Oberhausen. In Göttingen dürfen Frauen nun auch ohne Bikini-Oberteil ins Schwimmbecken – testweise. Das sagen die Oberhausener Badbetreiber zu der Idee.

Oben ohne im Freibad – für Männer ist dies Normalität. Bei Frauen hingegen wird der nackte Oberkörper in der Öffentlichkeit oft als schambehaftet angesehen. In Göttingen soll sich das nun ändern. Dort dürfen nun am Wochenende auch Frauen ohne Bikini-Oberteil ins Wasser. Das „Experiment“ läuft bis Ende August. Wäre das auch etwas für Oberhausen?

Im Aquapark nahe dem Centro wurde diese Option noch nicht diskutiert. Laut Betreiber Jens Vatheuer schreibt die Haus- und Badeordnung des Aquaparks vor, dass der Schambereich bedeckt sein müsse. Und dazu zähle auch die Brust der Frau. „Wenn jemand oben ohne auf der Wiese liegt, wird das aber nicht angemahnt“, gibt Vatheuer an. „Da rennt jetzt keiner wie ein Sheriff hinterher und sagt: Zieh dir was an!“

Vor 30 oder 40 Jahren war Oben-ohne-Baden auch bei Frauen ganz üblich

Sollte die Oben-ohne-Regel irgendwann für Oberhausen ins Gespräch kommen, könnten einige Eltern die nackten Frauenoberkörper womöglich „anzüglich“ finden, spekuliert er. Kinder hingegen „tangiert das wahrscheinlich relativ wenig“. Bei jungen Heranwachsenden könnten allerdings „die Hormone verrückt spielen“, befürchtet der Badbetreiber. Bekanntgeworden sind Vatheuer solche Fälle im Aquapark nicht.

Es komme aber auch kaum vor, dass Frauen sich ihrer Oberbekleidung entledigen – und damit genauso handeln wie die Männer. „Ich weiß nicht, ob die Frauen das überhaupt wollen“, sagt Vatheuer. In Zeiten von Catcalling (anzügliches Hinterherrufen und Pfeifen von Männern) und Bodyshaming (abwertende Äußerungen über den Körper eines anderen) eine berechtigte Frage.

Vor 30 oder 40 Jahren hingegen wurden diese Themen noch nicht gesellschaftlich diskutiert. Da war es gar nicht ungewöhnlich, dass Männer und Frauen gleichermaßen mit nacktem Oberkörper Schwimmen gegangen sind. Doch Gleichberechtigung spielt auch oder gerade heute eine wichtige Rolle in der Gesellschaft. Warum also wird der nackte Oberkörper der Frau anders bewertet als der des Mannes?

Revierpark: Badebekleidung muss zum Schwimmen „geeignet“ sein

Eine Antwort darauf weiß Franz Dümenil nicht. Im Revierpark Vonderort sei Nacktheit allerdings sowieso recht präsent. „Im Saunabereich tragen die Besucher ohnehin keine Badebekleidung“, sagt der Geschäftsführer. Die Diskussion ums Oben-ohne-Baden der Frauen habe er zwar mitbekommen, für das Freibad Vonderort blieb das aber ohne Konsequenz. Weder im Team noch mit den Gästen sei das Thema bislang zur Sprache gekommen. „Wir sind da aber aufgeschlossen.“

Im Schwimmbereich stehe vor allem im Fokus, dass die Badebekleidung zum Schwimmen „geeignet“ sei, so verlange es die Badeordnung. Die Kleidung müsse also aus Badetextilien bestehen und gewissen Sicherheitsstandards genügen, erklärt Dümenil. Mit anderen Worten: Rein rechtlich betrachtet könnten Frauen im Freibad Vonderort oben ohne im Wellenbecken schwimmen, Sonnenbaden auf der Liegewiese ohnehin. Denn die Badeordnung lässt diese Frage offen. Allerdings: Der blanke Busen „könnte zu Irritationen der anderen Badegäste führen“, vermutet Dümenil.

In den Hallenbädern in Sterkrade und Alt-Oberhausen erwartet die Stadt allerdings, dass Frauen ihren Busen bedecken. Die Bäderordnung gibt nach Aussage des Sprechers der zuständigen Servicebetriebe SBO vor, dass Männer in Badehose ins Wasser dürfen – und Frauen die Wahl haben zwischen Badeanzug, Bikini und Burkini. Ob man Frauen erlauben sollte, oben nackt zu baden, wurde im städtischen Eigenbetrieb erst gar nicht diskutiert. „In Oberhausen ist das meines Wissens kein Thema“, zeigt sich SBO-Sprecher Alexander Höfer überzeugt. Sollten in Oberhausen Änderungswünsche laut werden, müssten diese der Stadtverwaltung vorgetragen werden. „Es gibt bei uns aber keine Anfragen dazu“, sagt Höfer.

Göttinger Schwimmbäder wagen den Test

In Göttingen gilt die Regelung seit Mai 2022 für alle Schwimmbäder, die von der Göttinger Sport- und Freizeitgesellschaft betrieben werden. Zunächst ist eine Testphase bis zum 31. August vorgesehen. Eine Verlängerung gilt als wahrscheinlich, wenn nicht zwischenzeitlich eine andere Regelung ausgearbeitet wird.

Politik und Gesellschaft hatten in Göttingen intensiv über das Thema diskutiert. Auslöser der Diskussion war, dass eine Person, die sie sich selbst nicht als Frau identifiziert, im Sommer 2021 wegen Oben-ohne-Badens aus einem Schwimmbad verwiesen wurde und Hausverbot erhielt. Das Schwimmbad sah die Person als Frau an und sprach deswegen von einem Verstoß gegen die Badeordnung.