Oberhausen. Haiou Zhang ist ein weltbekannter Pianist. Fehler unterlaufen allerdings auch ihm. Wie er damit umgeht, berichtete er in In Oberhausen.
Wie am Klavier blieb Haiou Zhang bei den Schülerfragen virtuos. Ob er Kinder habe, wurde er von einer Schülerin des Elsa Brändström-Gymnasiums in Oberhausen gefragt. Und wenn ja, ob er ihnen raten würde, ein Konzertpianist zu sein? „Nein noch nicht“, sagte der chinesische Klassik-Star: „Aber ich würde ihnen davon abraten. Konzertpianist zu sein, ist ein sehr hartes Brot. Was hinter dem Vorhang passiert, sieht niemand.“
Haiou Zhang tut wohl das, was man „aus dem Koffer leben“ nennt. Er tourt durch Europa und die Welt, füllt große und kleinere Säle, jagt über die Tasten und durch Bahnhöfe. Er sagt, wenn er nicht Pianist geworden wäre, dann wäre er Reise-Schriftsteller. Mit Fotoapparat und Notizbuch wie Ernest Hemingway. Der 38-Jährige spricht fließend chinesisch, englisch und deutsch, versteht französisch und italienisch. Am Montagvormittag versteht er aber vor allem die vielen Fragen der Jugendlichen in der Aula. Und hat selbst auch einige.
Pianist mit absolutem Gehör
Dass ein Mann wie Haiou Zhang im Elsa eine zwanzigminütige Kostprobe seines Könnens gibt, ist dem Künstlerförderverein und dem Vorsitzenden Bruno Zbick zu verdanken. Er kennt den chinesischen Klavier-Künstler seit vielen Jahren und konnte ihn für die Veranstaltung gewinnen. Den Smoking legte Haiou Zhang dafür ab und schlüpfte in ein legeres Outfit. Am Klavier demonstrierte er zwei chinesische Klassik-Stücke und Beethovens „Waldstein“-Sonate aber wie in der Elbphilharmonie in Hamburg.
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„Routine ist die größte Katastrophe“, sagt Haiou Zhang. Er verbringe deshalb viel Zeit in der Natur, um Inspiration zu sammeln und so jeden Auftritt zu etwas Besonderem zu machen. Haiou Zhang hat sich diese Einstellung hart erarbeitet. Mit neun lernte er in China Klavierspielen, was dort sehr spät sei. In Peking schaffte er dennoch die Aufnahmeprüfung, bewies sein absolutes Gehör. Mit 18 wusste er, dass er Konzertpianist werden wolle und entschied sich für ein Stipendium in Hannover. Er wollte in dem Land der großen Komponisten lernen und lehnte deshalb eine Offerte aus New York ab.
„Während des Studiums hatte ich keine Lust mehr“
Wenn er ein neues Stück lerne, übe er acht Stunden täglich, sagt er. Talent sei wichtig, mehr noch aber zähle die Hingabe. „Wie in jedem Beruf muss man viel arbeiten und fleißig sein“, sagt er.
Musik auf Spotify
Haiou Zhang hat eine Reihe von CDs aufgenommen. Sein aktuelles Album „My 2020“ ist für den „International Classic Music Award“ nominiert.
Auch im Musikstreamingdienst Spotify sind seine Werke abrufbar.
In Oberhausen gab er am Sonntag ein Konzert im Ebertbad. Am 12. Juni kann man ihn in Dortmund im Orchesterzentrum NRW erleben. Dann verlässt Haiou Zhang wieder NRW.
Die Schülerinnen und Schüler des Elsa-Brändström-Gymnasiums waren beeindruckt. Von der künstlerischen Darbietung weniger als von der Offenheit, mit der ein weit gereister Mann all ihre Fragen beantwortete. Ob er sich mal verspielt habe? „Normalerweise passiert mir das nicht. Zu 99 Prozent bin ich stabil. Man darf sich gar nicht erst Gedanken darüber machen, dass man sich verspielen könnte.“ Ob er mal aufgeben wollte? „Aufgeben nie. Aber verzweifelt war ich schon während des Studiums. Ich hatte keine Lust mehr aufs Klavierspielen. Da habe ich Ausgleich im Sport gesucht. Ich glaube, Ausgleich zu schaffen, müssen wir alle üben.“ Wie er zum Klavier gekommen sei? „Ich wurde nicht gezwungen. ich habe eine Kassette mit Mozart und Beethoven gefunden und war begeistert.“
Haiou Zhang reist bald wieder weiter, nach Italien, Frankreich, in die Schweiz. In Oberhausen nahm er sich aber noch Zeit, den Schülerinnen und Schülern fragen zu stellen. Ob sie ein Instrument spielen würden? Wie viel sie üben würden? Und ob sie auch mal Klassik hören würden? Die Schüler zahlten die Offenheit zurück, berichteten vom Druck der Eltern, Klavier zu üben. Nur wenige hörten Klassik. Haiou Zhang hörte zu und ermunterte sie, täglich zehn Minuten Klassik zur Entspannung zu hören. Das sei aber keine Hausaufgabe: „Wenn ich das nächste mal hier bin, würde mich nur interessieren, ob ihr es ausprobiert habt.“