Oberhausen. Werner Brücker ist seit 14 Monaten Schulleiter an der Heinrich-Böll-Gesamtschule. Im Interview spricht er über seine Eindrücke und seine Pläne.

Zum Singen kommt Werner Brücker nur noch selten. Zum einen, weil in der Corona-Pandemie lange das Singen aus Schutzgründen untersagt war. Zum anderen, weil der 60-Jährige weniger unterrichtet: Der Lehrer für Musik und Evangelische Religion ist seit vergangenem Jahr Schulleiter an der Schmachtendorfer Heinrich-Böll-Gesamtschule. Zuvor war er stellvertretender Schulleiter in Voerde. Im Interview mit Redaktion spricht er über seine Eindrücke, Lehrermangel und seinen Führungsstil.

Herr Brücker, Sie sind seit 14 Monaten Schulleiter an der Heinrich-Böll-Gesamtschule. Können Sie schon alle Namen aus dem Lehrerkollegium?

Werner Brücker: (lacht) Namen ja, aber ich kann mir Gesichter so schlecht merken. Vor allem wenn die Kolleginnen und Kollegen die Masken abziehen, wird es schwer. Ich kenne Sie ja nur mit Maske!

Sie haben mitten in der Pandemie die Schulleitung übernommen. War das schwer?

Brücker: Zu diesem Zeitpunkt wurde Unterricht im Wechsel gemacht. Das heißt, ein Teil war da, der andere Zuhause. So habe ich doch schnell die Schule kennengelernt. Als Schulleiter arbeitet man außerdem eng mit einem Team aus Abteilungsleitern, didaktischen Leitern und Stellvertretern zusammen.

Was ist Ihr Eindruck nach einem Jahr?

Brücker: Ein sehr guter. Die Schülerinnen und Schüler sind alle sehr freundlich. Die grüßen mich, obwohl ich die nicht kenne (lacht). Was mir aber besonders auffällt, ist der ausgeprägte mitmenschliche Geist. Mehr als in ländlichen Gebieten zählt hier der Zusammenhalt. Die Großstadt ist eben etwas rauer, da ist das Miteinander umso wichtiger.

Oberhausen leidet unter einem Lehrermangel. Woran liegt das?

Brücker: Dafür gibt es viele Gründe. Wer in Düsseldorf, Köln oder Essen wohnt und ausgebildet wurde, will in diesen Städten auch bleiben. Sie werden als attraktiver wahrgenommen. Ein anderer Grund liegt darin, dass Lehrkräfte heute selbst ihre Schulen aussuchen dürfen. In die Wahl fließt dann auch ein, wie weit fortgeschritten die Digitalisierung ist, oder wie groß die Fach-Ausstattung. Schulen müssen heute etwas mehr bieten.

Seit 14 Monaten Schulleiter: Werner Brücker. Im Interview spricht er über seine Ideen für eine bessere Schule.
Seit 14 Monaten Schulleiter: Werner Brücker. Im Interview spricht er über seine Ideen für eine bessere Schule. © FUNKE Foto Services | Ant Palmer

Wie wollen Sie die Heinrich-Böll-Gesamtschule attraktiver machen?

Brücker: Als Schulleiter habe ich eine Vision von den Dingen, die ich in meiner Amtszeit auf den Weg bringen will. Dazu gehört neben schöneren Klassenräumen und Schulhöfen die Digitalisierung. Derzeit können etwa zehn Prozent unserer Schülerinnen und Schüler ein Tablet oder Notebook nutzen. Das ist einfach zu wenig. Außerdem muss unsere Schule als Arbeitsplatz attraktiver werden. Ich denke über Ladestationen für E-Autos und Leihfahrräder nach, um zur Zweigstelle Königshardt zu pendeln. In der Hauptsache geht es um unsere Schüler, aber damit sie eine gute Schulzeit haben, brauchen wir gute Lehrerinnen und Lehrer.

Was wollen Sie für die Schülerinnen und Schüler nach zwei Jahren Pandemie machen?

Brücker: Die Lehrerinnen und Lehrer haben jede Menge Ausflüge geplant, die ich allesamt genehmigt habe. Damit soll die Schulgemeinschaft gestärkt werden. In naher Zukunft ist außerdem eine Abiturfeier geplant.

Wie geht es den Schülern nach zwei Jahren Unterricht im Ausnahmezustand?

Brücker: Es ist schon so, dass wir eine Häufung psychischer Probleme haben. Allgemein geht es den Schülern gut, sie freuen sich, dass sie die Maske endlich abziehen und befreiter in die Schule gehen können. Dennoch gibt es in Einzelfällen einen größeren Beratungsbedarf. Dafür haben wir zwei Schulsozialarbeiter und ein sogenanntes multiprofessionelles Team.

Die Heinrich-Böll-Gesamtschule in Schmachtendorf.
Die Heinrich-Böll-Gesamtschule in Schmachtendorf. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Was würden Sie ändern, wenn Sie für einen Tag Schulminister in NRW wären?

Brücker: Ich würde niemals Schulminister sein wollen (lacht). Da hat man überall Feinde, und man kann es niemandem Recht machen.

Wie würden Sie selbst ihren Führungsstil beschreiben?

Brücker: Ich bemühe mich um Teamstrukturen. Mit steilen Hierarchien kommt man nicht weit, das habe ich schon als stellvertretender Schulleiter an der neuen Gesamtschule Voerde gelernt. Meine Tür steht fast immer auf. Jeder darf reinkommen und muss sich nicht vorher anmelden.

Was hat Sie dazu motiviert, mit 59 Jahren zum ersten Mal Schulleiter zu werden?

Brücker: Als Schulleiter kann ich noch mehr gestalten. Ich will in allen Bereichen anwesend sein und meine Vision von einer guten Schule verwirklichen.

Sie hätten es sich auch gemütlich machen können.

Brücker: (lacht) Dafür bin ich nicht der Typ.

Das ist Werner Brücker

Werner Brücker hat als Lehrer in Dinslaken, Voerde und Oberhausen gearbeitet. In Voerde war er an der neu geschaffenen Gesamtschule Stellvertreter. An der Heinrich-Böll-Gesamtschule folgte er auf Reiner Geßwein.Wohnhaft ist er in Raesfeld, wo er die Ruhe genießt. Seine Lieblingsmusik ist Jazz. Er kann aber nicht nur Singen, sondern auch Klavierspielen.