Oberhausen. Radfahrer beklagt falsche Zeiten auf den Verkehrsinfotafeln in Oberhausen. Stadt erläutert auf Nachfrage Kosten und Nutzen.
Wenn es nur so einfach wäre: Kurzer Blick hoch zur Leuchttafel, 20 Minuten mit dem Rad nach Sterkrade – der Termin klappt, alles gut. Thomas Mäurer allerdings weiß von anderen Erfahrungen zu berichten. Der Gelsenkirchener fährt oft mit seinem Rad durch seine alte Heimat Oberhausen. In Mülheim-Styrum hat er einen Schrebergarten. An der Kreuzung Landwehr/Mülheimer Straße begegnet er der „Verkehrsführungstafel“. Nur wirklich führen kann sie ihn nicht.
Die Fahrzeit mit dem Rad nach Sterkrade wird mit 20 Minuten angegeben. „Ziemlich unmöglich“, schreibt er in einer Mail an diese Redaktion. „Alleine weil die Wartezeit an den zahlreichen Ampeln auf der rund acht Kilometer langen Strecke kaum unter einer Viertelstunde beträgt.“ Die Zeit für den ÖPNV sei ebenfalls „sehr fantastisch“. 18 Minuten beträgt die reine Fahrzeit angeblich ab dieser Kreuzung. Allerdings sei er bei seiner abendlichen Fahrt mit dem Auto auf der Strecke keiner einzigen Straßenbahn begegnet.
Überhaupt das Auto: Wenn die Feuerwehr an der Mülheimer Straße ausrücke, müsste man schon mal 15 Minuten warten, meint Mäurer. Die Stadt hingegen behauptet, die maximale Wartezeit in diesem Bereich habe bei 4 Minuten gelegen.
Der passionierte Radfahrer ist jedoch nicht der Einzige, der Fragezeichen statt Erleuchtungen im Kopf hat. Auch FDP-Politiker Marc Hoff hat Fragen und bringt sie in Form einer Kleinen Anfrage in den Rat ein.
Nun könnte man meinen, es gebe wichtigere Probleme: Der Krieg, das Virus oder auch die Energiekrise. Allerdings gibt es ja noch den Alltag. Und da können falsche Informationen schonmal ziemlich wurmen.
Deshalb haben wir bei der Stadt nachgefragt.
Infotafeln dienen der Verkehrssteuerung
Pressesprecher Frank Helling kann schnell Auskunft geben. Er ruft aber auch noch mal an, um eins vorwegzuschicken: Die Infotafeln sollen Rad- und Autofahrern nicht nur den Alltag leichter machen. Sie dienen auch der allgemeinen Kommunikation. Wie in anderen Städten können über die Infotafeln Meldungen über Staus und Unfälle gegeben werden – oder über Impfzentren in der Stadt. Die meisten Zeit würden die Tafeln auf Baustellen hinweisen, so die Stadt.
Für das Projekt waren 2020 mehr als zwei Millionen Euro Kosten veranschlagt worden. Immerhin 70 Prozent übernahm das Bundesverkehrsministerium. Die Stadt beziffert die Kosten auf 1,8 Millionen Euro. Darin enthalten seien aber nicht nur die Tafeln selbst, sondern auch die Technik. Eine Tafel würde pro Stück 90.000 Euro kosten.
Fahrzeiten reagieren nicht auf Veränderungen
An den Feinheiten muss die Stadt jedoch noch arbeiten. „Aktuell ist die Anzeige der Fahrzeiten noch statisch“, sagt Frank Helling. Die Zeiten habe die Stadt mit einem eigenen Berechnungssystem ermittelt. Dieses nutzt 60 Erfassungsstellen im Stadtgebiet.
Auf spontane Veränderungen im Berufsverkehr und zu Stoßzeiten kann die Technik allerdings noch gar nicht reagieren. „Künftig ist eine dynamische Darstellung der Fahrzeiten geplant. Die Darstellungen werden aktuell erhoben und auf Genauigkeit geprüft und die Messeinrichtungen kalibriert“, gibt Helling an. Könnte also sein, dass eines fernen Tages weniger Lenkräder von wütenden Autofahrern zernagt werden. Weil sie dank der Infotafeln zumindest das Wissen haben, wie lange es wohl noch dauert, vorwärtszukommen.
Eine Sorge von Thomas Mäurer kann die Stadt womöglich nehmen. „Vor dem Hintergrund der allgemeinen Diskussionen über Lichtverschmutzung und Energieknappheit halte ich derartige Leuchttafeln, noch dazu mit solchen Fake-Informationen, für äußerst überflüssig und verzichtbar“, schreibt der frühere Oberhausener.
Stromkosten von 250 Euro im Jahr
Viel Strom fressen die Tafeln allerdings nicht. Aktuell entstehen nach Angaben der Stadt je nach Modell Stromkosten von 250 Euro. Aufgrund der Größe und des allgemeinen Nutzens für viele Verkehrsteilnehmer scheint das ein vertretbarer Preis zu sein. „Die IT-Infrastruktur sowie die Sensoren sind durch die Signaltechnik vorhanden, da die Infotafeln über die jeweils nächste lichtsignalgeregelte Kreuzung angeschlossen sind. Aus diesem Grund entstehen hierfür keine zusätzlichen Kosten.“
Noch besser wäre natürlich, wenn sie auch noch die korrekte Zeit anzeigen würden. Aber von einer perfekten Welt sind wir weit entfernt.