Oberhausen. Oberhausen folgt dem Trend internationaler Großstädte, Straßen für Spaziergänger von Autos freizuräumen - und stoppt Autos an zentraler Stelle.
Schon vor vier Jahren ist der Verkehrsversuch beschlossen worden: Seit Ende vergangener Woche ist die Christoph-Schlingensief-Straße vor der Marktstraße nun tatsächlich zur Sackgasse geworden und die Gutenbergstraße vor dem Jobcenter autofrei - vorerst für sechs Monate. Thomas Palotz, Chef-Stadtplaner im Rathaus, und seine Mitarbeiter haben am Samstag, an dem dritten Tag der Sperrung, demonstriert, wie es dort dauerhaft zugehen könnte.
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„Wir nehmen den Verkehr raus und ziehen nach sechs Monaten Bilanz“, erklärte er und nahm mit Bezirksbürgermeister Dominik Stenkamp (CDU) bei Sonnenschein in Liegestühlen auf dem Grünstreifen vor dem Jobcenter Platz. Eine Sitzgruppe ist dort eingerichtet und um die Idylle zu betonen, gesellt sich dazu eine mit Pflanzen überwucherte Sitzbank.
Ein Teil der Verkehrswende zugunsten von Fußgängern und Radlern
„Wo kämen wir hin, wenn wir nicht versuchen würden, die Innenstadt liebenswerter zu machen?“, fragte Stenkamp rhetorisch. Vier Jahre nach der politischen Entscheidung für diesen Verkehrsversuch sei es auch Zeit gewesen, ihn in der Realität auszuprobieren. "Es muss einfach viel mehr für die Verkehrswende als bisher getan werden, viel mehr für Fußgänger und Radler in der Innenstadt", ist der CDU-Politiker überzeugt.
Allerdings ist kaum eine Entscheidung in der Bezirksvertretung Alt-Oberhausen in den vergangenen Jahren so umstritten gewesen wie diese Sperrung. Im Erdgeschoss des Jobcenters ist ein Café vorgesehen, das draußen Tische, Stühle und Bänke platzieren sollte. Dafür fehlt der Raum, wenn Autofahrer wie seit vielen Jahren durch die Gutenbergstraße brausen dürfen. Palotz‘ Vorgängerin Sabine Lauxen wollte dem Café mit der Sperrung am Altmarkt eine gute Ausgangslage verschaffen. Als das öffentliche Leben wegen Corona zum Erliegen kam, wurde daraus aber erst einmal nichts. Palotz betonte, die Stadt halte an dem Ziel eines Cafés auch zur Belebung des Altmarkts fest. Ohne die autofreie Fläche davor sei das aber aussichtslos.
Rücksicht auf das Gdanska
Vor allem von SPD-Seite wurde befürchtet, die Sperrung des kurzen Teilstücks der Gutenbergstraße könnte der Kultkneipe Gdanska schaden. Einzig diese Gaststätte belebt heute den bekannten Platz an der Friedenssäule. Zwischen ihr und ihren Biertischen auf dem Altmarkt verläuft die öffentliche Straße "Altmarkt". Die Politiker befürchteten, dass ständig nach Parkplätzen suchende Autofahrer über diese Straße sausen und damit den Aufenthalt der Gdanska-Gäste im Biergarten trüben - und sogar gefährden.
Lars Hausfeld vom Stadtteilbüro an der Marktstraße beobachtete zum Auftakt der Sperrung am Samstag aber vor allem, dass Autofahrer (verbotenerweise) vor der Herz-Jesu-Kirche über die Marktstraße fuhren, um dann festzustellen, dass sie nicht mehr in die Gutenbergstraße abbiegen können. Vor dem Gdanska hätten Autos immer schon fahren können, meint Hausfeld. Das sei aber so gut wie nie passiert.
Fahrradabstellplätze kommen im Juni
Die SPD hatte den Beamten im Rathaus mangelnde Abstimmung mit Gdanska-Wirt Czeslaw Golebiewski vorgeworfen. Palotz erklärte am Samstag, man habe dessen Anregung aufgenommen und werde im neuen autofreien Abschnitt noch Fahrradabstellplätze schaffen. Ausflugsgäste auf Fahrrädern haben auf dem Altmarkt bislang keine sicheren Parkmöglichkeiten. Nach Angaben von Stadtplaner Uwe Wilzewski könnten solche Fahrradabstellplätze, wenn diese sich an der Gutenbergstraße bewähren, auch an anderer Stelle im Stadtgebiet eingerichtet werden. Sie werden aber erst im Juni für den Altmarkt geliefert.
Wilzewski und Hausfeld hatten am Samstag einen Infostand errichtet, um Passantinnen und Passanten auf die neue Regelung anzusprechen. Acht von zehn Äußerungen der Bürger zu dem Projekt seien positiv gewesen, berichtet Wilzewski. Nur eine Minderheit habe den Verlust von Parkplätzen beklagt. Nach Ansicht der Stadt gibt es in diesem Teil der City ausreichend Parkplätze für Autofahrer - die Fachleute verweisen insbesondere auf das neue Parkhaus vor der Unterführung zur Alleestraße.
Anwohner der Christoph-Schlingensief-Straße: Endlich Ruhe vom Durchgangsverkehr
Als Gewinner der Regelung sehen sich Mustafa Rogoj und Klaus Grambau, zwei Nachbarn von der Christoph-Schlingensief-Straße, die in die Gutenbergstraße übergeht und nun Sackgasse geworden ist. Sie freuten sich am Samstag über die dort eingekehrte Ruhe. Zwar landen vereinzelt Autofahrer in der frisch eingerichteten Sackgasse, weil ihr Navigationsgerät sie noch nicht kennt. Auch hat Rogoj schon Autofahrer beobachtet, die über den Gehweg direkt an der Kirchenwand vorbeigefahren sind, um die Sperrung zu umfahren.
„Es ist einmal ein Anfang gemacht, um die Innenstadt zu beruhigen“, sagte Grambau. Schließlich habe die Christoph-Schlingensief-Straße bislang nur dazu gedient, die Ampel an der Friedrich-Karl-Straße zu umfahren.