Oberhausen. Keine Spur von Festtagspause 2023. Das Hochwasser hat NRW in den Krisenmodus versetzt. Oberhausen könnte davon beim Deichausbau profitieren.
Das aktuelle Weihnachtshochwasser setzt die Politik unter Druck: Das NRW-Umweltministerium prüft bereits seit dem Sommer 2021 das gesamte Hochwasser-Risikomanagement im Land Nordrhein-Westfalen: Wie aktuell ist es? Wie wirksam ist es überhaupt? Diese Prüfung gewinnt nun neue Dringlichkeit, wodurch auch die Deichsanierung am Ruhrdeich in Oberhausen-Alstaden beschleunigt werden könnte. Denn im Zuge dieser Bestandsaufnahme soll vor allem der Zustand der vielfach maroden Deiche genau gecheckt werden.
An den Flüssen in NRW gibt es Deiche mit einer Gesamtlänge von rund 530 Kilometern. Bei mindestens der Hälfte der Schutzanlagen besteht Sanierungsbedarf. Bereits seit dem Jahr 2014 gibt es einen Fahrplan zur Deicherneuerung mit über 40 konkreten Maßnahmen in NRW, vor allem am Rhein. „Der Oberhausener Deich ist nicht Teil dieser Maßnahmen, sondern er ist Teil der Erhebungen für ein landesweites Deichkataster, die derzeit noch laufen“, erklärt Frank Seidlitz, Sprecher des NRW-Umweltministeriums, auf Anfrage der Redaktion.
Hoher Druck auf NRW-Umweltminister Krischer: Von Festtagspause keine Spur
Das aktuelle Weihnachtshochwasser mit zahlreichen Krisen- und Gefahrenpunkten in ganz NRW führt nun offenbar dazu, dass all diese Pläne mit höherem Tempo vorangetrieben werden. Der Druck der Öffentlichkeit ist derzeit groß. Von einer Weihnachtspause ist in diesen Tagen im Umweltministerium jedenfalls keine Rede. Für Freitag, 29. Dezember, lädt NRW-Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) zum kurzfristig anberaumten digitalen Pressegespräch zum Thema Hochwasser ein.
Wer sich mit dem Thema Deichbau beschäftigt, taucht tief in den behördlichen Zuständigkeits-Strudel ein: Das Land NRW ist über die Bezirksregierung Düsseldorf deshalb für den Deich in Höhe Oberhausen-Alstaden zuständig, weil es sich bei der Ruhr um ein „Gewässer 1. Ordnung“ handelt. Dazu zählen neben der Ruhr auch der Rhein und die Lippe. Auch Emscher, Erft, Niers und Wupper gehören als „Gewässer 2. Ordnung“ zur Landeszuständigkeit. Sobald es um Bundeswasserstraßen geht, redet zudem Berlin noch ein wichtiges Wort mit.
Nur Ausbauten an den sonstigen Gewässern befinden sich ausschließlich in der Zuständigkeit der Kreise und kreisfreien Städte. Die Stadt Oberhausen hat sich also beim Blick auf den Deichzustand und die Deichsanierung an der Ruhr in Alstaden stets mit der federführenden Bezirksregierung Düsseldorf abzustimmen.
Derzeit gewinnt die Diskussion um den jahrzehntelang arg vernachlässigten Hochwasserschutz einen enormen bundesweiten Stellenwert. Professor Holger Schüttrumpf vom Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft der RWTH Aachen forderte jetzt im WDR ein nachhaltiges Umdenken: „Wir müssen in Deutschland den Hochwasserschutz ernst nehmen.“ Der Wissenschaftler zählt die Flutereignisse der letzten zehn Jahre auf: 2013, 2016, 2017 und dann den Sommer 2021, als etwa Alstaden noch stärker gefährdet war als zum jetzigen Zeitpunkt.
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Doch am Ruhrbogen im südlichen Oberhausen ist seitdem bei der Deichsanierung nichts passiert, was auch an den irrwitzig langen Planungs- und Genehmigungsprozessen liegen dürfte. In einem Bericht des Umweltministeriums an den Umweltausschuss des Landtages NRW heißt es dazu verblüffend lapidar: „Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass bei der Aufstellung des ,Fahrplans Deichsanierung‘ die Dauer und Komplexität der Planungsprozesse sowie die Dauer der Genehmigungsverfahren unterschätzt wurden.“
Fotostrecke: So sieht die Ruhr nach Weihnachten aus
Deich am Ruhrbogen in Oberhausen-Alstaden wird fortlaufend beobachtet
Der Deich am Alstadener Ruhrbogen und der Ruhrpark bleiben unterdessen in den kommenden Tagen bis in das neue Jahr 2024 hinein unter strenger fortlaufender Beobachtung. Das hat die Stadt Oberhausen am Donnerstag, 28. Dezember, auf Anfrage der Redaktion erklärt. Die Lage sei derzeit aber stabil, der Pegelstand am für Oberhausen wichtigen Standort Hattingen weiter gesunken - auf 5,40 Meter am Donnerstagmittag. Zum Vergleich: In der Spitze lag er über Weihnachten bei sechs Metern. Die Einsatzkräfte der Stadt sind jedenfalls weiterhin ununterbrochen vor Ort. Denn zum Wochenende hin rechnen die Meteorologen mit neuen Niederschlägen.
Der aktuelle Wasserstand am Hattinger Ruhr-Pegel lässt sich hier exakt und aktuell ablesen: https://www.talsperrenleitzentrale-ruhr.de/daten/internet/onlinedaten/pegel/w/pegel_2769510000100_w.png
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