Oberhausen. Das hat lange auf dem Wunschzettel der IG Bau gestanden: eine Entschädigung für die langen Wege der Bauarbeiter. Dazu gibt’s verblüffende Zahlen.

Der Lohnzettel für Bauarbeiter in Oberhausen sieht diesmal in einem entscheidenden Punkt anders aus: Zum ersten Mal bekommen Bauarbeiter im Februar eine Lohnabrechnung, auf der die Kilometer eine Rolle spielen, die sie im Januar auf ihrem Weg zu den Baustellen zurückgelegt haben.

„Das ist eine Premiere für den Bau: Endlich gibt es eine Entschädigung für die Fahrstrecken und damit vor allem für die vielen Stunden, die Maurer, Betonbauer, Kranführer & Co. Monat für Monat auf der Straße unterwegs sind. Denn bislang hat ein Großteil der Bauarbeiter Zeit und Nerven investiert, um zu den Baustellen zu kommen. Und das alles zum Null-Tarif. Denn die meisten Bauarbeiter haben ihre Zeit für die Fahrten zur Baustelle dem Chef einfach geschenkt“, sagt Peter Köster.

Für den Bezirksvorsitzenden der IG Bau Mülheim-Essen-Oberhausen ist die Entschädigung der Wegezeit „ein wichtiger Schritt nach vorn, um die Arbeit auf dem Bau vom Lohn her attraktiver und gleichzeitig auch gerechter zu machen“. Immerhin sind die Strecken, die Bauarbeiter auf ihrem Weg zu den Baustellen zurücklegen, enorm, so die IG Bau Mülheim-Essen-Oberhausen.

IG Bau hat die Fahrstrecken untersucht

Die Bau-Gewerkschaft hat die Fahrstrecken beim Pestel-Institut (Hannover) untersuchen lassen. Demnach sind rund 3.110 Bauarbeiter – und damit neun von zehn Beschäftigten der Baubranche – in Oberhausen an 200 Arbeitstagen unterwegs, um zu den Gebäuden, Straßen und Brücken zu kommen, die sie bauen und sanieren sollen. Für die einfache Fahrt legen sie dabei im Schnitt 13 Kilometer zurück. Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut kommen dabei auf rund 16,8 Millionen „Baustellen-Kilometer“ im Jahr. Rein rechnerisch fahren die Bauarbeiter aus Oberhausen damit rund 418 Mal um die Erde.

„Das Ergebnis macht deutlich, dass die, die auf dem Bau arbeiten, viel Extra-Zeit am Steuer vom Pkw oder im Baubulli verlieren. Dabei ist die Wegezeit nichts anderes als für den Bau-Job investierte Lebenszeit“, sagt Carsten Burckhardt, im IG-Bau-Bundesvorstand für die Bauwirtschaft zuständig. Trotzdem sei es ein „hartes Stück Arbeit“ gewesen, die Entschädigung der Wegezeit am Tariftisch durchzusetzen. „Die Arbeitgeber haben sich jahrelang dagegen gesträubt.“

Für die Strecken zwischen dem Betrieb und der Baustelle bekommen Bauarbeiter, die Tag für Tag von zu Hause aus anfahren, jetzt – je nach Kilometern – zwischen 6 und 8 Euro pro Tag. Wer nicht mit dem Baubulli fährt, sondern das eigene Auto nimmt, bekommt weiterhin zusätzlich Kilometergeld. Auch für Fahrten mit Bussen und Bahnen gibt es nun eine Erstattung.