Oberhausen. Damit ältere Oberhausener länger in ihrer eigenen Wohnung leben können, erhält Sterkrade ein Smart-Haus für fünf Jahre – digital hochgerüstet.
Länger im Alter auch alleine selbstbestimmt in der eigenen Wohnung leben – dies will die breite Mehrheit der Oberhausener Ratspolitiker erreichen, in dem Senioren und Behinderte mit ihren Familien besser über die Chancen digitaler Technik informiert werden.
Deshalb richtet die Stadt mit dem Altenpflege-Anbieter „Gute Hoffnung leben“ eine Modellwohnung ein, in der die neuesten Hilfsmöglichkeiten für beeinträchtigte Bürger vorgestellt und ausprobiert werden können. Eine halbe Million Euro kostet dies in den nächsten fünf Jahren – etwa 100.000 Euro jährlich. So viel Geld ist notwendig, um die Einrichtung, die Miete und das Beratungspersonal für digitale Pflegeinnovationen bezahlen zu können. Zugestimmt haben in der letzten Ratssitzung dieses Jahres nach einigem Hin und Her zwischen SPD und CDU fast alle Ratspolitiker – bis auf die AfD („Nein“) und das Bündnis Oberhausener Bürger (BOB), das an der Abstimmung nicht teilnahm.
Angestoßen haben diese Idee vor einem Jahr die SPD-Politiker – allerdings in ihrem Antrag dafür gerade einmal mit 50.000 Euro für Planung und Einrichtung des „Smart-Hauses“ kalkuliert. Im Sommer 2022 war klar – innerhalb von fünf Jahren müssen nach Rechnung der Stadtbediensteten eine halbe Million Euro aufgebracht werden. Das war der CDU damals für ein Haus, das nach ihrer Ansicht nur ein paar Rollläden präsentieren würde, die auf Zuruf hoch- oder runterfahren, viel zu teuer. Nach einigen Präzisierungen und der stärkeren Konzentration der Wohnung auf Hilfen für Ältere und Behinderte ließ sich die CDU von dem Konzept überzeugen.
Diese digitalen Hilfen für Ältere präsentiert das neue Smart-Haus in Sterkrade
Demnach ist nun klar: Mit dem Kooperationspartner „Gute Hoffnung leben“, allen voran mit dem Sprecher aller Altenheime in Oberhausen, Stefan Welbers, wird eine Modellwohnung in einem Ladenlokal in der Fußgängerzone von Sterkrade-Mitte (Steinbrinkstraße) für eine Monatsmiete von 2300 Euro eingerichtet – schon ab Anfang des Jahres. In der über fünf Jahre laufenden Modellphase muss die Stadt 70 Prozent der Kosten tragen (335.000 Euro) und „Gute Hoffnung leben“ gut 140.000 Euro.
Dafür können Bürger in der Musterwohnung zu Geschäftsöffnungszeiten Sensoren erleben, die so sensibel sind, dass sie bei einem Sturz einer Person sofort Profi-Helfer informieren – ohne dass der Gestürzte einen Knopf drücken muss. Möglich sind auch Notrufe, die ausgelöst werden, wenn die Gesundheitswerte Lebensgefahr signalisieren, oder auffällig laute Erinnerungstöne für die Medikamenten-Einnahme.
Gezeigt werden auch Pflegeroboter und andere digitale Unterstützungen für die Pflege. Türsensoren warnen Angehörige, wenn ein Demenzerkrankter die Wohnung verlässt. In der Musterwohnung sollen die Bürger aber auch über Assistenzsysteme unterrichtet werden, die den Alltag erleichtern: Heizungen steuern, Alarm-Sicherung gegen Einbrecher, Licht im Haus per Zuruf schalten. Sogar Trainingsprogramme im Internet für ältere Menschen werden vorgeführt, um Hemmschwellen abzusenken, bei solchen Web-Lösungen beherzt zuzugreifen. Für den Kauf der Digitaltechnik ist ein Extra-Finanztopf von einmalig 40.000 Euro vorgesehen – die Geräte sollen für Alltagstests auch an Altenheime verliehen werden.
„Das ist eine gute gemeinsame Lösung, die auch hervorragend umgesetzt werden wird“, zeigt sich SPD-Fraktionschefin Sonja Bongers im Rat zufrieden. Und selbst ihre CDU-Amtskollegin Simone-Tatjana Stehr, die monatelang daran zweifelte, ob es Aufgabe der Stadt sei, ein Haus recht teuer mit digitaler Technik auszustatten, ist nun durch die Fokussierung des Konzepts auf nicht so mobile Gruppen überzeugt. „Dass Seniorinnen und Senioren länger in ihrer eigenen Wohnung dank digitaler Technik leben können – das ist ein guter Plan.“
Auch das Quartiersbüro für Senioren zieht in das Sterkrader Smart-Haus
Was durchaus auch versöhnlich stimmte, ist die Idee der Stadt, die intelligente Wohnung in der Sterkrader City nicht nur singulär zu betreiben. So wird das Quartiersbüro Sterkrade-Mitte umziehen, das derzeit im Altenheim „Gute Hoffnung leben“ (An der Guten Hoffnung 4) ältere Oberhausener berät – und zwar in das angemietete „Smart-Haus“. Dadurch erhofft man sich Synergieeffekte: Wenn sich die älteren Bürger und ihre Familien dort ohnehin informieren oder sich mit Nachbarn treffen, dann kann man ihnen gleich den Pflegeroboter in der Musterwohnung präsentieren.
Die AfD war übrigens gegen die Idee eines Smarthauses, weil sie nicht glaubt, dass wenig mobile Menschen quer durch die Stadt fahren, um sich digitale Techniken anzuschauen. „Das Konzept ist nicht niedrigschwellig genug“, kritisierte AfD-Fraktionschef Wolfgang Kempkes. Ideal wäre ein Konzept mit einem Truck gewesen, das die digitale Technik in die Stadtviertel bringt. Allerdings ist dies von Teilen des Rates durchgerechnet worden – Urteil: „unbezahlbar“.