Oberhausen. An der Wunderschule in Oberhausen ist ein weiteres Familienzentrum entstanden. Was dort gemacht wird und was sich ändert.
Sabine Mentgen ist voller Vorfreude: „Wir experimentieren und gucken uns das einfach mal an“, sagt die Rektorin der Wunderschule in Oberhausen-Lirich. Die Grundschule ist ein sogenanntes Familienzentrum und jetzt, wo die Corona-Beschränkungen fallen, soll auch das Projekt in Lirich entrollt werden. Sozusagen den Startschuss gibt das Sommerfest am 22. Juni, ab 15 Uhr. Der Ausdruck, den Sabine Mentgen in der Hand hält, gibt schon die Richtung vor: Mama, Papa, Opa, Oma, Nachbarn - alle seien herzlich willkommen. Das gilt auch für das Familienzentrum.
Als die NRW-Landesregierung am 15. Mai zur Wahl stand, meldeten sich mehr als 20 Städte und schrieben einen Offenen Brief an die künftig Regierenden: Die Familienzentren sollen doch bitte erhalten bleiben. Sie würden einen wichtigen Beitrag in den Städten leisten. Zu den Unterzeichnern gehörte auch Oberhausen. In der Revierstadt sind die Concordiaschule, die Marienschule, die Ruhrschule, die Wunderschule, die Steinbrinkschule und die Adolf-Feld-Schule sogenannte Familiengrundschulzentren. Doch was machen diese Zentren eigentlich?
Selbstverteidigung für Kinder
In den vergangenen zwei Jahren war wenig zu sehen und zu hören. Die Pandemie legte viele Pläne auf Eis, nun aber soll Bewegung reinkommen. Im Wunderhof in Lirich haben Eltern einen Raum renoviert, Möbel organisiert für das Elterncafé. An der Wand hängt ein Plakat mit Ideen: Erste-Hilfe-Kurse für Kinder, Selbstverteidigung für Kinder, ein Mitmach-Bücher-Regal. An der Wunderschule sollen die Eltern selbst die Impulse geben, sagt Schulleiterin Sabine Mentgen. „Sonst klappt das nicht.“
Im Wunderhof entstehen durch die Landesförderung keine Wunder, aber es wird doch etwas greifbar. Die Schule, die von der Stadt als Familiengrundschulzentrum ausgewählt wurde, bekommt 10.000 Euro Fördergeld und eine halbe Stelle. In Lirich übernimmt diese Cindy Bach, die auch den Ganztag leitet. Sie sagt: „Wir wollen zum Knotenpunkt für den Sozialraum werden.“
Familien sollen sich wieder unterstützen
Was vor Jahrtausenden einmal das Lagerfeuer war, soll in Lirich und den anderen Standorten das Familiengrundschulzentrum werden: Ein Ort der Begegnung zwischen Jung und Alt, aber auch des Rates und der Hilfe. „Lehrer und Eltern schaffen das alleine nicht mehr“, sagt Schulleiterin Mentgen über die gestiegenen Aufgaben für Erziehende. Ein aktuelles Thema sei zum Beispiel Cybermobbing. Mobbing im Internet habe während der Corona-Pandemie zugenommen, das Thema beschäftigt Kinder, Eltern, Lehrer. Das Familienzentrum will deshalb Medienexperten einladen, um auf die Gefahren hinzuweisen und Kinder sowie Eltern zu sensibilisieren.
Familienzentren an Kitas
Anders als Familienzentren an Grundschulen müssen sich Familienzentren an Kitas zertifizieren lassen. Auch hier sollen verschiedene Erziehungs- und Bildungssäulen gebündelt werden. Zertifizierte Kitas erhalten eine Förderung von 20.000 Euro durch das Land.In diesem Jahr werden zwei weitere Kitas in Oberhausen Familienzentren: Die städtische Kita Villa Kunterbunt II am John-Lennon-Platz und die Kita Zaubersterne an der Kewerstraße in Alstaden/Lirich.Die Zahl der Kita-Familienzentren in Oberhausen erhöht sich dadurch auf 40.
Ein anderes Beispiel: Selbstverteidigung für Kinder, damit sie sich auf den Wegen nach Hause oder vom Sport sicherer fühlen. Oder Erste-Hilfe-Kurse, nicht nur für Eltern, sondern auch für Kinder. Wenn möglich von anderen Eltern organisiert. Denn in Familiengrundschulzentren sollen sich die Familien mit ihren Erfahrungen auch gegenseitig stärken. „Wir müssen erstmal die Bedarfe abklären“, sagt Cindy Bach über die aktuelle Orientierungsphase. Vieles sei denkbar. Manches ist schon angestoßen.
Brettspielnachmittage mit Oma und Opa
In Lirich soll ein Gemeinschaftsgefühl entstehen durch Brettspielnachmittage, zu denen auch Oma und Opa eingeladen sind. Oder Rudelsingen und Theater-Aufführungen. „Man kann viel von Familien lernen, die im Stadtteil leben“, sagt Stella Müller, Oberhausener Koordinatorin für die sechs Familiengrundschulzentren.
Das Bildungslagerfeuer soll deshalb auch nach Möglichkeit in anderen Stadtteilen die Familien versammeln. Zu den sechs Familienbildungszentren sollen acht weitere kommen. Eine Zertifizierung ist nicht nötig, sagt Stella Müller. Das Projekt befindet sich in einer Pilotphase. Unklar ist, ob die künftige Regierung das Projekt fortsetzt. In Lirich hofft Sabine Mentgen erstmal, dass das Experiment angenommen wird.