Oberhausen. Nach 33 Jahren übernimmt ein neuer Chorleiter das Sterkrader Männer-Quartett. Was er vorhat und wer ihn für diese Position empfahl.
Den Chorleiter zu wechseln, das ist beim Männer-Quartett Sterkrade-Heide, Oberhausens großem Männerchor, von epochaler Bedeutung. In der 96-jährigen Geschichte des Männergesangvereins hat es erst fünf Chorleiter gegeben. Stefan Lex (63) hat mit 33 Jahren am längsten den Dirigentenstab geführt. Am Freitagabend hat er ihn an seinen Nachfolger Michael Hartel (62) übergeben.
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Die Mitgliederversammlung unter Vorsitz von Manfred Rickers hat Lex dabei zu ihrem Ehrendirigenten ernannt. Kurz vor Weihnachten hat der Chor in der Propsteikirche St. Clemens seine beiden vom Publikum mit viel Applaus bedachten Weihnachtskonzerte als Abschiedskonzerte mit dem scheidenden Chorleiter gegeben.
Den Chor wieder von 50 auf 100 Sänger gebracht
Stefan Lex bezieht neuerdings Rente. Und da hat er sich kleiner gesetzt. „In den Hochzeiten hatte ich zehn Chöre“, berichtete er am Freitag. Aber die Fahrerei zu den Proben von Dortmund aus und wieder zurück sei zuletzt sehr nervig gewesen. „Ich habe noch drei Chöre im Umfeld von Dortmund“, sagte er.
Mit dem Sterkrader Quartett-Verein (benannt nach den vier Stimmlagen erster Tenor, zweiter Tenor, erster Bass und zweiter Bass) hat Lex gerne gearbeitet. „Als er zu uns kam, hatten wir noch 50 Leute“, erinnerte sich Manfred Rickers. Er selbst singt seit 1968 im Chor. Unter Lex‘ Dirigat ist es dann gelungen, die Sängerschaft wieder auf rund 100 Männer zu bringen. „Die Marke haben wir über 25 Jahre gehalten“, berichtete Lex. Dann kam Corona und die Proben sind ausgefallen. Aktuell hat der Quartett-Verein 82 Sangesbrüder, die allerdings meist recht alt sind. Das Durchschnittsalter liegt bei 74,5 Jahren. Der jüngste Sänger ist 35 Jahre alt.
Das Alte bewahren und Neues versuchen
Daran grundlegend etwas zu ändern, hat sich Michael Hartel, der Nachfolger, nicht vorgenommen. Auch er hat sich Ende 2023 hauptberuflich in den Ruhestand verabschiedet, allerdings als Kirchenmusiker. Er leitet noch drei große Chöre, bei denen er die Nachfolge des in Fachkreisen bekannten Dirigenten Otto Groll angetreten hat – und eben den Sterkrader Quartett-Verein.
Stefan Lex riet ihm, an das Erreichte anzuknüpfen, Altes zu bewahren und das Neue nicht zu vergessen. Das sieht auch Michael Hartel so. „Es wird nicht funktionieren, jetzt englischsprachige Popmusik zu singen und dann kommen die jungen Männer“, sagte er. Es hat bisher zwei Proben mit dem „Neuen“ gegeben.
Vom scheidenden Chorleiter empfohlen
Der scheidende Dirigent ist stolz, dem Nachfolger einen intakten Klangkörper zu übergeben. „Er muss keine Karre aus dem Dreck ziehen“, sagte Lex. Die beiden Musiker kennen sich seit rund 15 Jahren. Lex hat mit Hartels Chören schon zahlreiche Konzerte bestritten, denn er singt selbst auch als Solo-Tenor. „Michael Hartel ist ein sympathischer, erstklassiger Chorleiter, ein empathischer Pädagoge. Ich habe ihn empfohlen.“
Dennoch trauern manche Sterkrader Sänger ihrem langjährigen Chorleiter nach. „Er war ein harter Chorleiter, der sehr auf Qualität geachtet hat“, sagte Dieter Krah (73), der Schatzmeister des Vereins. Krah ist seit dem Jahr 2000 dabei. „Ich bin einfach mal mitgegangen und geblieben“, berichtete er.
Geprobt wird immer mittwochs
Ab sofort wird mittwochs, 18.30 bis 20 Uhr, im Vereinslokal, der Gaststätte Klumpen-Moritz an der Bahnhofstraße, mit Michael Hartel geprobt. Interessierte sind herzlich willkommen. Das erste gemeinsame Ziel ist das Galakonzert am 6. Oktober in der Luise-Albertz-Halle.
Auf unterschiedlichen Wegen haben die Chorleiter die Musik zum Beruf gemacht
Das ist Stefan Lex: „Ich stamme aus einer alten Hobbysängerfamilie in Hattingen“, sagt Stefan Lex. Er hat dort im Kinderchor gesungen und seit seinem 13. Lebensjahr im Männerchor. Ausgebildet ist er als Groß- und Einzelhandelskaufmann, hat dann als Sozialversicherungsfachangestellter gearbeitet. „Ich habe aber schon mit 17 Jahren den ersten Chor geleitet.“ Nebenbei hat er Gesangs- und Klavierunterricht genommen. Mit 30 Jahren machte er die Musik zu seinem Beruf. „Ich bin ein Stück weit von dieser Spezies Männerchor besessen“, sagt der Familienvater. Für ihn näherten sich die abgestuften Männerstimmen der Idealvorstellung von einem Chor.
Das ist Michael Hartel: Dank seiner Begabung konnte Michael Hartel auch ohne Abitur an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf Kirchenmusik studieren. 46 Jahre lang hat er als Kirchenmusiker gearbeitet, zuletzt an seinem heutigen Wohnort Heiden bei Borken. „Ich bin mit 23 Jahren jüngster Kantor im Bistum Essen gewesen“, erzählt er. Das hat ihn nicht davor bewahrt, sich nach Jahrzehnten in Gelsenkirchen, nach der Bildung der sogenannten Großpfarreien, 2006 eine neue Tätigkeit suchen zu müssen. Er konnte in die Beamtenlaufbahn im Schuldienst wechseln, als Musiklehrer. 2014 kehrte er aber wieder in den Kirchendienst zurück, diesmal im Bistum Münster.