Oberhausen. Für Jugendliche in Oberhausen ist das Leben mit Corona schwer. Sie haben sich lange isoliert, der Großteil ist geimpft – für ihre Freiheit.

Die Corona-Pandemie fordert von unserer Gesellschaft viele Opfer. Oft liegt der Fokus besonders auf älteren und gefährdeten Menschen. Doch auch die Jugend leidet unter der Krise – ob in der Schule oder in der Freizeit. „Es wird langsam wirklich anstrengend“, sagt Nils Hülsewiesche. Seine Kollegin Berna Demircan nickt. Beide sind Teil des Jugendparlaments in Oberhausen. „Corona hat auf uns große Auswirkungen, auch auf die mentale Gesundheit.“

Besonders das Schulleben habe bei vielen jungen Erwachsenen Spuren hinterlassen – mit dem Distanzunterricht gingen Zukunftsangst und teils auch Konflikte zu Hause einher. „Ich kenne Leute, denen es durch diese innere Belastung nicht gut ging“, erläutert Demircan. „Sie hatten das Gefühl, das alles nicht mehr zu schaffen, haben weniger Aufgaben in der Schule eingereicht.“ Sie bezeichnet den Einfluss der Pandemie auf die Entwicklung der zwischen 13- und 18-Jährigen als „extrem“. „Die Pubertät ist die Zeit, in der man wächst und sich kennenlernt. Da ins Haus gesteckt zu werden und sich teils mit Angst isolieren zu müssen, ist schwierig.“ Auch für die 17-Jährige selbst seien die vergangenen zwei Jahre wie „verwischt. Ich kann mich kaum an 2020 erinnern.“

Jugendliche fordern mehr Verantwortung von Corona-Demonstranten

Doch auch abseits der Schule litt die Entwicklung der jungen Menschen. Diskotheken wurden geschlossen, Festivals fielen aus, Sport war teilweise monatelang weder im Verein noch im Fitnessstudio möglich. „Dass wir unsere Jugend ausleben können, wird immer weiter herausgezögert“, sagt Hülsewiesche. „Wir wollen etwas erleben, nicht nur isoliert sein.“

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Und: Viele Jugendliche beobachten die gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Monate mit Sorge. „Wir haben uns lange zusammengerissen und zurückgehalten, weil uns gesagt wurde, dass wir nur so die Älteren schützen können“, meint die Jugendparlamentsvorsitzende Demircan. „Und nun müssen wir beobachten, wie vor allem Menschen in ihren Fünfzigern vermehrt auf die Straße gehen und gegen Corona demonstrieren, sich nicht impfen lassen. Das ist wie ein Schlag ins Gesicht. Wir Jugendlichen tun alles dafür, um unsere Freiheit wiederzubekommen.“

Nils Hülsewiesche ist Mitglied im Jugendparlament Oberhausen.
Nils Hülsewiesche ist Mitglied im Jugendparlament Oberhausen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Thema Impfung: „Wir benehmen uns klüger als viele Erwachsene“

Der Sommer des letzten Jahres sei für viele Jugendliche eine echte Erholungsphase gewesen. „Das Impfen hilft“, bekräftigt Demircan. Offene Geschäfte und Jugendeinrichtungen sowie ein paar vereinzelte Veranstaltungen taten den jungen Menschen gut. Doch nun der Rückwärtssalto der Politik: strengere Kontaktbeschränkungen und eine Rückkehr zur Maskenpflicht im Unterricht. Aber: „Für uns ist es einfach, in alte Regeln zurückzukehren. Wir kennen es ja fast nicht mehr anders.“

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Die Impfbereitschaft unter den jungen Erwachsenen sei extrem hoch. „Einige hatten deshalb sogar Konflikte zu Hause, weil die Eltern das nicht wollten und sich um die Entwicklung ihres Kindes gesorgt haben. Aber wir wollen einfach unser Leben zurück – und lassen uns dafür auch impfen.“ Nils Hülsewiesche ergänzt: „Wir benehmen uns klüger als viele Erwachsene.“ Sein Appell: „Wir passen die ganze Zeit auf, jetzt tut auch euren Teil!“

Jugendliche blicken mit Angst in die Zukunft

Doch auch der Blick in die Zukunft fällt vielen Jugendlichen schwer, beobachten die beiden Parlamentarier. „Jugendliche sind oft negativer eingestellt, haben eine dunklere Sicht auf ihr Leben. Sie haben Angst, Selbstzweifel und sind frustriert.“ Auf die Zukunft könnten sie sich kaum freuen. „Uns wurde ja schon für 2021 eine Besserung in Aussicht gestellt und das wurde auch nichts. Selbst wenn man geimpft ist, traut man sich kaum, noch zu hoffen. Keiner macht mehr Pläne.“

Oberhausen ist „auf gutem Weg“

Der Politik stellen die beiden Mitglieder des Jugendparlamentes ein überwiegend gutes Zeugnis aus – auch wenn sich die Jugend von dem Hin und Her des Regelwerks genervt fühlt. „Wir waren alle am Anfang überfordert. Doch als wirkliche Ausrede zählt das nun auch nicht mehr“, betont Nils Hülsewiesche.Auch die Digitalisierung ist weiterhin eine Baustelle. „Ohne geht gar nichts mehr“, ergänzt Berna Demircan. „Oberhausen ist aber auf einem guten Weg. Die Bemühungen der Stadt kommen bei uns an.“