Oberhausen. Mit einem rechtlichen Kniff versucht Oberhausen dauerhaft zu verhindern, dass das Metronom-Musical-Theater am Centro von Käufern abgerissen wird.
Sie haben sich zwar nicht ganz sang- und klanglos aus dem Ruhrgebiet verabschiedet, doch der Rückzug des Hamburger Live-Entertainment-Unternehmens Stage kam im Oktober 2019 selbst für Musical-Insider überraschend. Das Aus für feste Musicals in Essen und Oberhausen bedeutete einen schweren Rückschlag für Live-Musik und Kultur-Jobs in der Region. Auch das neue Ralph-Siegel-Musical „’N bisschen Frieden“ in Duisburg, das als Vorverkaufs-Flop Schlagzeilen macht, ändert daran nichts. Für Oberhausen gibt es jetzt aber neue Hoffnung.
Seit Frühjahr 2020 steht das imposante Metronom-Musical-Gebäude mit dem weit sichtbaren hohen grauen Zeltdach am Oberhausener Centro leer. Es befindet sich seit 2005 im Eigentum von Stage, die es jetzt verkaufen wollen. Einst baute hier die Stadt für 30 Millionen Euro diese Spielstätte am Musikweg für „Tabaluga & Lilli“ von Peter Maffay, das zwar als Dauer-Erfolgsstück wie der Bochumer „Starlight-Express“ geplant war, aber nur zwei Jahre durchhielt. Die verwaiste Immobilie versuchen nun die Makler von „Ruhrwert Immobilien“ an die Frau zu bringen, haben aber trotz allen Eifers bisher noch keinen handfesten Verkaufsvertrag hervorgebracht.
Stadt Oberhausen will langweilige Büro-Immobilie verhindern
Das ist schließlich kein einfaches Unterfangen. Die Stadt Oberhausen wehrt sich mit allen rechtlichen Mitteln, dass ein Investor das attraktive Grundstück gegenüber dem Centro, das jährlich 16 bis 20 Millionen Besucher anzieht, erwirbt und einfach abreißt – etwa für eine langweilige Büro-Immobilie. Das schmälert schon einmal den Reigen der Interessenten. Schließlich setzt Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) nicht ohne Grund auch in Zukunft auf das Image Oberhausens als heimliche „Freizeit- und Festival-Hauptstadt“ der Region und beschreibt die Neue Mitte in seinen Reden immer mit dem Superlativ „Größtes Urban Entertainment Center Europas“. Da passt eine neue Live-Musik-Stätte besser hin als nüchterne Arbeitsräume.
Deshalb dringt der Stadtrat in einem Aufstellungsbeschluss eines neuen Bebauungsplanes für das knapp 13.000 Quadratmeter große Grundstück darauf, dass die Immobilie am Musikweg nicht abgerissen, sondern als Konzerthaus weiter genutzt wird. In dem Papier heißt es: „Mit dem Bebauungsplan sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, um das Areal langfristig zur Aufführung von Bühnendarstellungen (z. B. Theater, Musicaltheater, Tanzbühne) planungsrechtlich zu sichern.“ Ein regelmäßiger Theaterbetrieb sei wichtig für „die Attraktivität Oberhausens und das Image als Städtereiseziel“ – sowie die Auslastung der Hotels. Geschätzt 50.000 Übernachtungen im Jahr gingen Oberhausen durch das Musical-Aus verloren.
Stadt Oberhausen: „Starkes Signal an Verkäufer und Käufer der Immobilie“
Rechtlich gesehen zieht der Aufstellungsbeschluss noch nicht, erst in anderthalb bis zwei Jahren erreicht der Bebauungsplan Rechtskraft. Doch Stadtverantwortliche halten diesen Beschluss für „ein starkes Signal an den Verkäufer der Immobilie als auch an den potenziellen Käufer“. Trotz dieser Hürden haben sich nach Angaben von kundigen Machern der Stadt bereits erfolgversprechende, potente Interessenten gemeldet, die das Gebäude kaufen wollen, um es für Live-Musik zu nutzen.
Eine dieser Ideen ist, dass sich der weltweit tätige französische Immobilienkonzern Unibail-Rodamco-Westfield, dem das Centro, die Kinos und die Weber-Arena gehört, das Areal mit dem Metronom-Theater sichert – und dann weiter vermietet. An einen Spezialisten für Live-Entertainment. Das würde zur Strategie des Unternehmens in der veränderten stationären Einkaufswelt passen: Selbst Shopping-Zentren haben es nach Experten-Einschätzungen in Zukunft gegenüber den Online-Angeboten schwer, wenn sie nicht das Einkaufen zum Happening, zum Erlebnis machen, also etwas Besonderes bieten. Warenverkauf garniert mit Kino-, Konzert-, Park- oder Musicalbesuch.
Stage Entertainment, die in Hamburg, Stuttgart, München und Berlin Musicals aufführen, hatte sich bisher allerdings dagegen gewehrt, ihr Musical-Haus in Oberhausen an einen direkten Konkurrenten in diesem Bereich zu verkaufen – und würde es wohl lieber sehen, wenn dort eher etwas Langweiligeres passiert als eine Top-Attraktion der Unterhaltungsbranche. Denn am liebsten sehen es die Stage-Manager, wenn Ruhrgebietler künftig weiter ins ferne Hamburg fahren, um dort Musicals anzuschauen, als in ihrer Nähe zu einem Wettbewerber auf dem engen Musical-Fan-Markt. Doch im dritten Corona-Jahr soll die Haltung der Hamburger Manager dazu nicht mehr so hart sein.