Oberhausen. Auf Flugblättern und im Internet sieht sich der Oberhausener Freie-Wähler-Kandidat von Linken falsch in die ziemlich rechte Ecke gestellt.

Guido Horn ist einer von elf Direktkandidaten für den Bundestag, der am Sonntag von den Oberhausener und Dinslakener Bürgern mit der Erststimme gewählt werden kann – wer die Mehrheit im Wahlkreis 117 (Oberhausen/Wesel III) erhält, der darf in den Bundestag einziehen. Horn, der für die Freien Wähler antritt, mischt in der Kommunalpolitik seit einigen Jahren mit: Beim Verein „Wir sind Oberhausen“ gegen die Bebauung des John-Lennon-Platzes und zuletzt bei „Offen für Bürger“ (OfB). Er sitzt für OfB seit vergangenem Herbst im Stadtrat – als Einzelmandatsträger.

Doch in der letzten Woche vor der Bundestagswahl zieht Horn die Reißleine: Nach eigenem Bekunden bricht er seinen Wahlkampf ab, macht keine Wahlinfostände oder Gespräche mit Bürgern mehr. „Ich muss mich und meine Familie schützen. Die diffamierenden Angriffe gegen meine Person machen das leider nötig“, erläutert Horn. „Seit drei Wochen wehre ich mich gegen eine Kampagne gegen mich, die von linken Kräften organisiert wird – doch ich habe keine Chance, das zu stoppen. Mein Ansehen wird beschädigt. Ich hoffe, dass die Diffamierungen aufhören, für mich ist das Rufmord und geschäftsschädigend.“

Flyer vom Bündnis „Oberhausen – Es reicht!“

Auf gedruckten Flyern und in den sozialen Internetmedien wird Guido Horn, der an der Annabergstraße 39 die Werbeagentur „a-kreativ“ betreibt, im gleichen Atemzug mit der rechtsextremen NPD, mit der ziemlich rechten AfD und der neuen Querdenker-Partei „die Basis“ genannt. Verantwortlich dafür ist das bekannte Oberhausener Bündnis „Oberhausen – Es reicht!“, unterzeichnet von der früheren Ratsfrau Andrea-Cora Walther (einst Mitstreiterin von Horn im Bürgerbündnis BOB). Mit Hilfe des Flugblatts gelangt man auf Internetseiten von „Es reicht!“, auf denen umfangreich erläutert wird, warum das Bündnis diese Parteien als rechts und nicht wählbar einstuft. „Unsere Kampagne in Oberhausen will auf die Gefahr der hier benannten Parteien hinweisen und ein deutliches Zeichen setzen gegen den Versuch von Rechts, mit menschenfeindlicher Hetze die Gesellschaft zu spalten.“

Guido Horn werden keine direkten rechten oder gar rechtsextremen Äußerungen vorgeworfen, sondern es heißt nur recht allgemein: „Dieser Direktkandidat der Freien Wähler ist kein Unbekannter: Er kandidierte bereits für die rechts-offene Liste OfB.“ Die OfB habe zur Kommunalwahl 2020 rechte und rechts-offene Kandidaten aufgestellt, darunter auf Platz 2 der Liste Robert Nagels, der in den 90er Jahren Funktionär der rechten Republikaner gewesen ist. Spitzenkandidat war vor einem Jahr auf Platz 1 eben Guido Horn, der mit einem Wahlergebnis von 1,8 Prozent (1151 Stimmen) in den Stadtrat einzog.

Im Kommunalwahlkampf Sommer 2020: Guido Horn, Spitzenkandidat für „Offen für Bürger“ (OfB).
Im Kommunalwahlkampf Sommer 2020: Guido Horn, Spitzenkandidat für „Offen für Bürger“ (OfB). © OfB

Die Freien Wähler sind aus kommunalen Gruppierungen in ganz Deutschland entstanden, haben allerdings einen Schwerpunkt in Süddeutschland. In Bayern sitzt Bundesparteivorsitzender Hubert Aiwanger als stellv. Ministerpräsident in der Landesregierung – als Koalitionspartner der CSU. Die Freien Wähler dort gelten als konservativer als die CSU. Das Oberhausener Bündnis „Es reicht!“ klagt die Freien Wählern an, ein „deutlich repressiveres Migrationsrecht“ zu wollen und „eher völkische Konzepte der Stärkung deutscher Minderheiten im Ausland“ zu vertreten. Das Fazit ist allerdings recht verhalten formuliert: „Die rechts-Offenheit des ganzen Programms nebst den lokalen Parteiprotagonisten (nicht nur in Oberhausen) führt dazu, dass das alles schon ein deutlich rechtes Geschmäckle hat.“

Brief an Bundeswahlleiter geschrieben

Guido Horn will nun rechtlich dagegen vorgehen, in die rechtsradikale Ecke geschoben zu werden. Was ihn besonders erbost: Einer der Flyer wurde in den Briefkasten des Ingenieurbüros eingeworfen, bei dem seine Frau beschäftigt ist. „Ich sehe mich nicht allein politisch, viel mehr gesellschaftlich diffamiert und das grenzt an eine bewusste Zerstörung meiner Existenz“, schreibt er in einem Protestbrief an den Bundeswahlleiter Georg Thiel.

Inhaltlich weist Horn sämtliche Vorwürfe des Bündnisses „Es reicht!“ zurück: „Ich war nie rechts orientiert, bin ein sozial eingestellter Mensch, der für die Rechte jedes Einzelnen und zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger sowie gegen eine Spaltung der Gesellschaft eintritt.“ Horn überlegt nun sogar, sich ganz aus der Politik zurückzuziehen und sein Ratsmandat vielleicht niederzulegen. Pikant: Nachrücker wäre dann ausgerechnet Ex-Republikaner-Funktionär Robert Nagels.