Oberhausen. Gähnende Leere auf dem Marktplatz in Oberhausen-Osterfeld. Die letzten Händler kämpfen ums Überleben. Kundinnen und Kunden sind frustriert.
Im Schatten ist die zunehmende Hitze gut auszuhalten. Nur wenige Passanten bummeln um zehn Uhr früh über die Osterfelder Einkaufsstraße. Es ist Markt. Viel zu sehen ist davon aber nicht. Drei bis vier Bekleidungsstände, ein Obststand, ein Obst- und Gemüsehändler, ein Verkaufswagen mit schlesischen Wurstspezialitäten. Das war’s. Was ist aus dem Markt in Osterfeld bloß geworden?
Die Osterfelderinnen Petra Meyer (65), Marga Spychaj (68) und Helga Sachs (81) sitzen am Bistro Jederman mit Blick auf einen gähnend leeren Marktplatz. Nur wenige Händler sind diesem Standort treu geblieben. „Das kann man doch nicht mehr Markt nennen“, ärgert sich Petra Meyer. „Früher gab es dort auch mal einen Bäcker“, erzählt Marga Spychaj. Auch Helga Sachs ist mit der aktuellen Situation unzufrieden: „Das Angebot wird von Jahr zu Jahr schlechter.“ Obst und Gemüse aber würden sie nach wie vor gerne auf dem Markt kaufen. „Am Freitag gibt es dort auch noch Wurst und Fischwaren.“
Ismail Çetin (48), Chef des Obst- und Gemüsestandes, beobachtet ebenfalls mit Sorge: „Es kommen immer weniger Kunden.“ Noch aber laufe das Geschäft, lebe er vor allem von seinen vielen Stammkunden. Seit fast zehn Jahren steht Çetin an jedem Dienstag und Freitag auf dem Marktplatz in Osterfeld. Am Mittwoch und Samstag ist er dann auf dem Markt in Duisburg-Hochheide zu finden. In Duisburg habe er noch deutlich mehr Kunden, erzählt der 48-Jährige. Wäre dieser Wechsel nicht, hätte er die Pandemie-Jahre nicht überstanden. „Was wir hier verkaufen können, reicht nicht.“ Auch auf das Einkommen der Ehefrau, die als Erzieherin tätig ist, sei die Familie vor allem in der Corona-Zeit dringend angewiesen gewesen.
Es gibt immer weniger Marktverkäuferinnen und -verkäufer
„Zu Beginn war der Markt in Osterfeld immer voll“, erinnert sich der Markthändler noch gerne an seine Anfänge in Oberhausen zurück. Doch heute setzten insbesondere Discounter wie Aldi und Lidl mit ihrer Preispolitik die kleinen Händler zunehmend unter Druck. Überhaupt würden viele Kunden mittlerweile lieber im Supermarkt einkaufen, stellt Çetin fest. „Wir sind ja nur von 8 bis 13 Uhr hier auf dem Markt zu finden, für Berufstätige ist dieses Zeitfenster oft gar nicht zu schaffen.“ Und auch dieser Trend macht den Händler nachdenklich: „Viele jüngere Leute decken sich lieber mit Fertiggerichten ein oder bestellen sich etwas zu essen.“ An frischen Waren seien inzwischen vor allem ältere Oberhausenerinnen und Oberhausener interessiert und „Kunden mit Migrationshintergrund“.
Auch beim Verkauf selbst gebe es Schwierigkeiten: „Ohne die Hilfe meiner Familie wäre ich aufgeschmissen“, erzählt Çetin. „Die meisten Hilfskräfte haben schnell das Handtuch geschmissen, der Verkauf bei Wind und Wetter war ihnen einfach zu anstrengend.“
Eine Bekleidungshändlerin, die anonym bleiben möchte, bestätigt: „Das Geschäft läuft immer schlechter.“ Mitarbeiter habe sie keine. „Die kann ich mir nicht leisten.“ Steuern und Marktgebühr würden kaum etwas vom Gewinn übrig lassen. Der Konkurrenzdruck unter den Händlern sei hoch. „Jeder versucht, den anderen zu unterbieten.“ Kundinnen und Kunden dürfte dieser Druck allerdings freuen. „Denn wer zu uns kommt, muss meist jeden Cent umdrehen“, weiß auch die 55-Jährige, die sich trotzdem bemüht, ausgefallenere Ware anzubieten.
Schnäppchenjäger halten dem Markt in Osterfeld die Treue
„Zum Glück“, meint eine Bottroperin, die gerade die Kleiderständer nach einem Schnäppchen durchforstet. „Ich komme trotz der wenigen Stände gerne nach Osterfeld“, sagt die 66-Jährige. „Eben genau wegen dieses Standes.“ Jedes Jahr decke sie sich dort für den Urlaub ein. „Die haben wirklich tolle Sachen.“
Fest steht: Die vier Händlerinnen und Händler, die den Osterfelder Wochenmarkt dauerhaft verlassen haben, hinterließen große Lücken. Als zuständiger Beamter im Rathaus hatte Horst Ohletz noch im Mai 2023 in der Bezirksvertretung Osterfeld versichert, dass die Stadt sich um Ersatz bemüht. Die CDU hatte damals um eine Stellungnahme gebeten, weil der halbe Marktplatz immer wieder für einen einzigen Stand als Parkplatz gesperrt worden war.
Ohletz hatte bei dieser Gelegenheit darüber aufgeklärt, dass es für die Stände keine Präsenzpflicht gebe. Allerdings sollte der Markt kompakter gestaltet und die Stände an der Gildenstraße konzentriert werden. Dort reihen sich heute zwar die Bekleidungsstände aneinander. Die Obst- und Gemüsehändler aber sind nach wie vor auf dem fast leeren Marktplatz zu finden. Weitere Händler hat die Stadt offenkundig bislang nicht gewinnen können.
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