Oberhausen. Die stark gestiegenen Leitzinsen der Europäischen Zentralbank lassen bei Sparkassen eine alte Geldmaschine wieder aufleben – auch in Oberhausen.

Die wichtigsten Infos dieses Artikels:

  • Die Oberhausener Banken und Sparkassen verdienen mit ihrem alten Geschäftsmodell, viel Spargeld billig hereinzuholen und dies teurer als Kredite zu verleihen, wieder Geld
  • Die Wirtschaft in Oberhausen kommt nach Beobachtung des Stadtsparkassen-Vorstandes besser durch die Multi-Krisenlage als gedacht
  • Die überraschend schnell gestiegenen Baukreditzinsen lassen die Zahl neuer Baukreditverträge stark einbrechen

Lieferengpässe, Preisexplosionen, teure Heizung, Arbeitskräftemangel, schnell gestiegene Kreditzinsen – die meisten Oberhausener Unternehmen und Privatbürger scheinen die Multi-Krisenlage bisher noch gut wegzustecken. Dies lesen zumindest die obersten Chefs der Stadtsparkasse Oberhausen, Oliver Mebus und Thomas Gäng, aus ihren Daten und Kundenkontakten heraus.

„Wir wundern uns über manche Kommentierungen und Überschriften, über Aussagen von Politikern, die Deutschland herunterreden wollen. Denn wir sehen: Die Lage ist besser als die Stimmung“, meint Vorstandschef Oliver Mebus. „Wir malen nicht rosa, es gibt eine Menge an Problemen, aber unsere Daten geben Anlass zu Zuversicht und vorsichtigen Optimismus.“

Trotz Multi-Krisen sparen Oberhausener Sparer noch mehr

Tatsächlich: Blickt man auf den Durchschnitt der über 100.000 Kunden der Sparkasse, gibt es keine Anzeichen, dass die Sparer in der Breite ihre Guthaben abheben müssen, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Sie kaufen weiter Fonds, Anleihen und Aktien, erhöhen ihre Spareinlagen. Die Sparquote sinkt nicht. Zugleich nutzen Unternehmen und Privatkunden die ihnen eingeräumten Dispo-Kredite nicht stärker als in früheren Jahren.

So stieg der Wertpapierumsatz im Jahre 2022 bei der Sparkasse Oberhausen um 70 Prozent auf 147 Millionen Euro und der Bestand leicht auf 570 Millionen Euro; die Kunden-Spargelder kletterten im Bestand von 1,9 Milliarden Euro im Jahre 2019 vor Corona auf 2,25 Milliarden Euro im vergangenen Jahr (plus 4,8 Prozent). Ihren Dispo-Rahmen von 76 Millionen Euro schöpften die Privatkunden nur zu zehn Prozent aus; die Unternehmen ihren erlaubten Kontokorrentkredit nur zu 40 Prozent. „Wir beobachten nicht, dass die Betriebe insgesamt von finanziellen Engpässen geplagt sind.“

Thomas Gäng und Oliver Mebus im Februar 2023 auf der Bilanzpressekonferenz zum Geschäftsergebnis des Jahres 2022.
Thomas Gäng und Oliver Mebus im Februar 2023 auf der Bilanzpressekonferenz zum Geschäftsergebnis des Jahres 2022. © Sparkasse Oberhausen | Contact

Auch ein Zeichen: Risikomanager Gäng musste die Risikovorsorge für wackelige Kredite nicht erhöhen, sondern im Gegenteil: Er konnte Risiko-Rücklagen auflösen – gut für den Bilanzgewinn.

Dies steht durchaus im Gegensatz zu Beobachtungen anderer Banken in anderen Städten: Hier berichten einige von einem Entspar-Prozess ihrer Kunden. Auch das Statistische Bundesamt meldete nach dem ersten Halbjahr 2022, dass die Sparquote von 18 Prozent auf elf Prozent zurückgegangen ist – auf das Niveau vor dem Corona-Ausbruch. Bundesweit müssen nach repräsentativen Umfragen mehr Kunden ihren Dispo ausnutzen – schon zu Jahresanfang 2022 gab es einen Anstieg um 17 Prozent.

Sparkassen-Vorstand lobt Oberhausener Unternehmen

Warum kommt Oberhausen nach Beobachtung der Stadtsparkassen-Fachleute einigermaßen gut durch die Krise? „Unsere Unternehmen im Stadtgebiet sind sehr gut aufgestellt, die Wirtschaft ist sehr robust, die Firmen können Krise“, analysiert Mebus. Den Privatbürgern kommen Entlastungspakete der Bundesregierung zugute – und die zunehmend besseren Gehaltstarif-Erhöhungen. „Das gibt allen mehr Spielraum und mehr Sicherheit.“

Allerdings räumt Mebus ein, dass diese Betrachtung nur ein Gesamtblick auf das Durchschnittsverhalten darstellt. „In Oberhausen lebt eine große Menge an Menschen, die schon seit Jahren nicht in der Lage sind, zu sparen – und jetzt erst recht mit der Lage zu kämpfen haben.“

Oliver Mebus, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Oberhausen, stellte wie vor einem Jahr im großen Konferenzsaal des Sparkassen-Hauptsitzes an der Wörthstraße in der Innenstadt die Bilanz des Vorjahres dar.
Oliver Mebus, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Oberhausen, stellte wie vor einem Jahr im großen Konferenzsaal des Sparkassen-Hauptsitzes an der Wörthstraße in der Innenstadt die Bilanz des Vorjahres dar. © FFS | Ant Palmer FUNKE Foto Services

Natürlich spüren die gut 500 Sparkassen-Beschäftigten auch, dass sich die Situation verändert hat: Die Nachfrage nach Haus- und Wohnungskäufen ist seit Mitte des vergangenen Jahres eingebrochen – zu hoher Zins. In den vergangenen Monaten musste die Sparkasse die Hälfte an Anfragen nach neuen Baukrediten ablehnen – aus Sorge, dass die Kunden ihre monatlichen Raten nach dem gewaltigen Zinsanstieg im Vorjahr nicht längere Zeit aus ihrem Einkommen stemmen können. Und auch bei den Konsumkrediten merken die Finanzfachleute: In der Krise verzichten Bürger auf den Kauf eines neuen Autos, nutzen ihre alten Möbel weiter oder fahren nicht in Urlaub – die Darlehen für reinen Konsum sind stark gesunken.

Hohe Baukreditzinsen – doch dafür gibt es wieder Sparzinsen für Sparer

Während Bauwillige und Hauskäufer traurig auf die hohen Baukreditzinsen von mittlerweile vier Prozent schauen, freuen sich Sparer über die Zinswende – und durchaus die Sparkasse selbst. Das alte Geschäftsmodell, kostengünstig Spargeld von vielen reinzuholen und teurer zu verleihen, lebt gewinnträchtig auf. Denn die Banken und Sparkassen erhalten für ihre Rücklagen bei der Europäischen Zentralbank wieder 2,5 Prozent, statt Strafzinsen zahlen zu müssen. Die Sparkasse Oberhausen verleiht etwa 80 Prozent der Spareinlagen von 2,2 Milliarden Euro wieder, kauft ein paar Wertpapiere für den eigenen Bestand und legt den Rest bei der EZB an. Da die Sparkasse derzeit einen Tagesgeldzinssatz von 0,4 Prozent bietet, bleibt nun wieder mehr im Gewinntopf des Oberhausener Geldinstituts hängen.

Thomas Gäng ist stellv. Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Oberhausen.
Thomas Gäng ist stellv. Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse Oberhausen. © FUNKE/Fotoservices | Gerd Wallhorn

So erzielte die Stadtsparkasse Oberhausen im vergangenen Jahr mit ihrer seit 2018 um 500 Millionen Euro auf 2,9 Milliarden Euro gestiegenen Bilanzsumme ein Betriebsergebnis von gut zwölf Millionen Euro (2021: 10,2 Millionen Euro). Davon bleiben als Jahresüberschuss/Bilanzgewinn 1,8 Millionen Euro übrig – nach Abzug von Steuern (acht Millionen Euro) und Abwertungskorrekturen des eigenen Wertpapierbestandes. Der Bilanzgewinn fällt damit geringer als in der Vor-Corona-Zeit mit 4,5 Millionen Euro (jeweils 2018 und 2019) aus – und ist auch geringer als 2020 und 2021 mit jeweils zwei Millionen Euro.