Oberhausen. Oberhausen leistet künftig einen wichtigen Beitrag zum verbesserten Hochwasserschutz an der Emscher. Das Holtener Bruch macht es möglich.
Mit Blick auf die Hochwasserkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz im Juli 2021 will die Emschergenossenschaft den Hochwasserschutz in der Region deutlich verbessern. „Renaturierung bedeutet auch immer Hochwasserschutz“, sagt Ilias Abawi, der Sprecher der Emschergenossenschaft, und hat dabei besonders Oberhausen im Blick.
Ein Kernstück dieses Vorhabens befindet sich in Holten, nicht weit vom neuen Emscherpumpwerk an der Kurfürstenstraße entfernt: das Holtener Bruch mit seinen großen Wiesenflächen, die nun in größerem Umfang als Überschwemmungsbereiche genutzt werden können. Der Emscherdamm ist entsprechend verlegt worden. Unter ihm verläuft jetzt der Abwasserkanal Emscher (AKE), der hier die letzte Etappe vom im August 2021 eingeweihten Pumpwerk bis zum Klärwerk Emschermündung zurücklegt.
Stufe für Stufe: Von der 75-Tage-Aue zur 20-Tage-Aue
Doch zurück an das Holtener Bruch: „Innerhalb eines 120 Meter breiten Korridors wird sich die Emscher hier künftig in ihrem sogenannten Mittelwasserbett bei Trockenwetter frei bewegen und mäandrieren können“, erklärt Ilias Abawi. Und was gilt bei Regenwetter und im Extremfall länger anhaltendem Starkregen mit deutlich steigendem Fluss-Pegel? Die Emschergenossenschaft hat sich dazu ein Stufen-System zum Hochwasserschutz ausgedacht: Die direkt angrenzenden Auen werden voraussichtlich an 75 Tagen im Jahr geflutet. „An diese 75-Tage-Aue schließen sich die 50-Tage- und die 20-Tage-Aue an, die terrassenartig jeweils rund einen halben Meter höher angelegt werden“, so Ilias Abawi. Je nach Hochwasserlage werden also zunächst die 50-Tage-Aue und im Extremfall auch die 20-Tage-Aue als Überflutungsfläche genutzt.
Den Abschluss bildet die Hochaue, die nach den Berechnungen der Experten dauerhaft hochwasserfrei sein wird. Die Bereiche von der 50-Tage-Aue bis zur Hochaue werden eine Anreicherung mit Mutterboden erhalten und für eine landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung stehen.
Besserer Hochwasserschutz für die gesamte Region
Ilias Abawi ist sich sicher: „Von unseren Arbeiten wird der Hochwasserschutz in der Region massiv profitieren.“ Der Inhalt von knapp 10 Millionen Badewannen – insgesamt 1,6 Millionen Kubikmeter Wasser – könne in der künftigen Holtener Emscher-Aue zurückgehalten werden.
Schnellere Vorhersage zu Hochwasser-Risiken
Die Zunahme von Starkregen führt dazu, dass Hochwasserereignisse immer schneller eintreten.
Die Emschergenossenschaft macht deshalb ihre Hochwasservorhersage schneller, dehnt sie von der Emscher auf weitere Nebenläufe aus und erweitert auch das Pegel-Messnetz.
Für einen verbesserten Hochwasserschutz will die Emschergenossenschaft auch die weiteren Flussabschnitte in Oberhausen genau unter die Lupe nehmen. Wo es möglich ist, soll das Flussbett verbreitert werden, sollen Uferbereiche abgeflacht werden. Die vielfach vorhandene Ufer-Umfassung mit Randsteinen soll verschwinden. Auf diese Weise sollen zwischen den Emscherdämmen neue Überflutungsmöglichkeiten für den Fluss entstehen.
Die Emschergenossenschaft startet zudem ein Ertüchtigungsprogramm für die Deiche an der Emscher, das auch auf ihre Nebenläufe ausgeweitet wird. Zudem haben Emschergenossenschaft und Lippeverband eine „Roadmap Krisenhochwasser“ erarbeitet. Sie umfasst einen Zeitraum von 15 Jahren und sieht bis 2037 Investitionen von maximal 500 Millionen Euro vor.
So lange muss Oberhausen allerdings nicht warten, bis etwas passiert. Schon in diesem Sommer soll in Holten ein erster Spatenstich zur Flussbett-Umgestaltung erfolgen, kündigt Ilias Abawi im Gespräch mit der Redaktion an. Der verbesserte Hochwasserschutz wird konkret.