Schulleiterin Dr. Erika Risse verlässt das Elsa-Brändström-Gymnasium und kämpft weiter für neue pädagogische Wege.
„Gehe nicht, wohin der Weg führen mag, sondern dorthin, wo kein Weg ist – und hinterlasse eine Spur” (Jean Paul). Ein von einer Persönlichkeit selbst gewähltes Lebensmotto sagt mehr als die Antworten auf hundert an sie gestellte Fragen. „Dass eine Schule nicht der Nabel der Welt ist”, hat Dr. Erika Risse, Schulleiterin des Elsa-Brändström-Gymnasiums, schon zu Beginn ihrer Karriere gelernt. „Um eine andere Denke zu kriegen”, erzählt sie, habe sie sich als junge Studienrätin und obwohl ihr die Lehrertätigkeit viel Spaß machte, in den 70er Jahren dazu entschlossen, im Kultusmisterium mitzuarbeiten und über den pädagogischen Tellerrand zu schauen. „Es war wahnsinnig interessant, den Modellversuch Gesamtschule als Assistentin zu begleiten”, erinnert sich die Schulleiterin, die Ende des Monats das „Elsa” verlässt.
Sie verabschiedet sich nicht in den Ruhestand, sondern beschreitet wieder einen neuen Weg.
Wie damals werden es nicht „die Exoten” sein, die sie interessieren, sondern „Dinge, die man auf die normale Schule übertragen kann, die leistbar sind in einer öffentlichen Schule”. Gemeint sind Reformen, die ermöglichen, dass endlich jeder Schüler sein Potenzial voll ausschöpfen kann: Lernen macht Spaß, Schule auch.
Das jedenfalls hat Erika Risse während der über 20-jährigen Schulleitungszeit am „Elsa” bewiesen: Offene Unterrichtsformen, Freiarbeit, Ganztagsschule – neue Wege führen zu besseren Ergebnissen – auch an einem Gymnasium und trotz Lernstandserhebungen, Zentralabitur, verkürzter Gymnasiumszeit.
Doch bevor sie beginnen konnte, zusammen mit dem Kollegium die Ärmel aufzukrempeln und Neues zu wagen, lagen – die älteren Leser erinnern sich – zwei Jahre des Kampfes um die Leiterrolle. „Die Stadt wollte, die Schule wollte, ich wollte” und doch blieb er nicht aus, der Weg durch alle Instanzen, bis die Sache schließlich „ganz oben”, im Kabinett entschieden wurde: Die damals 37-Jährige bekam den Posten, und nicht der 58-jährige Konkurrent, der bereits Stellvertreter am „Heine” war.
Von nun an ging's, was die Beliebtheit und die damit verbundene Schülerzahl des „Elsa” anging, bergauf, dank der Einigkeit des Kollegiums, mit Erika Risse etwas Neues zu wagen. „Einstimmig”, erinnert sich die Schulleiterin, war die Zustimmung zur Montessori-Methode und damit verbundenen Fortbildungen. Das war die Voraussetzung, denn ohne die Einheit hätte die Reformerin aufgegeben. „Es geht nur gemeinsam. Bei uns gibt es kein Gremium, in dem nicht Schüler, Eltern und Lehrer sind.”
Die Leitung der Schule mit Verwaltungs- und pädagogischem Management hat Erika Risse nicht davon abgehalten, weiterhin über den Tellerrand zu schauen und auch außerhalb der Schulmauern mitzumischen. Sie promovierte „nebenbei” im Fach Erziehungswissenschaten, beteiligte sich an der Entwicklung von Schulmodellversuchen und neuen Konzepten, reiste in andere Bundesländer und ins Ausland, immer auf der Suche nach dem, was Schule guttut. Und weil dazu auch Lehrer gehören, die Schülern guttun, ist das geplante neue Engagement ein logischer Schritt: „Ich möchte eine Lehrerakademie ins Leben rufen, werde meine vielfältigen Kontakte dazu nutzen, Lehrerbildung zu installieren. Das werde ich in Zuammenarbeit mit Privatschulen tun, weil sich dort einiges besser umsetzen lässt.”
Erika Risse will die neue Lehrerpersönlichkeit, die nicht über die falschen Schüler klagt. Sie will den Coach, den Lern-Begleiter, der seinen Job mag und zusammen mit den jungen Menschen erlebt, dass es möglich ist: Lernen macht Spaß – Schule auch.
Mut zur Karriere
Schon im Grundschulalter steht für Erika Risse fest: Ich werde Lehrerin. Nach vier Jahren Volksschule besucht sie auf Anraten ihres Klassenlehrers „wenigstens die Realschule” in Lippstadt. An einem Jungengymnasium in Paderborn macht sie 1966 Abitur. Dann studiert sie die Fächer Deutsch und Englisch in Münster, Tübingen und Bangor in Nordwales.
Die Referendarzeit führt sie zurück nach NRW – „Ich wäre gern in Süddeutschland geblieben” – an ein Gymnasium in Hückelhoven bei Aachen, ihre erste Stelle bekommt die erst 23-jährige Studienrätin in Kaarst, wo sie Schülervertretungslehrerin ist und „Schüler fit macht, damit sie auftrumpfen können”. Nach ihrer Mitarbeit an Schul-Reformmodellen als Assistentin im Kultusministerium unterrichtet sie von 1983 bis 1986 an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Mülheim, ist als didaktische Leiterin zuständig für den Ganztag. Dann bekommt sie die Schulleiterstelle am Elsa- Brändström-Gymnasium, für das sie – gemeinsam mit dem Kollegium und der Schülerschaft – ein fortschrittliches und für Gymnasien außergewöhnliches Profil entwickelt und umsetzt.