Oberhausen. Großer Bahnhof für zwei Persönlichkeiten aus dem Oberhausener Stadtleben. Beim renommierten Karnevalspreis wurde es persönlich - und emotional.

Diese Eulen haben Weisheit - und unter dem Gefieder genügend Narrenherz, um selbst gemütliche Karnevalsvögel zu verblüffen: Am Sonntag hat der „Eulenorden närrische Weisheit“ in der Luise-Albertz-Halle seinen Schwarm an Stadtpersönlichkeiten wachsen lassen. Vor mehreren Hundert Besuchern - und verblüffend gut bei Stimme.

Gerd Rien, Nummer 113 und vorher Petra Köhler als Nummer 112 sind angelernt und aufgenommen. Die Laudatio der zwei Vorgänger-Neulinge gilt als Königsdisziplin unter närrischen Lobreden. Für Laien gar nicht so einfach, den richtigen Ton zu treffen. Nicht zu dröge, nicht zu forsch und dennoch karnevalistisch kompetent angehaucht.

Sparkassen-Vorstand Thomas Gäng wählt am Sonntag denn gleich ein musikalisches Hochamt. Als Katholikenratsvorsitzender in Oberhausen holt er sich Beistand an seine Seite: Peter Fabritz, natürlich auch Eule, früherer Stadtdechant und heutiger Vorsteher des Kirchengerichts im Erzbistum Köln sitzt am Keyboard. Caritasdirektor Michael Kreuzfelder hämmert am Schlagzeug. Gäng zupft die Gitarre. Mit weißen Mützen verkleidet werden sie zum Double-Chor von DJ Ötzi und singen dessen Hit „Der Moment“. Und damit ist auch schon viel gesagt.

Karneval in Oberhausen: Unzählige Stunden an der Nähmaschine

Oder fast. Ihre Hymne auf Petra Köhler wird von Verdiensten unterfüttert: Köhler, Baujahr 1958, wirkt und lebt für den Karneval. Sie wächst in Vondern auf. Wird mit sechs Jahren Funkemariechen. Lernt ihren Mann Jürgen Köhler (einst Europrinz) während dessen Prinzenzeit 2001/2002 kennen. Trainiert seit elf Jahren die Garde der KG Weiss-Grün Hoag. Sie ist eine erfahrene Preisrichterin beim Bund Deutscher Karneval (BDK) und entscheidet so bei Mariechen und Gardetänzerinnen über deutsche Meistertitel.

Es ist eine Auszeichnung für zeitintensives Ehrenamt: Hätte Köhler in ihrer Freizeit nicht Stunde um Stunde beim Schneidern der Kinder- und Gardekostüme gesessen, Oberhausen wäre über die Jahre wohl weniger bunt gewesen. Gäng hat sich schlau gemacht: „Man kann sich vorstellen, wie unter diesen Umständen die Wohnung von Petra und Jürgen aussieht.“ Ein Schild mit der Aufschrift Rumpelbude sei beantragt.

Köhler nimmt die hohe Auszeichnung gerührt entgegen. Ihr Vater ist extra aus Hannover angereist. Die gebürtige Velberterin verstärkt den noch unterrepräsentierten weiblichen Flügel der Eulen - gut so! „Ich weiß noch nicht genau, was mich erwartet, aber ich arbeite gerne mit.“

Karneval in Oberhausen: Willibert Pauels - Büttenredner erster Klasse

Ober-Eule Walter Passgang führt souverän durch den morgendlichen Rundflug. Lädt mit Willibert Pauels („Ne Bergische Jung“) einen Büttenredner aus der 1. Bundesliga des Kölner Karnevals ein. Und der Diakon aus Wipperfürth schafft es in unruhigen Zeiten für Redner den Saal komplett ruhig zu halten.

Der fromme Jeck: „Tünnes und Schäl schlafen nach einer durchzechten Nacht auf dem Friedhof ein. Als sie aufwachen, sehen sie nur Gräber um sich herum. Sagt Tünnes: Schau mal, das ist die Auferstehung. Und wir sind die ersten.“

Auch die zweite Neu-Eule Gerd Rien verdient sich durch Scherze ihre Flügel. Mit Vorgänger Kai Magnus Sting laudiert ein echter Kabarett-Profi, der mit Nito Torres als amüsanten Zwischenrufer überraschend Verstärkung an seine Seite holt.

Karneval in Oberhausen: Kai Magnus Sting im Zwiegespräch mit Nito Torres

Eine hochpersönliche Ansprache, ohne dass der Name des Geehrten auch nur einmal fällt. Das muss man erst mal können. „Ich habe vorher bei Gerd Riens Frau angerufen - und mich über die Privatperson erkundigt“, verrät Scherz-Sting vorher. Der Laudator hat herausgefunden, dass Eule Nummer 113 begeistert Wochenmärkte besucht, dafür bis ins niederländische Winterswijk düst, um fachmännisch die Qualität von Kibbeling und Genever zu überprüfen.

Seine Eulen-Ehre erhält der Orgaleiter (Jahrgang 1955) im Hauptausschuss Groß-Oberhausener Karneval aber freilich für sein Wirken im Stadtleben. Er baut in Oberhausen mit Freunden den Jugendverband des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) auf. Wirkt dort noch 20 Jahre als Sanitäts-Truppführer im Katastrophenschutz.

Der Liricher wird Karnevalsarchivar, trainiert die Fahnenschwenker der Ehrengarde, singt bis zum Tod seines Freundes Peter Mroczek (2011) mit ihm im „Emscherduo“, baut, dekoriert und zimmert über Jahrzehnte an Bühnen-Schmuck und Karnevalswagen, bevor er 2012/2013 selbst Prinz von Groß-Oberhausen wird.

Bei seiner Ernennung holt ihn der amtierende Stadtprinz Rainer I. (Lettkamp) zum Narren-Duett auf die Bühne - singende Regenten unter sich. Hände zum Himmel!

>>> Eulen schmücken sich mit eigener Standarte

Jecke Gruppen tragen meist eine Standarte mit sich. Auch der Eulenorden besitzt seit dieser Karnevalssession eine kleine viereckige Fahne, auf die Narren im Jecken-Kosmos besonders Acht geben müssen. Erst recht, wenn die Prinzengarde aus Köln in den Saal marschiert - so wie am Sonntag.

Bleibt die Fahne unbewacht, wird sie von Kölner Jecken gerne eingesackt - und muss meist durch feucht-fröhliche Gaben ausgelöst werden. Seine Feuertaufe hat die Eulen-Standarte aber bestanden. Der ehemalige Stadtkämmerer Bernd Elsemann kümmert sich um die närrische Spezialanfertigung.