erlebt er auch, wie sich Geschmäcker ändern können. Maracuja beispielsweise ist heute sehr gefragt und Buttercreme, die Älteren werden sich noch erinnern, kommt heute deutlich weniger fettig und süß daher, stattdessen eher fluffig, wie man so sagt. Aber egal um welche der süßen Leckereien es sich handelt, alle eingekaufte Ware, vom Nougat bis hin zum Obst, muss hohe Standards erfüllen, betont Cordes.

Himbeertorte oder auch Schwarzwälder Kirsch gehören zu den Klassikern des Cafés.
Himbeertorte oder auch Schwarzwälder Kirsch gehören zu den Klassikern des Cafés. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Ein Wandel habe sich vollzogen, wenn Kunden für Feiern und Feste bestellen. „Heutzutage sind Formentorten der große Renner“, sagt Cordes. Solche Leckereien kommen dann eben nicht mehr in runder Form daher, sondern sind einer Gitarre, einem Auto oder - eine Oberhausener Spezialität - dem Gasometer nachempfunden, natürlich jeweils in Kleinformat. Darüber hinaus sind auch mehrstöckige Torten gefragt, sagt Cordes und blättert durch ein Fotoalbum, das unterschiedlichste Variationen aufzeigt und wofür der Kunde auch jeweils 100 Euro und mehr zu zahlen bereit ist. Besonderer Beliebtheit erfreut sich zudem, essbare Fotos auf dem Kuchen zu platzieren. Das jeweilige Bild wird dann mit entsprechenden Geräten auf eine Zuckerschicht gedruckt.

Konditoreien werden weniger: Landesinnungsmeister nennt Gründe

Die vielfältige Arbeit in der Konditorenstube an der Steinbrinkstraße erledigen inzwischen vier Kräfte. Hubert Cordes ist nach wie vor noch dabei, ebenso packen ein Geselle, seine Tochter Angelika Cordes, ebenfalls Konditormeisterin, und zwei Gesellinnen mit an. Die Zeiten, in denen der Beruf als Männerdomäne galt, sind längst Geschichte. Frauen haben das Konditorwesen für sich entdeckt, das sehe man auch in den Berufsschulklassen, wo doch junge Frauen überwiegen würden.

Dass im Laufe der Jahre nun die Zahl der Konditoreien erheblich geschrumpft ist, hat nach Einschätzung des Landesinnungsmeisters vor allem zwei Gründe: Das Angebot von tiefgefrorener Ware hat sich immer stärker etabliert. Die allermeisten Lebensmittelläden halten ein vielfältiges Sortiment vor, beim Einkauf greifen die Kunden zu, müssen nicht noch mal eigens ein weiteres Geschäft aufsuchen. Darüber hinaus sind insbesondere die Bäckerei-Ketten dazu übergegangen, großzügig Kuchen und Torten mit ins Programm aufzunehmen.

Das Café Cordes hat derweil einen festen Kundenstamm, der dem Betrieb die Treue hält. An Markttagen bekommt man kaum ein Bein an die Erde, so proppenvoll ist es. Wobei die Speisekarte des Cafés sich auch schon längst gewandelt hat: Mittags gibt es hier auch warme Mahlzeiten.

>>>Konditoreien: Noch ein Betrieb an der Marktstraße

Der Traditionsbetrieb im Oberhausener Stadtteil Sterkrade beschäftigt insgesamt 22 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Bei der weiteren Konditorei handelt es sich um den Betrieb von Jochem Bauer, der das gleichnamige Café an der Marktstraße betreibt.

Auf Landesebene ist die Zahl der Konditoreien in den vergangenen Jahren von 500 auf 278 zurückgegangen.

Zu kämpfen haben die Betriebe, wie der Landesinnungsmeister erklärt, mit einem zunehmenden Aufwand an Bürokratie. Gesetze schreiben in wachsendem Maß umfangreiche Dokumentationen vor, von Inhaltsstoffen bis hin zu Kühltemperaturen.