Oberhausen. Die Stoag möchte das Angebot für Fahrgäste in Oberhausen deutlich verbessern: kürzere Takte, billigere Tickets. Doch das kostet Millionen extra.
Statt alle 20 Minuten sollen Stoag-Busse künftig alle 15 Minuten fahren, Außenrandbezirke der Revierstädte sollen mit Schnellbuslinien ähnlich wie seit kurzem die XBus-Linie 42 (Oberhausen Hbf mit Kirchhellen) verbunden werden, abends und frühmorgens können Bürger sich ihren Bus zu ihrem aktuellen Standort lotsen – wenn Stoag-Geschäftsführer Werner Overkamp Geld hätte, würde er zum einen das Ticketsystem vereinfachen und verbilligen, zum anderen das Angebot für die Bürger in der Stadt erhöhen.
„Die Klimaschutzziele sind nur mit einem deutlich verbesserten Leistungsangebot des öffentlichen Nahverkehrs zu erreichen. Wir müssen es schaffen, dass viel mehr Menschen ihr Auto stehen lassen oder sogar ganz auf einen Wagen verzichten“, sagt Overkamp, der auch Vizepräsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ist. Dabei sieht er den Bund in der Pflicht, Milliarden Euro zusätzlich ins Nahverkehrsangebot zu stecken – wie es auch der Ampel-Koalitionsvertrag vorsieht. „Die Länder und Kommunen alleine schaffen dies nicht, erst recht nicht bei den explodierenden Energiekosten.“
Negativrekord an Fahrgästen bei der Stoag im zweiten Pandemiejahr
Und damit wären wir bei dem Geld, das mit vielen, vielen Millionen-Beträgen bereits jetzt schon fehlt, um die Fahrkilometer der Busse und Straßenbahnen in Oberhausen aufrecht zu erhalten. Und wir sind bei der seit Jahren sinkenden Zahl an Fahrgästen: 2007 fuhren noch über 40 Millionen Oberhausenerinnen und Oberhausener mit der Stoag, 2012 waren es 38 Millionen, 2019 nur noch 34,5 Millionen und pandemie-bedingt folgte die Schreckensbilanz 2021: Gerade einmal 26 Millionen Bürger fuhren die Busfahrer durch die Gegend, ansonsten viel heiße Luft – Negativrekord.
Trotz des stark abgeflauten Erschreckens über die Pandemie, trotz hoher Spritpreise, trotz des 9-Euro-Tickets, trotz heißer Klima-Sommer: Die Stoag erreicht in diesem Jahr gerade mal 95 Prozent des Passagieraufkommens des Jahres 2019. Von einem echten Boom des öffentlichen Nahverkehrs kann in Oberhausen bisher also nicht die Rede sein.
Und so sieht auch die Jahresbilanz der Stoag aus: 25 Millionen Euro beträgt eigentlich das Defizit dieses Jahres. Zum Glück gleicht der Bund mit fast sechs Millionen Euro die Pandemie-Einnahmeverluste durch fehlende Ticketeinnahmen aus – dies reduziert das Defizit auf 18,5 Millionen Euro. Es sinkt weiter, weil die Stoag als Holding wichtiger Töchter der Stadt Oberhausen deren Gewinne steuerbegünstigt in den Nahverkehr steckt – und zwar über zehn Millionen Euro im Jahre 2021. Verbleibt also eine echte Ergebnislücke von 8,3 Millionen Euro, für die die Stadt wie immer aufkommen muss. Das ist bei Jahresausgaben der Stadt Oberhausen von 900 Millionen Euro keine Kleinigkeit.
Zukünftig wird dieser notwendige Defizit-Ausgleich durch die Stadtkasse nach Ansicht von Overkamp noch weiter steigen: Zu schnell gehen die Kosten für Diesel und Strom durch die Decke, dazu kommen Personalkosten und Investitionen in Brückensanierungen und Bus-Käufe. So muss die Stoag je Elektrobus zwischen 500.000 und 550.000 Euro locker machen – ein Dieselbus käme mit 220.000 Euro nur halb so teuer. Zum Glück gleichen Land und Bund die Mehrinvestitionen zu 80 Prozent mit Fördergeld aus. Bisher kurvt die Stoag mit nur fünf Strom-Bussen durch die Gegend, ab Jahresende kommen 15 E-Busse hinzu.
Starker Kostensprung von Diesel und Strom
Kopfschmerzen bereitet dem Stoag-Geschäftsführer der Kostensprung bei der Antriebsenergie Strom und Diesel: Im nächsten Jahr wird die Stoag dafür sechs Millionen Euro im Jahr ausgeben müssen, 2019 waren es mit 3,7 Millionen Euro deutlich weniger. Seine Befürchtung: „Oberhausen wird nicht mehr mit einem üblichen Zuschuss für die Stoag zwischen zehn und zwölf Millionen Euro im Jahr auskommen.“
Mit anderen Worten: Wenn der Bund nicht Geld liefert, wird das mit der Verkehrswende nichts, bei der bis 2030 zum Schutz des Klimas 55 Prozent der Treibhausgase eingespart werden sollen – im Vergleich zu 1990. Neben den Zuschüssen für eine Angebotserweiterung vor alllem auch im ländlichen Raum schlägt Overkamp als VDV-Verbandsvize zudem vor, ein einfaches und günstigeres Monatsticket für 69 Euro einzuführen. Damit soll man wie mit dem 9-Euro-Ticket bundesweit in allen Verkehrsverbünden und Regionalzügen fahren können.
„In Oberhausen haben wir in den drei Monaten insgesamt 90.000 9-Euro-Tickets verkauft. Dieser Erfolg zeigt, dass die Bürger die Einfachheit, die Transparenz und die starke Vergünstigung schätzen.“ Weil aber der Ausbau des Nahverkehrsangebots viel Geld verschlingt, will Overkamp nicht mehr den Ticketpreis so stark heruntersubventionieren lassen. „Die Leute sind ja auch bereit, für eine entsprechende Leistung zu zahlen. Von 69 Euro würden viele heutige Ticket2000-Abonnenten profitieren.“