Oberhausen. Oberhausen plant mit der Verlängerung der Straßenbahn 105 von Essen nach Oberhausen ein Jahrhundert-Projekt. Die ersten Pläne sind eine Blamage.
Das kann man wohl mit Fug und Recht als Klatsche bezeichnen: Oberhausen plant mit der Verlängerung der Straßenbahn-Linie 105 von Essen zum Centro ein Jahrhundert-Projekt für mehr Mobilität im Ruhrgebiet. Doch die ersten Pläne für dieses große Vorhaben hat die Politik der Rathaus-Verwaltung nun zunächst rechts und links um die Ohren gehauen.
Dabei waren sich die größten Fraktionen über das Projekt als solches weitestgehend einig. CDU, SPD und Grüne signalisierten in der jüngsten Sitzung des Oberhausener Planungsausschusses: Wir wollen diese Straßenbahn! Es geht aber, wie so oft, ums liebe Geld. Beziehungsweise um eine korrekte Aufstellung der Kosten, die auf die Stadt Oberhausen zukommen. Diese sei „völlig unzureichend und werde den Zielen in keinster Weise gerecht“, sagte Ulrich Real, Ratsherr und planungspolitischer Sprecher der SPD. Die Vorlage, die die Fachverwaltung des Rathauses beziehungsweise die Stoag als verantwortlicher Verkehrsbetrieb da vorgelegt habe, sei in dieser Hinsicht „eine Katastrophe“.
Straßenbahn 105: Wie teuer ist der Ausbau der Strecke bis zum Centro Oberhausen?
Was dem Sozialdemokraten sauer aufstößt: In den Rathaus-Unterlagen ist von „Gesamtkosten in Höhe von 100 bis 120 Millionen Euro“, die Rede, die nach jetzigem Stand bis zu 95 Prozent gefördert werden könnte. Oberhausen bekäme demnach eine dreieinhalb Kilometer lange Straßenbahn-Trasse für einen vergleichsweise Schnäppchen-Preis von 5 bis 12 Millionen Euro. Doch die Angaben im Rathaus-Papier führen in die Irre.
Denn in den „Gesamtkosten“ nicht enthalten sind die Planungskosten. Die werden heute auf rund 12 Millionen Euro geschätzt. Auch hier könnten zwar Fördergelder fließen, aber mit 2 Prozent, bezogen auf die Gesamtkosten, blieben immer noch rund 9,6 Millionen Euro Eigenanteil für die Stoag beziehungsweise die Stadt Oberhausen. Oberhausen wäre unterm Strich als nicht mit 5 bis 12 Millionen Euro dabei, sondern mit knapp 15 bis 22 Millionen Euro. Kurios: Wegen der unterschiedlichen Förderquoten würde die Stadt also für die Planung der Linien-Verlängerung mehr Geld zahlen müssen als für den eigentlichen Bau der neuen Trasse.
Straßenbahn 105 bis Centro Oberhausen: Kostenrechnung „nicht schlüssig“
Scharf und durchaus emotional ging Ulrich Real im Planungsausschuss die Verwaltung an. Er wolle sich hinterher nicht vorwerfen lassen, als Politik nicht früh genug aufgepasst zu haben. „Diese Kostenrechnung ist überhaupt nicht schlüssig.“ Daher könne die SPD dieser Vorlage auf keinen Fall zustimmen.
Weniger scharf, aber ebenfalls ablehnend, reagierte die CDU auf die Vorlage der Fach-Experten. Ratsherr Werner Nakot stellte aber, wie auch die SPD, klar, dass seine Fraktion das Vorhaben an sich unterstütze. Anders als beim ersten Anlauf: 2015 scheiterte der Plan der 105-Verlängerung an einem Ratsbürgerentscheid. Hauptgegner des Projektes damals: die CDU. „Die Welt hat sich in acht Jahren aber weitergedreht“, erklärte Nakot im Planungsausschuss. Heute sei auch die CDU für die Verlängerung.
Damals wie heute für das wichtige Verkehrsinfrastruktur-Projekt waren und sind die Grünen. Ratsherr Tim Dobnik mahnte im Planungsausschuss aber auch an, den Klimaschutz beim Bau der Trasse nicht außer Acht zu lassen. Er wünsche sich Synergie-Effekte, also etwa neue Radwege auch gleich mit anlegen zu lassen. Und die Stadt solle ein Auge darauf haben, dass beim Bau möglichst klimaschonende Baustoffe zum Einsatz kommen.
Stoag und Rathaus-Verwaltung müssen nun ihre Hausaufgaben machen: Bis zur Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses wünscht sich die Politik eine korrekte und plausible Kostenaufstellung. Der Ausschuss tagt am 4. Dezember.
Die Pläne für die Straßenbahn 105
Die Idee, die Straßenbahnlinie 105 von Essen nach Oberhausen zu verlängern, gibt es seit Ende der 1990er-Jahre. Zuletzt scheiterten konkrete Pläne im Jahr 2015 an einem Ratsbürgerentscheid. Knapp 27 Prozent der Wahlberechtigten hatten sich beteiligt, 57 Prozent waren gegen den Ausbau. Dieser Bürgerentscheid ist rechtlich mittlerweile nicht mehr bindend, Oberhausen kann das Vorhaben also wieder angehen.
Nach jetzigem Stand soll die Linie von der Unterstraße in Essen erst mittig der Fahrbahn, dann neben der Essener Straße fahren, in Höhe der Knappenhalde die Bahnlinie überqueren, dann durch das alte Stahlwerksgelände fahren, über die Osterfelder Straße bis zur Marina und zur neu geplanten Haltestelle Gasometer. Von da ginge es abwechselnd weiter über die bestehende Trasse bis zum Hauptbahnhof und dem Bahnhof Sterkrade.