Oberhausen. Rechnungen kommen nicht an. Dafür droht nach dem Urlaub schon die Konto-Pfändung. Eine Oberhausenerin wendet sich verzweifelt an diese Redaktion.

Lange Zeit blieb die 53-jährige Oberhausenerin (die anonym bleiben möchte) ahnungslos. Aufgeflogen ist der Fall wohl nur, weil sie ihre Post während des Urlaubs hatte einlagern lassen. Als der Briefträger ihr zum vereinbarten Zeitpunkt die gesammelten Schreiben persönlich in die Hand drückte, war sie fassungslos. „Es befanden sich mehrere Mahnungen darin, in einem Fall sogar bereits eine Vollstreckungsankündigung!“ Was war passiert?

Wochen vor dem Urlaub war die Oberhausenerin bei mehreren Ärzten in Behandlung gewesen. Als Privatpatientin werden ihr die Rechnungen dafür stets nach Hause geschickt. „Ich reiche sie dann bei meiner Versicherung ein und da diese in der Regel das Geld immer schnell überweist und die Zahlfristen lang sind, begleiche ich die Rechnungen erst nach dem Zahlungseingang.“ Dass die Abrechnungen durch die Ärzte diesmal scheinbar etwas auf sich hätten warten lassen, sei auch nicht ungewöhnlich. „Das kommt immer mal wieder vor.“

Misstrauisch sei sie erst nach dem Erhalt der gesammelten Post geworden. „Ich rief sofort bei der Privatärztlichen Verrechnungsstelle an, die für die Bearbeitung zuständig ist, und erkundigte mich, wann die ersten Schreiben verschickt worden sind.“ Dabei erfuhr sie: „Eine der Rechnungen hätte schon zwei Wochen nach meinem Arzttermin ankommen müssen, der Postausgang war in ihrem System notiert.“ Doch der Brief war nie bei ihr eingetroffen. Auch die erste und zweite Mahnung nicht. Dafür dank der Posteinlagerung aber jetzt eine Vollstreckungsankündigung.

Die Pfändung stand schon an

Doch tatsächlich war auch diese schon überfällig. „Die Sachbearbeiterin bei der Verrechnungsstelle hat mir sehr geholfen, sie hat mir gesagt, ich soll den Betrag sofort überweisen, dann könnte sie die anstehende Pfändung noch verhindern.“

Wäre die Oberhausenerin statt der zwei, gleich drei Wochen im Urlaub geblieben, hätte sie nach ihrer Rückkehr diese böse Überraschung erlebt: „Mein Konto wäre gesperrt gewesen, ich hätte trotz des Guthabens weder Geld abheben noch eine Überweisung tätigen können.“ Das Schlimmste aber: „Mein Arbeitgeber wäre über die Pfändung informiert worden, wie peinlich!“ Denn dann wäre der Lohn einbehalten worden.

Absender muss die Zustellung belegen

Grundsätzlich muss der Absender den rechtzeitigen Zugang des Schriftstücks beweisen. Wenn Rechnungen also zu spät ankommen, sollten Betroffene den Absender unter Verweis auf die aktuelle Lage auf den verspäteten Zugang hinweisen.

Mahngebühren könnten dann unbegründet sein, wenn sie die Rechnung nicht auf anderem Wege bereits erhalten haben, etwa per E-Mail. Darauf wies die Verbraucherzentrale in Berlin hin, nachdem Briefsendungen auch in der Hauptstadt vermehrt zu spät oder gar nicht angekommen waren.

Bis heute kann sie sich nicht erklären, wer die Post entwendet hat. Streitigkeiten in der Nachbarschaft gebe es nicht. Das Schloss am Briefkasten sehe völlig unbeschädigt aus. Die 53-Jährige hat es vorsichtshalber dennoch ausgewechselt und einen speziellen Eingreif-Schutz in den Postkasten montiert, der das Herausfischen von Sendungen zumindest erheblich erschwert. Nachforschungsaufträge bei der Deutschen Post laufen ebenfalls. „Das Ergebnis steht noch aus.“

Bei Postdiebstahl handelt es sich um eine Straftat

Angelika Wösthoff, Leiterin der Verbraucherberatungsstelle in Oberhausen, weist auf Nachfrage dieser Redaktion darauf hin: Egal, ob die Post eventuell gar nicht zugestellt worden ist oder ob jemand sie aus dem Briefkasten gefischt hat – „es handelt sich in beiden Fällen um Straftaten“.

Angelika Wösthoff ist Leiterin der Verbraucherzentrale NRW in Oberhausen.
Angelika Wösthoff ist Leiterin der Verbraucherzentrale NRW in Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Denn wer Briefe, aber auch Tagebücher oder Notizen, öffnet, die erkennbar nicht für ihn bestimmt sind, macht sich unter anderem wegen Verletzung des Briefgeheimnisses strafbar. Zeigt der Betroffene ihn an, muss er mit einer Geldstrafe oder gar mit einer Freiheitsstrafe rechnen (§ 202 Strafgesetzbuch). Noch deutlicher fällt § 206 des Strafgesetzbuches aus, der sich auf die Verletzung des Postgeheimnisses durch Mitarbeiter der Zustelldienste bezieht. Wer Post verschwinden lässt oder sie öffnet, wird danach mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. Bei Fragen zu diesem Thema sollte man sich deshalb direkt an die Polizei wenden.

Doch wie oft kommt es in Oberhausen überhaupt zum Postdiebstahl? Luisa Lakhal, stellvertretende Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei in Oberhausen, hat darauf keine Antwort. „Weil Postdiebstahl kein Delikt ist, das gesondert in der polizeilichen Kriminalstatistik ausgewertet wird, es fällt daher unter die Straftaten Diebstahl bzw. Diebstahl in einem schweren Fall.“ Lakhal rät: Sollte ein Betroffener feststellen, dass Post fehlt oder dass der Briefkasten aufgebrochen worden ist, „sollte er eine Anzeige bei der Polizei erstatten“. Wird der Dieb dann erwischt, können über einen Rechtsanwalt auch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.