Oberhausen. Wiedersehen von Schülern nach 75 Jahren? Das gibt’s! Beim Klassentreffen in Oberhausen kamen 26 Ehemalige der einstigen Marktschule zusammen.
Zu einem außergewöhnlichen Klassentreffen haben sich jetzt ehemalige Schüler der längst verschwundenen Marktschule in Oberhausen getroffen.
26 Klassenkameraden, die im Jahr 1946 dort ihren ersten Schultag erlebten, sind nun – trotz aller Corona-Einschränkungen – der Einladung gefolgt und auch aus weiter entfernten Orten wie Darmstadt und Neukirchen-Vluyn angereist. „Es ist eher ungewöhnlich, dass sich Schüler einer Einschulungsklasse später noch zu einem Klassentreffen zusammenfinden“, unterstreicht Hubert Stüber, einer der Teilnehmer. Aber die besonderen Umstände nach dem Krieg hätten eben für einen besonders intensiven Zusammenhalt gesorgt.
Hubert Stüber erläutert: „Als erster Einschulungsjahrgang der katholischen Volksschule ,Marktschule’ nach dem Zweiten Weltkrieg, die im alten Gebäude der evangelischen Molkteschule an der Hermann-Albertz-Straße/Ecke Friedenstraße untergebracht war, waren wir hauptsächlich Schüler der Geburtsjahrgänge 1939/40 und wurden zu Ostern eingeschult.“ Rektor Wiederhold sei der Schulleiter gewesen und Fräulein Pötter die Klassenlehrerin.
Die allgemeinen Lebensbedingungen seien hart gewesen und Mangel habe auch die schulischen Bedingungen geprägt: zu wenig Lehrpersonal, zerstörte Gebäude, fehlende Klassenräume – was dazu geführt habe, dass in der Regel über 50 Schüler in einer Klasse unterrichtet worden seien. Zudem habe es Morgen- und Mittagunterricht gegeben; Mädchen- und Jungenklassen seien getrennt unterrichtet worden.
Dachschiefer als Schreibunterlage
„Schulbücher, Tafeln und sonstige Schulutensilien waren Mangelware und so mancher hatte eine Dachschieferscheibe aus einem Trümmergrundstück als Schreibunterlage“, erinnert sich Hubert Stüber. Ebenso seien Gegenstände des täglichen Bedarfs Mangelware gewesen und Lebensmittel habe man nur mit zugeteilten Lebensmittelmarken kaufen können. „Für die Schulkinder gab es eine warme Schulspeisung – Suppe oder Eintopf –, die in der Schule zubereitet wurde und bei den Kindern nicht immer geschätzt wurde.“ Diese Voraussetzungen hätten sicher mit dazu beigetragen, dass sich mehr Gemeinschaftsgefühl entwickelte und sich das Konkurrenzdenken der Schüler untereinander nicht so sehr ausgeprägt habe.
Der Zusammenhalt wurde auch an anderer Stelle gestärkt: So trafen sich Schüler in den Jugendgruppen der Herz-Jesu-Kirche bzw. als Messdiener. In den Sommerferien gab es ein großes Zeltlager und die rund 100 Teilnehmer seien mit einem Sonderzug zum Beispiel nach Benolpe ins Sauerland gefahren, berichtet Hubert Stüber. „So blieb auch der Kontakt zu jenen erhalten, die nach der 4. Klasse zu den weiterführenden Schulen wechselten.“
36 Jahre nach der Einschulung trafen sich die Ehemaligen das erste Mal im Sauerländer Hof, Lothringer Straße, wobei auch noch der damalige Jugendkaplan Vogel aus der Herz-Jesu-Kirche teilnahm. Beim Recherchieren der Adressen stellten sie dann fest, dass zwei Klassenkameraden internationale Karriere gemacht hatten und mittlerweile in Los Angeles (Kalifornien) im Abstand von ca. 30 Kilometer wohnten – ohne es zu wissen. Einer hatte als Page im Hotel Ruhrland gegenüber vom Hauptbahnhof seine Ausbildung begonnen und war jetzt Hotelmanager im Holiday Inn im Disneyland. Der andere war Herzspezialist in einem renommierten Ärzteteam und brachte es so weit, dass er zum Tross des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan gehörte, wenn dieser auf Reisen ging und sein eigentlich zuständiger Arzt nicht verfügbar war.