Oberhausen. Für zwei Wochen ist der „Circus Verona“ in Oberhausen zu Gast – mit dabei sind 23 Tiere. Was die Artisten zur Kritik von Tierschützern sagen.
Blaue Zelte sind am Max-Planck-Ring 68 in Oberhausen aufgebaut, ringsherum stehen Kamele und Lamas auf der Wiese und kauen träge vor sich hin. Unter der Zeltplane steht eine Ziege auf einem Stahltreppchen und beobachtet von ihrem Podest aus neugierig die Umgebung. Der „Circus Verona“ bietet in Oberhausen noch bis zum Sonntag, 4. September 2022 zahlreiche Vorstellungen an. Vor Ort sind auch 23 Tiere, die als Teil der Show kleinere Kunststücke aufführen. Immer noch Tiere im Zirkus? Tierschützer lehnen schon seit langem den Einsatz von Tieren zur Volksbelustigung als nicht artgerecht und als „reine Tierquälerei“ strikt ab. Wir haben deshalb das Zirkusteam zur solcher Kritik befragt.
Artistin: „Zirkustiere sind unsere Familienmitglieder“
Denn der öffentliche Druck durch Tierschützer auf Zirkusunternehmen mit Tieren in der Manege wächst seit Jahren: Immer mehr Zirkusse führen deshalb ihre Shows ohne Tiere auf. Für Artistin Jessica Tränkler ist ein Zirkusleben ohne Tiere allerdings nicht vorstellbar. Zwei Lamas, zwei Kamele, zwei Ziegen, zehn Ponys, drei Pferde und vier Hunde gehören zu ihrem Alltag, nicht nur während der Zirkusshows, sondern 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Mit einigen der Tiere ist Tränkler selbst groß geworden, andere gehören erst seit kurzem zur Zirkusfamilie und befinden sich noch „in der Ausbildung“.
Die drei einjährigen Falabella-Ponys werden derzeit schrittweise an das Zirkusleben gewöhnt. Tränkler führt aus: „Wir fangen an mit kleinen Übungen, beispielsweise im Kreis zu laufen oder zu galoppieren. Später lernen die Ponys dann, auf ein Podest zu steigen oder eine Pirouette zu machen.“ Wichtig ist ihr, dass alle Tiere nur natürliche Übungen trainieren, die sie dann später in der Manege vorführen.
Dennoch gibt es viel Kritik an der Haltung von Zirkustieren. Während es derzeit in Deutschland kein Gesetz gibt, dass die Tierhaltung im Zirkus grundsätzlich verbietet, fordern Tierschützer dringend schärfere Mindestanforderungen bei der Tierhaltung. Die Tierrechtsorganisation Peta kritisiert insbesondere zwei Dinge: Die oft viel zu kleinen Käfige oder Transportboxen, in denen die Tiere leben, sowie brutale Trainingsmethoden, mit denen Zirkustiere zur Aufführung von Kunststücken getrieben werden.
Training mit Zirkustieren: Wir würden unsere Tiere niemals bestrafen
Im „Circus Verona“ ist man offen für diese Kritik. Man möchte transparent vermitteln, dass es zwar „immer schwarze Schafe in jeder Branche gibt“, es den Tieren im Circus Verona allerdings gut geht. „Wir würden unsere Tiere niemals bestrafen, ganz im Gegenteil. Beim Training belohnen wir die Tiere nach den Übungen mit Leckerlis. Es ist auch nicht schlimm, wenn beispielsweise ein Pony die Übung nicht versteht. Es ist uns sehr wichtig, Vertrauen aufzubauen“, meint Tränkler. Auch auf eine artgerechte Haltung werde geachtet, die rechtlich vorgegebenen Mindeststandards werden im Circus Verona nicht nur eingehalten, sondern übertroffen.
Ob sich ein Zirkus tatsächlich an die tierschutzrechtlichen Vorgaben hält, überprüft in jeder Stadt das Veterinäramt. Bei einem unangekündigten Besuch wird unter anderem untersucht, ob die Tiere geimpft und gechipt sind, in welchem Zustand sich die Vierbeiner befinden, wie viel Platz die Tiere einnehmen können und ob genügend Futter und Wasser bereitsteht. Am Donnerstagmorgen kontrollierte das Oberhausener Veterinäramt wie üblich den Zirkus. Dabei stellten die städtischen Fachleute fest, dass alle tierschutzrechtlichen Vorgaben erfüllt sind. Damit spricht vonseiten der Stadt Oberhausen rechtlich nichts gegen das „Zurschaustellen der Tiere“.
Tiere müssen sich erst an laute Geräusche gewöhnen
Allerdings herrscht selbst bei einer artgerechten Haltung, insbesondere während der Aufführungen im Zirkuszelt, eine laute Geräuschkulisse mit vielen Lichteffekten – auch dies wird unter anderem vom Tierschutzbund scharf kritisiert. So sind Pferde Fluchttiere, die schnell unter Reizüberflutung leiden. „Alles eine Frage des Trainings“, meint Jessica Tränkler. Sie vergleicht die Gewöhnung der Zirkustiere an laute Geräusche mit der Ausbildung von Polizeipferden, die ebenfalls darauf trainiert werden, bei einem Knall ruhig zu bleiben.
„Dadurch, dass die Tiere die Geräusche kennen, setzen wir sie keiner Stresssituation aus. Zudem gibt es genügend Ruhephasen, in denen die Tiere ausreichend entspannen können“, meint die Artistin, während neben ihr ein kleines Fallabella-Pony vor sich hin döst. Für ein bis zwei Lieder werden die Ponys während der Show ins Programm eingebunden. Nach der Vorstellung dürfen die Kinder sie streicheln und die größeren Ponys reiten – was ebenfalls von Tierschutzorganisationen scharf kritisiert wird und auf einigen Volksfesten bereits verboten wurde.
Und was passiert mit den Zirkustieren, wenn sie irgendwann zu alt für die Manege sind? „Dann kommen sie auf einen Gnadenhof, wo sie in aller Ruhe den Rest ihres Lebens verbringen dürfen“, verrät Tränkler.