Oberhausen. Bei einer Fragerunde mit den Direktkandidaten aus Oberhausen und Dinslaken ging es um Naturschutz und Wohnungsbau. Das sagen die Politiker dazu.

Erstmals kamen vier der diesjährigen Direktkandidaten für die Bundestagswahl im Wahlkreis Oberhausen/Dinslaken in einer Diskussionsrunde zusammen: Dirk Vöpel (SPD), Marie-Luise Dött (CDU), Roman Müller-Böhm (FDP) und Sascha Wagner (Die Linke) stellten sich am Freitag, 27. August, gemeinsam den Fragen der Oberhausener Bürgerinnen und Bürger. Grünen-Kandidatin Stefanie Weyland ließ sich wegen Terminschwierigkeiten durch Ratsherr Norbert Axt vertreten.

Die Diskussion zu Klimawandel, Wohnungsbau und Umweltschutz fand in einer für das vorherrschende Regenwetter denkbar undankbaren Kulisse statt: Die Bürgerinitiative „Auf dem Horst“ hatte in das von einem Bauvorhaben bedrohte Borbecker Grabeland gebeten, um über Bundespolitik zu sprechen – doch die kommunalen Probleme in Oberhausen übernahmen fast bei jeder Frage die Oberhand.

Auf die emotionalen Fragen der Parzellenpächter zum Umweltschutz zeigten sich die Kandidaten auffallend einstimmig. Die Devise: Bio-Diversität schützen, Klimaziele einhalten und Grünflächen erhalten. „Menschen etwas wegnehmen, dass doch gut funktioniert, will niemand von uns“, stellte FDP-Kandidat Müller-Böhm klar.

Wohnungsbau gegen Naturschutz? Das sagen die Politiker

Sascha Wagner (Die Linke) forderte, besonders die Industriekonzerne für den Klimawandel zur Kasse zu bitten: „Die Klima-Killer müssen dafür bezahlen. Es kann nicht sein, dass diese Last auf die Schwächsten abgewälzt wird.“ Auch der öffentliche Nahverkehr müsse dringend ausgebaut werden, um das Klima zu schützen – das sei auch ein Argument für den Erhalt des Sterkrader Waldes. 5000 abgeholzte Bäume für eine Zeitersparnis von fünf Minuten auf dem Autobahnkreuz sei kaum ein Argument für den Klimaschutz, feuerte Norbert Axt von den Grünen nach. „Dieses Kreuz ist eine der Hauptverkehrsachsen in Deutschland“, setzte Dirk Vöpel dann doch zum Gegenargument an. „Mehr Nahverkehr wird dieses Problem nicht lösen.“

Knapp 100 Teilnehmer wollten hören, was die Bundestags-Direktkandidaten zu sagen hatten. Dabei ging es natürlich auch um das Grabeland in Borbeck, das von Bebauung bedroht ist.
Knapp 100 Teilnehmer wollten hören, was die Bundestags-Direktkandidaten zu sagen hatten. Dabei ging es natürlich auch um das Grabeland in Borbeck, das von Bebauung bedroht ist. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Beim Punkt Wohnungsbau im Schatten des Naturschutzes brachten die Kandidaten kaum unterschiedliche Argumente vor. Statt Grünflächen anzuknabbern, sollten bereits versiegelte Flächen im Stadtgebiet mit mehr Bebauung verdichtet werden, stimmten die Politiker sich gegenseitig zu. Denn auch in Oberhausen ist bezahlbarer Wohnraum Mangelware, die Nachfrage nach Eigenheimen oder Eigentumswohnungen steigt rasant an.

SPD will ein Vorkaufsrecht für städtische Flächen

Marie-Luise Dött (CDU) brachte die durch Industriekonzerne ehemals bebauten Flächen in Oberhausen ins Spiel, die teils seit Jahrzehnten brach liegen und noch immer zu den 44 Prozent der versiegelten Flächen im Stadtgebiet gezählt werden. „Diese Flächen sind belastet und müssten erst abgetragen werden, um darauf neu zu bauen. Damit müssen wir anfangen.“ Es gebe dazu bereits ein Förderprogramm vom Bund und Diskussionen auf Landesebene, finanzielle Mittel zu bündeln.

Bebauungsplan für Grabeland in Borbeck

Die katholische Kirche hat ihren Kirchenstandort St. Judas Thaddäus in Borbeck aufgegeben. Die Kirche selbst kann nicht abgerissen werden, da sie als Baudenkmal gilt. Für sie wird eine neue Nutzung gesucht. Für den in der Nähe liegenden Grünbereich mit Kleingärten ist ein Bebauungsplan vorgesehen, der von der Lokalpolitik bereits in der Bezirksvertretung Alt-Oberhausen diskutiert wurde.

Mehrheitlich gibt es Zustimmung. Die CDU wünscht sich eine „familienfreundliche Wohnbebauung“, die Grünen „größere Objekte als Einfamilienhäuser“. Noch befindet sich das Vorhaben im Anfangsstadium, doch die Kleingärtner in Borbeck wollen sich wehren und die von der Stadt gepachteten Flächen erhalten. Die Kleingartenanlage hat sich nun formiert und die Bürgerinitiative „Auf dem Horst“ gegründet. Rund 35 Kleingärtner sind dabei. Mit der Fragerunde an die Politiker wollte die Initiative auf ihren Kampf aufmerksam machen.

Norbert Axt erklärte: „Es gibt nicht zu wenig Wohnraum, aber zu wenig qualitativen. Einfamilienhäuser wird man schnell los, aber in der Stadt schafft es niemand, sozialverträgliche Wohnungen zu bauen.“ Denn die Stadt Oberhausen besitze selbst kaum eigene Flächen und sei auf Investoren angewiesen, die selten auf sozialen Wohnbau setzen würden. Dirk Vöpel warf ergänzend ein: „Das kommunale Flächenmanagement muss gestärkt werden, indem Städte ein Vorkaufsrecht bekommen und besser planen können.“ Wenn Kommunen mehr Rechte bekommen, brauche es aber auch mehr Geld vom Bund, um Projekte umzusetzen. Ein Thema, das für eine überschuldete Stadt wie Oberhausen kein Neuland ist.

Kleingärtner bangen um ihre Parzellen auf dem Borbecker Grabeland

Bei der Fragerunde mit den Bundestags-Direktkandidaten im Borbecker Grabeland ging es natürlich auch um die Situation der Gartenbesitzer, die um ihre 25 Parzellen bangen. Dirk Vöpel (SPD) versuchte zu beschwichtigen und setzte auf Objektivität. Er habe von dem Bebauungsplan erst kürzlich erfahren. „Da ist noch nichts entschieden. Wir müssen uns alle Argumente anhören und dann eine gute Alternative finden, mit denen alle leben können.“

Davon, lediglich den Klimaschutz als Totschlagargument hervorzubringen, riet er ab. „Hier hat ein Investor, der klimaneutrale Bebauung vorschlägt, direkt gute Karten.“ Es sollte vielmehr auch um die Gemeinschaft der Gärtner gehen, die durch eine Zerschlagung der Anlage gefährdet wäre. Auch Marie-Luise Dött sprach sich nicht gegen das Grabeland aus, merkte aber an, wie versteckt die Anlage gelegen sei. „Die Grünflächen sollten für alle zugänglich sein, damit möglichst viele Menschen etwas davon haben.“

Ihre Aussage, dass in Borbeck vor allem viele ältere Menschen leben würden, stieß bei Anwohnern und Gärtnern allerdings auf lautstarken Protest. „Hier leben viele junge Familien, weil sie das Haus von den Eltern oder Großeltern geerbt haben und auch in diesen Gärten ihre Kinder großziehen wollen“, stellte Moderatorin Ute Joffroy-Limbeck klar.