Oberhausen. Gas, Strom und Fernwärme – der Bund entlastet die Kunden der Stadtwerke. Doch die EVO hat ermittelt: Nicht alle Oberhausener Kunden profitieren.

Der Inhalt des Berichts in Kürze:

  • Die EVO wird erst Mitte März ihren Kunden die genauen Preisvorteile durch die Preisbremsen individuell mitteilen
  • Wer im vergangenen Jahr stark gespart hat, profitiert zum Teil deutlich geringer von den Energie-Preisbremsen als Verschwender. Das finden die betroffenen Bürger ungerecht.
  • Die EVO hat für Gas- und Stromkunden Musterrechnungen nach dem typischen Durchschnittsverbrauch in Oberhausen erstellt. Hier zeigt sich: Stromkunden erhalten nur eine geringe Verbilligung des Strompreises.

Die Energieversorgung Oberhausen (EVO) schafft es nicht, ihre Kunden noch vor dem 1. März 2023 darüber zu informieren, wie viel Geld sie bei Gas, Strom und Fernwärme durch die Energiepreis-Bremsen des Bundes tatsächlich sparen. Dies ist eigentlich im Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) so vorgesehen – wenngleich diese Regelung keine Strafe für eine Info-Verspätung vorsieht. Ernsthafte Nachteile entstehen den gut 83.500 Kunden der EVO, die von den Preisbremsen profitieren, durch die Verzögerungen nicht. „Wir werden natürlich das Gesetz vollumfänglich umsetzen, alle Kunden werden ihr Geld bekommen“, versprechen Kundendienst-Geschäftsleiterin Sabine Benter und Projektleiterin Hülya Schmidt.

Entlastung durch Preisbremsen für Fernwärme, Gas und Strom

Die Energiepreis-Bremsen wurden erst Mitte Dezember 2022 vom Bundestag genehmigt. Sie sehen eine Entlastung für Privatkunden bei Strom, Gas und Wärme vor – und zwar ab dem 1. März 2023 rückwirkend zum 1. Januar 2023 bis zum Jahresende. Verbilligt wird vom Staat allerdings nur der jeweilige Verbrauch bis zu 80 Prozent der bisherigen Menge. Der Rest wird zum aktuell vereinbarten, höheren Normaltarif abgerechnet.

Doch wie diese verbilligte Menge ermittelt wird, entscheidet sich nach dem Bundesgesetz je nach Energieart. „Das ist ein hochkomplexes Thema, es gibt schließlich bundesweit zahllose Tarife für Energiekunden mit unterschiedlichen Verbrauchsgrößen“, sagt EVO-Sprecherin Annette Friese. Folge: Die Stadtwerke müssen ihre Abrechnungsprogramme detailliert umschreiben. Eine eigens gegründete 40-Beschäftigten-Projektgruppe der EVO kümmert sich um das Thema sogar an Wochenenden, versucht, die Vorgaben des Gesetzes zu klären und die IT-Systeme umzustellen.

Mitte März will die EVO all ihre Kunden anschreiben, die in diesem Jahr durch die Preisbremse Vorteile haben. Dann werden auch die Abschläge für die nächsten Monate exakt ermittelt sein – all die individuellen Einsparungen durch die Preisbremsen werden dann dabei berücksichtigt. „Unsere Kunden verlieren keinen einzigen Cent“, beteuert Sabine Benter.

Hülya Schmidt und Sabine Benter (von links) kümmern sich bei der Energieversorgung Oberhausen (EVO) mit ihren Teams, dass die Umsetzung der gesetzlichen Energiepreisbremsen tatsächlich klappt.
Hülya Schmidt und Sabine Benter (von links) kümmern sich bei der Energieversorgung Oberhausen (EVO) mit ihren Teams, dass die Umsetzung der gesetzlichen Energiepreisbremsen tatsächlich klappt. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Bei wem die Preisbremsen nicht greifen, der wird aus Kostengründen von der EVO nicht eigens angeschrieben. Denn diese Preisbremsen helfen nicht allen EVO-Kunden – vor allem beim Bezug von Strom: Weil die EVO in vielen Tarifen weniger als 40 Cent brutto (inklusive Mehrwertsteuer) je Kilowattstunde an Stromverbrauch berechnet, greift die Preisbremse, gesetzlich auf 40 Cent festgelegt, hier schon einmal nicht. Nur 46 Prozent der Stromkunden haben einen Kostenvorteil durch diese Bremse. Ohnehin liegt der EVO-Tarif etwa in der Grundversorgung mit 40,81 Cent nur leicht höher. Wer gerade einmal 2700 Kilowattstunden im Jahr an Strom benötigt, spart durch die Preisbremse bei der EVO nur zwölf Euro im Jahr.

Vorteile für die EVO-Kunden, die mit Gas oder Fernwärme heizen

Klarer fällt der Vorteil bei allen Gas-, Fernwärme- und Nahwärme-Kunden der EVO aus: 95 bis 99 Prozent der EVO-Kunden, absolut 32.000 Haushalte, sparen durch die Preisbremse bares Geld. Ein Oberhausener Musterhaushalt benötigt nach EVO-Angaben im Schnitt knapp 15.000 Kilowattstunden im Jahr an Gas. Die gesetzliche Deckelung hier beträgt zwölf Cent pro Kilowattstunde – für 80 Prozent des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs an Gas. Da die EVO derzeit etwa 14 Cent pro Kilowattstunde berechnet, muss dieser Musterhaushalt 240 Euro in diesem Jahr weniger zahlen, als ohne Preisbremse.

Ähnlich fällt die Rechnung der EVO für einen Oberhausener Fernwärme-Musterhaushalt aus, der im Schnitt 11.250 Kilowattstunden verbraucht. Hier liegt die Preisdeckelung für 80 Prozent des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs bei 9,5 Cent brutto je Kilowattstunde. Der Musterhaushalt spart 264 Euro im Jahr.

Wie gerecht ist die Preisbremse, wenn man im vergangenen Jahr Gas gespart hat?

Dass der Gesetzgeber bei der Gas- und Fernwärme-Preisbremse vom Verbrauch bis September 2022 ausgeht und nicht komplett diesen Winter mit seinem Heizverbrauch als Basis nimmt, hat deutschlandweit bereits für Aufregung gesorgt.

Gerade diejenigen, die im vergangenen Jahr deutlich an Gas gespart haben, profitieren von der Gas-Preisbremse in diesem Jahr zum Teil deutlich weniger als andere. Der Oberhausener Benno Fischer, kein EVO-Kunde, hat von seinem Anbieter bereits ein Energie-Schreiben zur Preisbremse bekommen – und ist enttäuscht: „Aufgrund der Aufrufe des Wirtschaftsministeriums, Gas zu sparen, haben wir erst im November 2022 die Heizung eingeschaltet. Unser Einfamilienhaus hatte von Monat Mai bis Monat November 2022 null Gasverbrauch. Solidarität zahlt sich bei diesem Konstrukt nicht aus. Denn jetzt erhalten wir nur für 2600 Kilowattstunden eine Deckelung auf 12 Cent. Dabei hatten wir normalerweise einen Verbrauch von 11.000 Kilowattstunden im Jahr!“

Viele, die 2022 eisern Gas gespart haben, erhalten also in diesem Jahr weniger subventioniertes Gas als diejenigen, die verschwendet haben. „Das kann sich so auswirken“, räumt Projektleiterin Hülya Schmidt ein. „Das ist so vom Bund geregelt worden. Doch die betreffenden Haushalte sparen ja dadurch, dass sie so wenig Gas verbraucht haben.“

Anders wird die 80 Prozent subventionierte Energiemenge übrigens beim Strom berechnet – hier nimmt der Gesetzgeber die Anfang Januar 2023 für das Gesamtjahr prognostizierte Strommenge als Basis; im Prinzip wird so bei den meisten hier der tatsächliche Verbrauch des Vorjahres berücksichtigt. Bei Fernwärme und Nahwärme wiederum wird wie beim Gas der prognostizierte Verbrauch von September 2022 und davor abgegriffen – mit ähnlichen Folgen für diejenigen, die stark darauf verzichtet haben, ihre Wohnung so richtig warm zu machen und lange heiß zu duschen.