Oberhausen. Für die künftige NRW-Krankenhauslandschaft haben Kliniken und Krankenkassen verhandelt. Nun müssen Bürger um Behandlungen in Oberhausen bangen.
Die geplante Krankenhausreform wird für Kliniken, Patientinnen und Patienten Einschnitte bringen. Nicht nur die Finanzierung soll neu organisiert werden, auch werden einige Krankenhäuser nicht mehr ihr bisheriges Leistungsspektrum anbieten. In Nordrhein-Westfalen haben bereits Verhandlungen zwischen Kliniken und Krankenkassen stattgefunden. Anlass war die Umsetzung des Krankenhausplans. Das vorläufige Ergebnis: Auch in Oberhausen könnten einzelne Leistungen zukünftig wegfallen.
Betroffen sind beim Ameos Klinikum St. Clemens in Oberhausen-Sterkrade gleich 19 sogenannte Leistungsgruppen. Bei sieben davon sind sich Klinik und Krankenkassen einig, dass in diesen Bereichen zukünftig keine Behandlungen mehr stattfinden sollen. Darunter fallen mit 100 beabsichtigten Fällen pro Jahr die Palliativmedizin und der Bereich HNO (ebenfalls 100 Fälle). Wegfallen könnten außerdem die Behandlungsbereiche Ösophaguseingriffe (26), Ovarial-CA (20), Bauchaortenaneurysma (10 Fälle), Bariatrische Chirurgie (10) und Lebereingriffe (10).
Oberhausen zählt mit Essen und Mülheim zum Versorgungsgebiet 2
Der aktuelle Verhandlungsstand ist vom NRW-Gesundheitsministerium öffentlich zugänglich gemacht worden. Oberhausen zählt mit Essen und Mülheim zum Versorgungsgebiet 2. Aus der Übersicht lässt sich allerdings nicht ablesen, aus welchen Gründen die Krankenkassen bestimmte Behandlungen in einem Krankenhaus ablehnen. Möglich wäre, dass etwa die Fallzahlen so niedrig sind, dass den Ärztinnen und Ärzten die Routine für diese Eingriffe fehlen könnte. Anlass für die Ablehnung der Krankenkassen kann aber auch sein, dass Qualitätskriterien nicht erfüllt werden.
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Der Krankenhausplan der Zukunft
Die neuen Rahmenvorgaben des Krankenhausplans sind am 27. April 2022 veröffentlicht worden. Seit November 2022 laufen die Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Kostenträgern, also überwiegend den Krankenkassen. Wie das NRW-Gesundheitsministerium (MAGS) erklärt, liegen die Verhandlungsergebnisse nun bei den Bezirksregierungen zur Prüfung. Auch weitere Beteiligte, z.B. die Kommunen, werden in den Prozess mit einbezogen. Abschließend entscheidet das MAGS über die einzelnen Versorgungsaufträge der Krankenhäuser. Diese sollen bis 2024 neu erteilt werden.
Die Verteilung der Versorgungsaufträge erfolgte bisher anhand der Bettenangaben. Zukünftig plant das Land NRW stattdessen mithilfe von konkreten Fallzahlen, welches Krankenhaus welche Leistung erbringen soll. Es werden Leistungsbereiche und Leistungsgruppen ausgewiesen, die die medizinischen Fachgebiete und Unterdisziplinen abbilden. Jede Leistungsgruppe ist an Qualitätskriterien geknüpft.
Der Krankenhausplan 2022 soll die Behandlungsqualität und flächendeckende medizinische Versorgung sicherstellen und die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern stärken. Bei der Verteilung der Versorgungsaufträge wird darauf geachtet, dass eine angemessene Erreichbarkeit der Leistungsangebote für die Bevölkerung sichergestellt ist, beteuert das Ministerium.
Bei zwölf weiteren Leistungsgruppen des Oberhausener St. Clemens Klinikums gibt es nach jetzigem Verhandlungsstand keinen Konsens über das Weiterbestehen: Komplexe periphere arterielle Gefäße (322 Fälle), Wirbelsäuleneingriffe (180), Carotis operativ/interventionell (143), Endoprothetik Knie (150), Endoprothetik Hüfte (130), Kardiale Devices (90), Rektumeingriffe (26), Perinataler Schwerpunkt (25), Perinatalzentrum Level 2 (25), Revision Hüftendoptothese (15), Revision Knieendoprothese (15) und auch den Bereich „Plastische und Rekonstruktive Chirurgie“ könnte es am Oberhausener St. Clemens Klinikum zukünftig nicht mehr geben.
Oberhausener Krankenhäuser wollen noch keine Einschätzung abgeben
Auf Nachfrage, was das für die Klinik, die Patientinnen und Patienten bedeutet, will sich Ameos nicht äußern. Man wolle vermeiden, „Spekulationen zu schüren und damit Unsicherheiten zu entwickeln“, da die Krankenhausplanung und die Thematik Leistungsgruppen sich noch im Arbeitsstadium befinden würden, heißt es aus der Pressestelle. Daher bleibt auch offen, warum im St. Clemens Klinikum fast 20 Leistungsgruppen zur Disposition stehen. Zum Vergleich: Bei der Helios St. Elisabeth Klinik sind es fünf, beim Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO) vier.
Die St. Elisabeth Klinik südlich der Oberhausener Innenstadt möchte folgende Leistungen weiterhin anbieten: HNO (200 Fälle), Endoprothetik Knie (160), Endoprothetik Hüfte (140), Revision Hüftendoprothese (20) und Revision Knieendoprothese (15). Die Krankenkassen sind dagegen. Eine Bewertung des Sachstands möchte auch Helios noch nicht abgeben. Dafür sei es zu früh. „In einem komplexen mehrmonatigen Prozess prüfen aktuell die Bezirksregierungen die Daten und Expertise“, erklärt Klinikgeschäftsführerin Anna Berrischen.
Palliativmedizin beim EKO und dem Klinikum St. Clemens steht auf der Kippe
Auch Dr. Peter Quaschner, Geschäftsführer des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen (EKO) betont die Vorläufigkeit des Votums. Die Gesundheitskonferenz der Stadt Oberhausen werde hierzu ebenfalls noch gehört. „Da wir noch keine Endergebnisse vorliegen haben, können wir noch nicht abschätzen, ob es überhaupt Veränderungen für uns geben wird. Wir werden aber weiterhin alle Patientinnen und Patienten behandeln können, die ins EKO kommen.“
Evangelischen Krankenhauses Oberhausen (EKO)
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Beim EKO herrscht nach den Verhandlungen mit den Krankenkassen in drei Leistungsbereichen Dissens: Ovarial-CA (30 Fälle), Neuro-Frühreha (20) und Tiefe Rektumeingriffe (10). Dass es im EKO keine Palliativmedizin (30 Fälle) mehr geben soll, darin sind sich Krankenhaus und Kassen allerdings einig. Zusammen mit der Palliativmedizin von St. Clemens könnten in Oberhausen also gleich zwei Angebote (130 Fälle pro Jahr) wegfallen.
Die Entscheidung liegt letztlich beim Land NRW
Doch auch hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das Ergebnis der Verhandlungen wird nun von der Bezirksregierung geprüft. Dabei könnte sie zum Beispiel feststellen, dass – obwohl Krankenkassen und Klinik sich einig waren – ein Krankenhaus bestimmte Leistungen doch weiterhin anbieten muss, um kein Loch in die Versorgung zu reißen. Danach gehen die Ergebnisse ans Ministerium, das die Ergebnisse erneut begutachtet und voraussichtlich Ende 2024 einen Beschluss fasst.
Auch wenn die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, zieht die Krankenhausgesellschaft NRW bereits jetzt eine positive Bilanz: „Was die Zwischenergebnisse schon jetzt zeigen: Die NRW-Krankenhausplanung ist ein wirksames Instrument, die Versorgung für die Patientinnen und Patienten in ihrer Region effizient, qualitativ hochwertig und zugleich sicher und wohnortnah zu strukturieren. Dieser Prozess erfordert Geduld, die ist es aber unbedingt wert.“