Oberhausen. Seit drei Jahrzehnten kümmert sich die Aidshilfe Oberhausen um die beiden Spritzenautomaten in der Stadt. Doch der Verein kommt ans Limit.
- An Spritzenautomaten können Drogensüchtige günstig und anonym Utensilien bekommen
- Durch das Angebot sollen sich Krankheitserreger weniger schnell ausbreiten
- Die Aidshilfe Oberhausen kümmert sich seit 34 Jahren um die Automaten – jetzt muss der Verein das Ehrenamt aufgeben
In Deutschland gibt es rund 160 Spritzenautomaten, die meisten davon stehen in NRW. Sie sollen dabei helfen, dass sich Infektionen wie HIV unter Drogensüchtigen nicht so schnell ausbreiten. In Oberhausen fehlt allerdings Geld und Personal, um die Automaten weiter zu betreuen. Nach 34 Jahren stellt die Aidshilfe Oberhausen deshalb den Betrieb ein.
Die beiden Oberhausener Automaten befinden sich am Berliner Park in der Nähe des Hauptbahnhofs und in Sterkrade am Bunker an der Eichelkampstraße. Drogensüchtige können sich hier zu jeder Uhrzeit saubere Spritzen ziehen – zu einem vergleichsweise niedrigen Preis von 50 Cent. Außerdem halten die Automaten Kondome vor. Der einfache, anonyme Zugang soll den Drogenkonsum sicherer machen. Das nennt sich „Safer Use“. Oberhausen gehört zu den Vorreitern. Seit den 1980er Jahren werden diese Automaten hier ehrenamtlich und ohne finanzielle Zuschüsse gepflegt.
Verein am Limit – Automaten immer wieder beschädigt
Doch der lokale Verein hat seine Grenzen erreicht. „Fehlende zeitliche, finanzielle und personelle Ressourcen führen dazu, dass wir die Spritzentauschautomaten in Oberhausen nicht weiter betreuen können“, sagt David Becker, der das Projekt in den vergangenen drei Jahren geleitet hat. Die Entscheidung sei dem Team schwer gefallen. Als Gründe nennt der Verein die steigenden Kosten durch die Inflation, den Fachkräftemangel – und Vandalismus. In den vergangenen Jahren und Monaten seien die Automaten immer wieder beschädigt worden. In Folge kam es zu längeren Reparaturen. Becker berichtet am Telefon, dass insbesondere bei Großereignissen die Automaten beschädigt wurden. Als Beispiel nennt er Tanzveranstaltungen und Silvester. Am Neujahrsfest sei ein Böller in einen der Automaten geworfen worden.
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Andere Institution könnte den Betrieb übernehmen
Das Ende der Automaten treffe Personen, für die niedrigschwellige Zugänge besonders wichtig seien, so der Verein in einer Mitteilung. „Nichtsdestotrotz spüren wir als kleiner gemeinnütziger Verein erheblich die anhaltenden Krisen der letzten Jahre. Der Fachkräftemangel, die hohe Inflation, der Ukraine-Krieg und die Nachwirkungen der Corona-Pandemie führen zu einer finanziell angespannten Lage und einem erhöhten Bedarf bei unseren Zielgruppen. Dafür braucht es Personal und Zeit. Ein Projekt, das seit mehr als drei Jahrzehnten ehrenamtlich und gänzlich aus Eigenmitteln finanziert wird, kann diesen Herausforderungen leider nicht mehr standhalten, so bitter das ist.“
Noch bis zum 30. November würden die Mitarbeitenden die Automaten bestücken. Dann ist erstmal Schluss. Jährlich würden rund 800 Spritzenartikel und 150 Kondome entnommen. Die Aidshilfe hat noch einen Hoffnungsschimmer: Eine andere Institution könnte in Zusammenarbeit mit dem Dachverband Aidshilfe NRW den Betrieb der Automaten übernehmen.
Für Drogensüchtige bedeutet die Einstellung, dass sie nun weitere Wege in Kauf nehmen müssen, wenn sie anonym saubere Spritzen kaufen wollen. Automaten gibt es in Mülheim, Duisburg und Essen. Rund 100 der deutschlandweit 160 Automaten stehen in NRW. Laut Aidshilfe verfügt Deutschland weltweit über das dichteste Netz an Spritzenautomaten. In Oberhausen wird es ab Dezember aber keine mehr geben.