Oberhausen. Die stellv. Dinslakener Bürgermeisterin Stefanie Weyland tritt als Direktkandidatin in Oberhausen/Dinslaken an -- und will in den Bundestag.
Die breite Masse der Oberhausener scheint vom Wahlkampf-Fieber der Parteien zur Bundestagswahl am 26. September noch nicht angesteckt zu sein. „Ich denke, das kommt jetzt erst“, sagt Stefanie Weyland am Dienstag in der Oberhausener Innenstadt. Schließlich dauert es ja auch noch mehr als zwei Monate bis zur wegweisenden bundespolitischen Entscheidung der Wähler.
Eine Stunde lang an diesem späten Nachmittag stellt sich Weyland, Bundestagskandidatin der Grünen für Oberhausen und Dinslaken, erstmals an einem Infostand in Oberhausen der Öffentlichkeit vor. Die 53-Jährige ist in der Stadt noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, da sie politisch in Dinslaken für die Grünen aktiv ist und es mittlerweile bis zur stellvertretenden Bürgermeisterin von Dinslaken geschafft hat. Aber vor der Geschäftsstelle der Grünen an der Paul-Reusch-Straße suchen in dieser Zeit nur drei Bürger das Gespräch mit ihr.
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Ein Vater-Sohn-Gespann nimmt sie eine halbe Stunde lang am Stehtisch neben dem grünen Sonnenschirm in Beschlag. Hier läuft allerdings weniger ein Gedankenaustausch mit der Grünen-Politikerin. Vater und Sohn gleichermaßen konfrontieren sie vielmehr mit ihren persönlichen Ansichten zu allen möglichen Themen - von der verpassten Aussöhnung mit der früheren Sowjetunion nach der Wiedervereinigung Deutschlands bis zur ersten grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock. Weyland hört erstaunlich geduldig zu.
Aus Syrien Geflüchteter machte Rückzieher
Dem CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet sollten die Grünen mehr auf die Füße treten, war da zu hören. „Das ist aber nicht unsere Art, ein Ellenbogenwahlkampf machen wir nicht. Baerbock wäre eine gute Wahl“, erwiderte Weyland mit freundlichem Lächeln. Dann fragte der Vater, welche Gemeinsamkeiten es denn zwischen den Grünen und der CDU gebe. „Wir machen vor der Wahl keine Koalitionsaussage“, entgegnete ihm die grüne Kandidatin. Erst einmal gelte es, ein möglichst gutes Wahlergebnis zu erzielen.
Erst seit Anfang Mai ist Stefanie Weyland die Kandidatin der Grünen im Wahlkreis 117 Oberhausen – Wesel III (Dinslaken). Eigentlich wollten die Grünen hier mit dem aus Syrien geflüchteten Tareq Alaows antreten. Aber wegen rassistischer Drohungen machte der einen Rückzieher - und Weyland sprang ein.
Keine grüne Hochburg
Ihre Aussichten, tatsächlich einen Platz im Bundestag zu erreichen, sind allerdings recht bescheiden - wann man die Grünen-Ergebnisse der Vergangenheit betrachtet. Von den im Bundestag vertretenen Parteien schnitten die Grünen mit nur 5,6 Prozent der Erststimmen bei der Bundestagswahl 2017 hier am schlechtesten ab. Damals trat der junge Patrick Voss für die Grünen an, der ebenfalls in Dinslaken wohnte. Dirk Vöpel von der SPD, der gewählte Abgeordnete, bekam vor vier Jahren 38,5 Prozent. Und CDU-Kandidatin Marie-Luise Dött erzielte 29,1 Prozent.
Wer die Mehrheit im Wahlbezirk nicht auf sich vereint, kann aber immer noch über die Parteiliste in den Bundestag einziehen. Allerdings: Auf der aktuellen NRW-Landesliste der Grünen zur Bundestagswahl ist die Dinslakenerin nur auf Platz 63 abgesichert. Nur die ersten 15 Plätze gelten bei den Grünen als sicher, bis zu 30 immerhin noch als aussichtsreich.
Gleichwohl verbreitet Weyland an diesem Abend grüne Aufbruchstimmung, wenn man sie mal zu Wort kommen lässt. Grün gedacht und gehandelt habe sie schon immer, berichtet die Berufsschullehrerin. Sie fährt kein Auto und ernährt sich vegetarisch. „Ich will einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck hinterlassen“, sagt sie.
Durch Fridays for Future aktiv geworden
Bei den Grünen in Dinslaken mischt sie seit zweieinhalb Jahren mit. „Das kam durch Fridays for Future“, die Klimaschutzbewegung also, erklärt sie. Sie habe gemerkt, dass ihr persönliches Verhalten allein nicht ausreiche. „Ich muss mehr machen.“ Seit der letzten Kommunalwahl im September 2020 hat sie Sitz und Stimme im Dinslakener Stadtrat. Sie wurde stellvertretende Bürgermeisterin und arbeitet im Schulausschuss und im "Ausschuss für Bürger*innenbeteiligung", öffentliche Ordnung und Sicherheit mit.
Endlich sucht wieder ein Bürger das Gespräch mit ihr. Ein älterer Herr erinnert sich noch an Milchkannen und den eigenen Kartoffelanbau im Garten, er kritisiert den Verpackungsmüll. Aber die Bemühungen, den Klimawandel aufzuhalten, kämen zu spät, erklärt er. Auch dieses Gespräch zieht sich hin. „Es kamen auch soziale Themen wie der Wohnungsmangel und die hohen Stromkosten zur Sprache“, sagt Weyland anschließend über diesen Monolog.
Warten auf Robert Habeck
Unterdessen versuchen Tanja Kruber, ihre Wahlkampmanagerin, und Weylands Tochter Maya, mit grünen Flyern mehr Passanten für den grünen Infostand zu interessieren. Vom zähen Start des Wahlkampfs in Oberhausen lassen sie sich nicht entmutigen. „Wir machen Haustürwahlkampf, ich werde zwischen den Infoständen pendeln und Diskussionen mit anderen Parteien besuchen“, sagt Weyland.
Auf dem Altmarkt ist Ende August sogar eine Veranstaltung mit dem populären Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck geplant. Noch nie sei die Chance so groß gewesen, ein sehr gutes Wahlergebnis für grüne Ziele zu erreichen. „Es muss ja einen Wandel geben“, hofft die Kandidatin.
Lehrerin am Berufskolleg in Dinslaken
Stefanie Weyland wurde 1968 im niedersächsischen Göttingen geboren und ist gelernte Krankenschwester sowie studierte Ernährungswissenschaftlerin. Ihr Studium absolvierte sie in Hessen.
Nach dem Studium nahm sie die Chance in Nordrhein-Westfalen wahr, Lehrerin zu werden. Seit 23 Jahren unterrichtet sie am Berufskolleg in Dinslaken. Ihre Fächer sind Ernährungslehre, Gesundheitswissenschaften, Wirtschaftslehre und Politik. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Bei den Grünen ist sie Beisitzerin im Vorstand des Ortsverbandes Dinslaken und Bundesdelegierte im Kreis Wesel.