Ein zehnjähriger Junge machte schlechte Erfahrungen bei einer Schwerpunktkontrolle des Oberhausener Verkehrsunternehmens Stoag. In einem anderen Fall ärgert sich eine Frau, weil sie nicht zwischen zwei Haltestellen aussteigen durfte - obwohl es zu Hause brannte.

Auf das Busfahren würde der zehnjährige Kai-Erik in nächster Zeit lieber verzichten. Seit einem halben Jahr nutzt er die Linie SB92 für den Weg von der Schule nach Hause. Dort geriet er im Dezember in eine Schwerpunktkontrolle der Stoag, Stadtwerke Oberhausen AG.

Es ist eine Routinesache: Der Bus fährt auf Höhe Tannenbergstraße in eine Bucht, die Kontrolleure prüfen die Fahrkarten. Wer keine vorweisen kann, muss den Bus verlassen. Der Bus fährt jedoch zügig ab und wer draußen ist, kann erst mit dem nächsten weiter. Kai-Erik hatte sein Portemonaie samt Schoko-Ticket zuhause vergessen und musste ebenfalls aussteigen. Kontrolleure, Fahrdienstmanager der Stoag sowie Polizei vor Ort nahmen seine Personalien auf. Danach jedoch überließ man den Zehnjährigen angeblich sich selbst, der – auf wenig bekannter Strecke – in einen fremden Bus stieg, um an der nächsten Haltestelle die richtige Linie zu erwischen. Tapfer nach außen, aber innerlich eingeschüchtert, so die Mutter: „Er kam später als sonst an, weinte und war völlig aufgelöst.”

Die Eltern Silke und Mario Jordan sehen eine Aufsichtspflicht der Stoag verletzt: „Man hat ihn nach der Kontrolle allein gelassen. Weder wurden ihm alternative Busverbindungen mitgeteilt, noch die Möglichkeit gegeben, sich bei uns zu melden, um ihn abzuholen.” Auch, dass ihr Sohn von dem Aufgebot aus Kontrolleuren und Polizei eingeschüchtert wirkte und „nie mehr Bus fahren” wollte, finden sie „inakzeptabel. An den Schulen vermittelt die Stoag stets, dass es nicht so schlimm sei, wenn man den Fahrausweis vergessen habe”. Im realen Ernstfall, so die Eltern, gehe man jedoch strenger vor.

In der Busschule der Stoag erklären Polizeikommissar Willi Taubner (re) und die STOAG-Mitarbeiterin Andrea Wagner (Mitte) den Schülern das korrekte Verhalten bei einer Fahrkartenkontrolle. Foto: Lars Fröhlich
In der Busschule der Stoag erklären Polizeikommissar Willi Taubner (re) und die STOAG-Mitarbeiterin Andrea Wagner (Mitte) den Schülern das korrekte Verhalten bei einer Fahrkartenkontrolle. Foto: Lars Fröhlich © WAZ FotoPool

Deshalb legten die Jordans bei dem Verkehrsunternehmen Beschwerde ein. Das Antwortschreiben empfindet die Mutter als sarkastisch: „Wir bedanken uns für Ihr Schreiben, das wir mit großem Interesse gelesen haben.” Darin weist die Stoag den Vorwurf zurück, den Sohn allein gelassen zu haben, „denn es befanden sich o.g. Mitarbeiter ebenfalls an dieser Haltestelle”, heißt es dort. In „sachlicher und kundenfreundlicher Umgangsform” sei ihm „die Sitation erläutert” worden. Dass Kai-Erik ein Schoko-Ticket zuhause hatte, habe der Prüfer nicht wissen können.

Es sei schwer, zu überprüfen, ob ein Kind wirklich ein Schoko-Ticket habe, denn das sei nicht verpflichtend: Stoag-Sprecherin Stefanie Rompel sieht – nach Rücksprache mit der Prüffirma Klüh, die mit der Kontrolle beauftragt war – kein Fehlverhalten: „Es waren mit der Polizei elf Mann vor Ort. Wenn der Junge den Anschein erweckt hätte, dass er nicht wüsste, wie er weiter kommt, hätte man ihm geholfen.” Eine Aufsichtspflicht für minderjährige Schüler haben öffentliche Nahverkehrsunternehmen jedoch nicht, sie obliegt den Eltern. Wie der ÖPNV mit minderjährigen Fahrgästen umgeht, ist eine Frage der jeweiligen Unternehmensphilosphie. „Bei Kindern besteht eine besondere Fürsorgepflicht”, gibt Thomas Nordiek, Pressesprecher der Duisburger Verkehrsgesellschaft, zu bedenken. Auch die DVG führe sogenannte Intensivkontrollen gemeinsam mit der Polizei durch. Bei denen Fahrgäste ohne Ticket ihre Reise unterbrechen müssen. „Wir fragen Kinder jedoch immer, ob sie wissen, wie sie nach Hause kommen”, so Nordiek, „wenn nicht, begleiten wir oder die Polizei sie bis zu der Stelle, wo sie sich wieder auskennen. Notfalls auch nach Hause.”

Brenzlige Situation

Dass man nach 20 Uhr auch zwischen den Bushaltestellen aussteigen kann, weiß Dagmar Hesselmann. Die Stoag bietet den flexiblen Ausstieg bei weiter auseinanderliegenden Haltepunkten und zu später Stunde als Service an.

Nun war es zwar erst 17.15 Uhr, als sie den Fahrer der Linie 976 bat, zwischen Köstersfeld und Flachsstraße anzuhalten, „aber ein wirklicher Notfall”, sagt die Oberhausenerin: „weil meine Wohnung brannte”. Ihre siebzehnjährige Tochter, die sich in der Wohnung befand, hatte sie informiert. „Es brennt!”, rief die junge Frau ihre Mutter an, die mit Enkel und Kinderbuggy noch im Bus saß. „Mach, dass du raus kommst!”, antwortete diese aufgeregt, lief zum Fahrer und bat, auf Höhe Tüsselstraße aussteigen zu können, wo die Wohnung liegt.

„Nein, erst ab 20 Uhr”, entgegnete der. „Aber bei mir brennt's und meine Tochter ist in der Wohnung!” Den Fahrer ließ dies wohl kalt und er stoppte erst an der Haltestelle. Mit Sack und Pack hetzte Hesselmann durch den Schnee zurück. Einen halben Kilometer trennen die Haltepunkte, die Tüsselstraße liegt etwa in der Mitte. „Normalerweise ist das nicht viel, aber mit meinem Enkel und Buggy habe ich fünf Minuten länger gebraucht”, ärgert sich Dagmar Hesselmann über die stoische Reaktion des Fahrers. Der habe sich völlig richtig verhalten, stellt sich Stoag-Sprecherin Stephanie Rompel vor den Fahrer: „Zwischen den Haltepunkten liegt nur eine Minute Fahrzeit.” Zudem müsse er entscheiden, ob die Sicherheit beim Halten und Aussteigen gewährleistet sei, „auch nach 20 Uhr”. Die Tochter kam mit heiler Haut davon, sie konnte den Brand löschen. devo