Oberhausen. Das Theater Oberhausen zeigt den „Schimmelreiter“ nicht als angejahrten Schulstoff, sondern rüttelt das Publikum auf – auch mit Bühnentechnik.
„Wieder ein Schulstoff“ – mit diesem Schnaufer gibt Gregor Tureček zu: Die Begeisterung für den Regieauftrag, Theodor Storms Novelle „Der Schimmelreiter“ auf die Studio-Bühne in Oberhausen zu bringen, musste er sich auch selbst erst erlesen. Doch der Wiener, der Waterkant eigentlich gar nicht verbunden, tat’s „mit großer Freude“.
Schließlich könne man die Erzählung vom Deichgrafen Hauke Haien, dessen Warnungen vor einer verheerenden Sturmflut die große Mehrheit der Dorfbewohner ignoriert, „total heutig lesen“. Das bis heute bekannteste Werk des Husumer Richters Storm (1817 bis 1888) in der „grauen Stadt am Meer“ wird in dieser Bearbeitung von Tureček zur sturmgepeitschten planetarischen Umwelt-Fabel. „Es gibt deutliche Warnungen“, so der 38-jährige Regisseur. „Man müsste jetzt handeln, damit in 30 Jahren nicht alle Deiche brechen.“ Da decke sich der alte Novellist doch völlig mit dem Lebensgefühl der heutigen Jugend.
Ist das Studio nicht zu klein für Untergang und Sturmgebraus?
Aber ist das Studio mit seinen 70 Plätzen nicht allzu klein für Untergang und Sturmgebraus? Denn mit den Kniffen der Bühnen- und Kostümbildnerin Juliette Collas will dieser „Schimmelreiter“ der Apokalypse durchaus die Sporen geben. Musik und Windmaschine sollen ein Übriges leisten. Die Weite der nordfriesischen Marschen verengt sich im Studio zu einem Steg zwischen den beiden Zuschauer-Tribünen. Und diesen Steg setzt Collas in vibrierende Bewegung. „Hauke Haien ist der erste, der diese Vibrationen spürt“, sagt Gregor Tureček.
Seine Frau Elke, die Storm als Erzähler schließlich aus dem Blick verliert, erhält in der neuen Schauspielfassung eine weit größere Rolle. „Wir machen sie zum Mastermind“, wie der Regisseur sagt: Es ist dann ihre Hybris, mit noch größeren Deichen aus dem Meer neues Land zu gewinnen. Machtgier bestimmt dann über das lebenswichtige Amt des Deichgrafen.
Haltung beziehen – statt einer „Erzählung des Scheiterns“
Doch mit „einer Erzählung des Scheiterns“ wollten es weder Regieteam noch Ensemble bewenden lassen – und so ersetzte man die mystisch raunende Rahmenhandlung der Novelle durch zwei eigene Texte als Prolog und Epilog. „Wir hatten das Bedürfnis, deutlicher Haltung zu beziehen“, sagt Gregor Tureček, „selbst auf die Gefahr, ein bisschen pädagogisch zu wirken“. Doch der bisherige Austausch mit Schulklassen lasse diese Sorge unbegründet erscheinen. „Wir hatten total schöne Rückmeldungen von unserer Zielgruppe.“ In 90 Minuten will der Regisseur sein Publikum in jedem Sinne „durchgerüttelt“ haben.
Die Premiere am Donnerstag, 2. Februar, ist bereits ausverkauft. Weitere Vorstellungen folgen am 5., 8., 9., 12., 14. und 15. Februar. Karten gibt’s unter 0208 8578 184, per Mail an service@theater-oberhausen.de