Oberhausen. Wie gelingt es, Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen? Die Stadt Oberhausen hat sich einem Prüfverfahren unterzogen. Was dabei rauskam.

Die Stadt Oberhausen ist eine familienfreundliche Arbeitgeberin – das bestätigt jetzt sogar ein Qualitätssiegel. Erhalten hat es die Verwaltung von der Bertelsmann-Stiftung, die Mitarbeitende befragt und sich vor Ort einen Eindruck verschafft hat. Das Ergebnis fällt für die Stadt überwiegend sehr positiv aus.

Um das Qualitätssiegel „familienfreundlicher Arbeitgeber“ verleihen zu können, betrachtet die Bertelsmann-Stiftung fünf Bereiche im jeweiligen Unternehmen, etwa Kommunikation, Unterstützungsangebote und die Führungskultur. Im Mittelpunkt stehen Fragen, die für viele Arbeitnehmende immer wichtiger werden. Zum Beispiel: Inwieweit engagieren sich Führungskräfte für Familienfreundlichkeit? Welche Möglichkeiten haben Beschäftigte, ihre Arbeitszeit an familiäre Anforderungen anzupassen, zum Beispiel durch mobiles Arbeiten? Gibt es Angebote zur Kinderbetreuung oder bezüglich der Pflege von Angehörigen? Dazu werden die Mitarbeitenden befragt (mithilfe eines Fragebogens und vor Ort) und auch die Arbeitgeberin gibt eine Selbsteinschätzung ab.

Die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung fühlen sich wertgeschätzt

Von September bis Dezember 2022 fand in Oberhausen das Prüfverfahren statt – mit für die Stadt erfreulichem Ergebnis. Das Kommunikationsklima in der Verwaltung sei vertrauensvoll, lautet eine Erkenntnis. Teilzeitkräfte seien anerkannt und gut in ihre Teams eingebunden. Die Mitarbeitenden fühlen sich wertgeschätzt und die Stadtverwaltung werde als Arbeitgeberin weiterempfohlen, führt der Bericht der Stadtverwaltung aus.

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Die Oberhausener Stadtverwaltung (im Bild: das Rathaus) macht in Sachen Familienfreundlichkeit offenbar schon vieles richtig.
Die Oberhausener Stadtverwaltung (im Bild: das Rathaus) macht in Sachen Familienfreundlichkeit offenbar schon vieles richtig. © FFS | Tom Thöne

Allerdings haben an der Befragung durch die Bertelsmann-Stiftung gerade einmal 28,2 Prozent der Verwaltungs-Mitarbeitenden teilgenommen. Die Rücklaufquote sei „erschreckend“, sagt Ursula Pechner-Gorissen (Bündnis Oberhausener Bürger) im Gleichstellungsausschuss, wo der Abschlussbericht Thema war. „Wir gehen davon aus, dass viele sich nicht beteiligt haben, die aktuell nicht betroffen sind“, ordnet Achim Kawicki vom Bereich Personal und Organisation ein. Die Beschäftigten, die sich geäußert haben, hätten sich aus persönlichen Gründen zum Beispiel mit den Themen Pflege oder Betreuung befasst.

20.450 Euro hat die Zertifizierung gekostet

Prinzipiell liege die Beteiligungsquote in Oberhausen „im Durchschnittsbereich für eine Stadtverwaltung dieser Größe in dieser herausfordernden Zeit“, urteilt der Bericht. Die Bertelsmann Stiftung bestätigt auf Nachfrage, dass die Beteiligung angesichts der Umstände – Jahresende, viele Krankheitsfälle, Belastung durch Krisen – sogar als vergleichsweise hoch einzuschätzen sei.

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93 Prozent der Teilzeitangestellten sind Frauen

Die Oberhausener Stadtverwaltung hat mehr als 2900 Beschäftigte. Laut Bericht arbeiten aktuell 741 davon in Teilzeit, 996 Mitarbeitende sind zeitweise im Homeoffice. 80 Personen sind derzeit in Elternzeit, davon sechs Führungskräfte.

Laut aktuellem Gleichstellungsplan der Stadt Oberhausen sind dort (Stichtag 1. September 2021) gut 63 Prozent Frauen angestellt – allerdings ein Großteil davon in Teilzeit. Dort beträgt ihr Anteil sogar 93 Prozent. In Führungspositionen sind Frauen auch in der Stadtverwaltung Oberhausen noch deutlich in der Unterzahl.

Günstig war die Zertifizierung übrigens nicht. 20.450 Euro hat sich die Verwaltung das Ganze kosten lassen. Auf den ersten Blick ein stolzer Preis. Doch die Stadt gibt zu bedenken, dass es für das Siegel keine Laufzeitbegrenzung gebe. Es werden also in ein paar Jahren keine erneuten Kosten für eine Rezertifizierung fällig.

Beschäftigte wünschen sich ein Eltern-Kind-Büro

Was nicht heißen soll, dass die Stadt zukünftig nicht weiter an ihrer Familienfreundlichkeit arbeiten will. Denn es gibt durchaus noch Entwicklungspotenzial, wie die Prüfung durch die Stiftung ergab. So wünschen sich die Mitarbeitenden zum Beispiel eine faire Behandlung beim mobilen Arbeiten. Die Möglichkeit dazu sollte nicht abhängig sein vom Wohlwollen des oder der Vorgesetzten, sondern abhängig von den jeweiligen Aufgaben der Beschäftigten. Auch ein Eltern-Kind-Büro steht auf der Wunschliste sowie mehr Flexibilität und leicht zugängliche Informationen dazu, wie sich Familie und Karriere vereinbaren lassen.

Ob sich alles davon umsetzen lässt, wird sich zeigen. Die Stadt jedenfalls zeigt sich willens. Sie sieht die Auszeichnung als familienfreundliche Arbeitgeberin nach eigener Aussage nicht nur als Beurteilung des Status Quo, sondern vor allem auch als „Anstoß zur Weiterentwicklung von familienfreundlichen Rahmenbedingungen“.