Oberhausen. Für einsame Patienten sind sie wie Rettungsanker: Die Grünen Damen und Herren am Evangelischen Krankenhaus in Oberhausen suchen Verstärkung.
Sie tragen hellgrüne Kittel und sind eine muntere Truppe: die Grünen Damen und Herren im Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO). Wo sie auftauchen, lächeln die Patienten. Damit das so bleibt, suchen die 24 Ehrenamtlichen jetzt dringend neue Helferinnen und Helfer. Ihre Aufgabe ist schnell beschrieben: Sie bringen neue Hoffnung in die Krankenzimmer.
Als Helmut Cassel (71) vor Jahren selbst als Patient im EKO lag, half ihm eine Grüne Dame dabei, sich zurechtzufinden. Für den Oberhausener war dies das Schlüsselerlebnis. „Kaum war ich in Rente, stand ich hier vor der Krankenhaus-Tür und verblüffte den Pförtner mit meinem Anliegen.“ Denn Cassel sagte damals: „Ich will ein grüner Mann werden!“ Der Pförtner nahm es mit Humor und Cassel gelangte sicher an sein Ziel. Seit mehr als acht Jahren ist er nun dabei. „Und ich will keinen einzigen Tag missen.“
Oberflächlich betrachtet hilft Helmut Cassel – ebenso wie seine beiden Kolleginnen Ingeborg Stargardt (67) und Claudia Petersen-Schubert (67) – neuen Patientinnen und Patienten dabei, den richtigen Weg zu Untersuchungen zu finden, übernimmt kleinere Einkäufe, unterstützt beim Ausfüllen von Papieren oder bei der Anmeldung des Telefons. Doch eigentlich leisten die Grünen Damen und Herren viel mehr als das.
Begegnungen mit unvergesslichen Menschen
Nie wird Helmut Cassel diesen Tag vergessen, als die schwerkranke Patientin, die er bereits seit Wochen besuchte, verstarb. Sie war allein. „So wie mittlerweile immer mehr kranke Menschen, die hier bei uns liegen“, ergänzt Ingeborg Stargardt. Helmut Cassel setzte sich an das Bett der Sterbenden. Bis dahin sei die Patientin trotz der vielen Schmerzmittel so angespannt gewesen, hatten die Krankenschwestern ihm noch anvertraut. Doch als Cassel neben ihr saß, öffnete sie kurz ihre Augen, blickte ihn an, ergriff fest seine Hand und wurde immer ruhiger. „Sie war nicht alleine, als sie starb – in diesem Moment spürte ich ihre tiefe Dankbarkeit“, erzählt Cassel.
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Einsamkeit und Hilflosigkeit kannte sicherlich auch die Patientin, die Claudia Petersen-Schubert bis heute so lebendig in Erinnerung blieb. „Eine Holocaust-Überlebende, die alleine in ihre alte Heimat nach Deutschland zurückgekehrt war“, sagt die 67-Jährige. Eines der Kinder lebte in Israel, eines in England. „Sie erzählte mir so viel aus ihrem Leben.“ Für Claudia Petersen-Schubert war dies gelebte Geschichte. Die alte Dame wurde gesund entlassen, die Oberhausenerin blieb zurück und fühlte sich reich beschenkt.
Doch nicht nur die erwachsenen Kranken benötigen Hilfe, auch die ganz kleinen brauchen ein wenig Unterstützung. „Wir sind auch auf der Frühchen-Station im Einsatz“, erzählt Ingeborg Stargardt. Denn nicht immer können die Eltern sich so kümmern, wie sie es gerne möchten. „Dann springen wir ein, eine oder einer von uns ist jeweils für ein bestimmtes Kind zuständig.“ Die Ehrenamtlichen singen vor, nehmen den Winzling in den Arm, erzählen Geschichten, geben Wärme und Geborgenheit.
Jede Menge Luft für 25 weitere Helferinnen und Helfer
Die Corona-Pandemie führt im EKO noch immer zu stark eingeschränkten Besuchszeiten (täglich zwischen 14 und 17 Uhr jeweils ein Besucher pro Patient für höchstens 30 Minuten). Auch deshalb sind die Grünen Damen und Herren aktuell so gefragt. „Schön wäre es, wenn wir noch mehr Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund begeistern könnten“, hofft Ingeborg Stargardt. Eine Kollegin mit türkischen Wurzeln hätten sie bereits. „Sie ist eine echte Bereicherung und eine tolle Hilfe für unsere türkischen Patientinnen und Patienten“, sind sich die drei einig.
Obgleich die Grünen Damen und Herren der Evangelischen Krankenhaus-Seelsorge angegliedert sind, gibt es keine besonderen Voraussetzungen, um mitzumachen. „Alle bis zum 80. Lebensjahr sind willkommen“, versichert denn auch die evangelische Krankenhaus-Seelsorgerin Ulrike Radix sofort. Einmal wöchentlich von 8.30 bis zirka 12.30 Uhr sind die Ehrenamtler im Einsatz. „Wir könnten gut und gerne aber noch einmal 25 zusätzliche Helferinnen und Helfer gebrauchen, die vielleicht auch bereit wären, an den Nachmittagen zu kommen“, hofft Radix nun. Denn eines steht fest: Nie war diese Hilfe wertvoller als heute.