Oberhausen. Der Ernährungstrend „Barfen“ ist bei Tierhaltern im Trend. Ein Oberhausener Laden hat sich darauf spezialisiert – und warnt vor Risiken.
Der kleine Laden an der Pilgerstraße 5 in Oberhausen-Sterkrade wirkt auf den ersten Blick wie ein Supermarkt: Große Kühltruhen mit gefrorenen Rindfleischstückchen, Plastikbeuteln mit der Aufschrift „Lamm-Menü. Das Beste vom Lamm“ und Frozen Yogurt-Bechern stehen neben Regalen gefüllt mit Käse-Crunchies, Süßkartoffel-Keksen und Kokos-Rigatoni. Allerdings sind die hier angebotenen Produkte nicht für den Menschen, sondern für Hunde und Katzen gedacht – das wird Kunden spätestens beim Blick auf einen kleinen Stand mit getrockneten Hasenohren und Straußensehnen bewusst.
Rohfütterung: Portionen werden individuell zusammengestellt
Seit 2011 führt Christiane Bömke den „Kleinen Barfladen“ in Oberhausen. Barfen – das steht für „biologisch-artgerechte Rohfütterung“, bei der Ernährung des Tieres wird hier nicht auf Fertigfutter aus der Dose zurückgegriffen. Vielmehr stellen Hunde- und Katzenhalter die Mahlzeiten für ihre Tiere aus frischem oder tiefgekühltem Fleisch, Innereien und Knochen zusammen, ergänzt durch Obst und Gemüse, die Rationen werden roh verfüttert. Befürworter dieser Ernährungsform sind überzeugt, dass diese Fütterungsform artgerechter für das Tier ist und individuell auf Allergien und Unverträglichkeiten des Tieres eingegangen werden kann.
Bömke fing 2009 an, sich mit dem Thema „Hundeernährung“ zu befassen, da ihr eigener Hund Verdauungsprobleme beim Verzehr von Fertigfutter hatte. „Ein großer Vorteil ist, dass beim Barfen keine Konservierungsstoffe zum Einsatz kommen. Allerdings muss man sich wirklich intensiv mit dieser Ernährungsform befassen, Einsteiger sollten sich erstmal ausreichend durch Bücher, Tierärzte oder Ernährungsberater für Tiere informieren“, erklärt Bömke.
Risiko: Unter- oder Überversorgung mit Nährstoffen
Auch die Bundestierärztekammer warnt davor, dem Haustier unüberlegt Hähnchenfleisch, einen Knochen und dazu Gemüse vorzusetzen. So müsse der unterschiedliche Nährstoffgehalt der Futtermittel berücksichtigt werden. „Der Energie- und Nährstoffbedarf eines Hundes ist abhängig von seinem Alter, dem allgemeinen Gesundheitsstatus, der körperlichen Belastung und anderen Faktoren. Passt die Zusammenstellung des Futters nicht, besteht die Gefahr einer Unter- oder Überversorgung“, warnt Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer.
Auch Christiane Bömke ist sich der Risiken einer Mangelernährung bewusst. Ihr falle auf, dass viele Tierhalter die Ernährung der Vierbeiner vermenschlichen und zu magerem Pferdefleisch greifen, statt zu fetthaltigerem Fleisch. Dabei sei allerdings die Gefahr groß, das Tier zu energiearm zu füttern. Unverzichtbar sei zudem das Füttern von Innereien, da beispielsweise Leber viele wichtige Vitamine enthalte. Bömke fährt fort: „Man sollte immer abwechslungsreich füttern und auf zwei bis drei unterschiedliche Proteinquellen zurückgreifen. Ich empfehle auch einmal die Woche eine Fütterung von Fisch, um den Vitamin D-Bedarf zu decken.
Sorgfältige Küchenhygiene ist unverzichtbar
Sobald das rohe Fleisch, welches beim Barfen verfüttert wird, mit Sauerstoff in Verbindung kommt, können sich schnell Bakterien und Keime entwickeln. Während Tiere dank ihrer resistenten Magensäure wenig empfindlich darauf reagieren, können die Bakterien für Menschen gefährlich werden, sobald keine strenge Küchenhygiene eingehalten wird. Auch eine Salmonellengefahr besteht.
Aus diesem Grund sollten benutze Schneidebretter, Messer und Näpfe sorgfältig gereinigt werden und die Hände nach der Zubereitung gründlich gewaschen werden. Idealerweise werden die benutzten Flächen in der Küche desinfiziert.
Isst das Haustier eine Portion nicht auf, sollte der Napf zudem nicht stundenlang stehen gelassen werden.
Obwohl „barfen“ mehr Aufwand mit sich bringt, als eine Dose Fertigfutter zu öffnen, ist Christiane Bömke froh, sich für diese Ernährungsform entschieden zu haben. Sobald man einmal im Thema drin sei, laufe das wie von selbst. Besonders bei allergiegeplagten Hunderassen wie beispielsweise der Französischen Bulldogge könne Barfen zu einer besseren Lebensqualität des Tieres führen – „für jeden Hund ist das allerdings nichts“, ergänzt sie.
Vegetarische Tierkost: „Ich habe einen Hund und keinen Hamster“
Dem seit einigen Jahren aufkommenden Trend, seine Haustiere vegetarisch zu ernähren, steht die Hundehalterin kritisch gegenüber. Das sei zwar möglich, müsse jedoch genaustens von einem Tierernährungsberater berechnet werden. Sie selbst ist Vegetarierin, könnte sich diese Form der Ernährung für ihre Haustiere allerdings nicht vorstellen: „Ich wäre die erste, die ihren Hund vegetarisch ernähren würde, wenn es denn artgerecht wäre. Aber ich habe einen Hund und keinen Hamster.“