Oberhausen. Im Bero-Zentrum in Oberhausen traten etliche Bewerber für bekannte RTL-Sendungen vor die Kamera. Einzelne reisten dafür sogar aus Bayern an.
Dieter Bohlen steht im Bero-Zentrum. Die Sonnenbrille sitzt im Gesicht. Die Arme stecken locker versenkt in den Hosentaschen. Das Grinsen des Ober-Aussuchers bei der RTL-Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) ist unverkennbar. Und doch muss sich der Jury-Dino in Oberhausen keine Sorgen über aufdringliche Selfie-Jäger machen. Der Mann ist aus Pappe!
Es handelt sich am Samstagmittag um eine lebensgroße Aufsteller-Figur des Entertainers, die in der Eingangshalle des Einkaufszentrums abhängt. Etliche Menschen drumherum wirken eher konzentriert bis nervös statt hysterisch erfreut.
Casting in Oberhausen: Viele Kandidaten wollen zu DSDS
Kein Wunder, schließlich hat die Produktionsfirma Ufa hier fünf Stunden lang zum offenen Casting geladen. Trotz schweißtreibender Temperaturen machen mehr als 100 Kandidaten mit. Aufkleber mit Filzstift-Nummern kleben an ihrer Kleidung. Fast wie im Fernsehen - nur diesmal neben Döner-Imbiss, Elektro-Handel und Bekleidungsgeschäft.
Haben sie nicht Angst, sich mit zu wenig Talent eher zum Gag-Feuerwerk bei Bekannten zu machen? Zwei wartende junge Mädel haben keine Zweifel. „Ne, ne! Jeder kann doch selbst entscheiden, ob er mitmacht. Wir versuchen es heute aus purem Spaß."
„Dieter Bohlen zieht“, sagt Otto Nitschke. „Seit er wieder dabei ist, steigen die Anmeldezahlen.“ Der Mann mit dem angesteckten Mikrofon ist professioneller Caster, also dafür zuständig, den möglichen Kandidaten auf den Zahn zu fühlen, aber auch verborgene Talente zu entfesseln. Viele fragen nach der Musik-Show „DSDS“, aber auch Kleindarsteller für „Unter uns“ oder Komparsen für „Alles, was zählt“ werden gesucht.
Gerade singt ein junges Mädchen, während zwei grelle Scheinwerfer vor der Logo-Wand das Schwitz-Wetter noch anheizen. Nebenan lächelt ein älterer Herr vor dem Fotografen. Wer im Bero-Zentrum dabei ist, landet aber nicht automatisch in der Sendung, sondern mit einer Sedcard zunächst in einer Online-Kartei. Es ist eine Vorauswahl.
Casting in Oberhausen: Laien-Darsteller, Artisten und Show-Kandidaten
Auf diese können Produzenten und Caster verschiedener Shows und Serien zugreifen. Wird ein bestimmtes Profil benötigt, etwa eine Frau im mittleren Alter mit roten Haaren, die beim Dreh einer Seifenoper am Bar-Tresen sitzt, können die Macher per Stichwortsuche auswählen.
Wie hoch eine Vergütung für Laien-Darsteller ist, richtet sich nach der Art der Sendung. Beispiel: Für eine kleine DSDS-Komparsenrolle schreibt die Ufa im Internet derzeit 10,50 Euro pro Stunde aus. Bei mindestens 42 Euro pro Buchung und 25 Euro extra, wenn ein geeignetes Auto mit zum Dreh gebracht wird. Diese Suche beschränkt sich allerdings nur auf Personen aus Berlin und Brandenburg.
„Meine Aufgabe ist es, den Kandidaten zunächst die Aufregung zu nehmen“, sagt Caster Otto Nitschke. Small-Talk und eine beruhigende Ansprache könnten Wunder bewirken. „Meistens setzt die Aufregung ein, wenn die Teilnehmer vor die Kamera sollen.“
Joel Kiel hat seinen Auftritt gerade gemeistert - mit nur elf Jahren. „Mir gefällt die Schauspielerei - ich wollte das unbedingt ausprobieren.“ Dafür ist er mit Oma Paggi und Tante Annalena fünfeinhalb Stunden mit dem Auto gefahren. Alle stammen aus der bayrischen Stadt Hof nahe der tschechischen Grenze. Sie haben sich eine kleine Ferienwohnung in Mülheim gemietet und bleiben das Wochenende im Revier. „Der Rhein, das Centro… - wir verbinden das mit etwas Sightseeing!“
Casting in Oberhausen: Beim Schauspiel-Auftritt fließt eine Träne
Und? Wie war's? „Es hat mir gefallen, obwohl ich schon nervös war“, sagt Joel. Dabei war seine Aufgabe schwer. Joel musste beim Casting eine Situation improvisieren, in der sich seine Rollenfigur vom im Koma liegenden Großvater verabschiedet.
Sogar eine Träne sei dabei geflossen. „Viele Zuschauer haben mir hier erzählt, dass sie beim Zusehen eine Gänsehaut bekommen hätten“, sagt die Oma nach dem Casting-Auftritt stolz. Joel hofft auf eine Rolle in der TV-Seifenoper „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ (GZSZ). Die bekannte RTL-Vorabend-Serie verfolgt junge Laien-Darsteller regelmäßig.
Caster Otto Nitschke steckt unterdessen schon wieder bei einem anderen Kandidaten. Der Ufa-Mann mimt bei einem Streitgespräch den Gegenpart. Und verteilt Tipps. „Es geht darum, wie man eine Rolle nicht nur spielen, sondern ausmalen kann.“
Zwei Freunde werben um eine Frau. Der verschollene Bruder tritt nach Jahren wieder ins Leben der Familie. Sie spielen Situationen, die aus dem Seifenoper-Alltag stammen. Je ungewöhnlicher, desto besser. Komfort-Zonen gibt es auch für Komparsen nicht.
>>> RTL oder Sat 1: Casting-Tournee quer durch Deutschland
Die Casting-Tour der Produktionsfirma Ufa führt quer durch Deutschland. In Oberhausen machte die Vorauswahl für Kandidaten, Komparsen, Artisten und Kleindarsteller zum ersten Mal Station. Häufig castet die TV-Firma auch im Internet: www.ufa-base.de
Die Ufa sucht oft Talente für RTL-Formate - aber auch für andere Sender und Sendungen wie „Lenßen übernimmt“ von Sat1. Dabei hält die Film-Firma nach konkreten Profilen Ausschau: Das sind zum Beispiel Menschen aus medizinischen Berufen oder Polizisten, die später eine entsprechende Rolle verkörpern.