Oberhausen. Ladenhüter in Oberhausen, in Afrika dringend benötigt: Der Krisenstab der Stadt will Krankenhäusern in Tansania 1000 Astrazeneca-Dosen spenden.

Die einen wollen ihn nicht, die anderen wünschten, sie hätten mehr davon: Über 1000 Astrazeneca-Impfdosen lagern in den Kühlschränken der Arztpraxen vor Ort. In Oberhausen will sich damit kaum jemand mehr gegen Covid-19 impfen lassen. Deshalb entschied sich der Krisenstab der Stadt spontan für eine ungewöhnliche Hilfsaktion für Krankenhäuser in Tansania. Ob die Idee zünden darf, soll nun die NRW-Landesregierung entscheiden. Die Zeit drängt. Die ersten Impfdosen laufen schon in vier Wochen ab.

Einen Defibrillator für das St. Elisabeth Krankenhaus in der Stadt Arusha in Tansania übergibt Dr. Britt Hornei (rechts) hier bei einer früheren Hilfsaktion der Oberin Redempta und dem Ärztlichen Direktor der Einrichtung.
Einen Defibrillator für das St. Elisabeth Krankenhaus in der Stadt Arusha in Tansania übergibt Dr. Britt Hornei (rechts) hier bei einer früheren Hilfsaktion der Oberin Redempta und dem Ärztlichen Direktor der Einrichtung. © EliOra

Kaum hatte die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Empfehlung herausgegeben, dass nach einer Erstimpfung mit Astrazeneca nur noch eine Zweitimpfung mit Biontech oder Moderna erfolgen soll, entwickelte sich Astrazeneca auch in Oberhausen zum Ladenhüter. „Obwohl das ein wirklich guter Impfstoff ist, werden wir ihn nicht mehr los“, bedauert Dr. Stephan Becker, der die niedergelassenen Ärzte im Krisenstab vertritt. Weder das Impfzentrum noch die Apotheken aber würden die Dosen zurücknehmen.

Auf die Frage, was damit denn nun passieren soll, habe Dr. Britt Hornei schnell eine Antwort gefunden. Die Chefärztin der Klinik für Laboratoriumsmedizin und Mikrobiologie am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen ist ebenfalls Mitglied des Krisenstabs. Sie schlug vor, Krankenhäuser im afrikanischen Tansania mit der Astrazeneca-Lieferung zu unterstützen.

Enge Verbindung ins ostafrikanische Land seit 2008

Das ELCT Nyakahanga Hospital in Tansania (Ostafrika) gehört zum Beispiel dazu. Mit dieser Einrichtung hatte die Ategris GmbH, zu der die Evangelischen Krankenhäuser Oberhausen (EKO) und Mülheim (EKM) gehören, schon im September 2008 eine Partnerschaftsvereinbarung unterzeichnet. „Seitdem besuchen jedes Jahr Mitarbeiter der Evangelischen Krankenhäuser Oberhausen und Mülheim das Partnerkrankenhaus, um den dortigen Arbeitsalltag kennenzulernen.“ Britt Hornei selbst unterstützt außerdem über die kleine Kölner Hilfsorganisation EliOra direkt das St. Elisabeth-Krankenhaus in Arusha (größte Stadt in Tansania) und eine Krankenpflegeschule in Rhombo am Kilimandscharo. „Die Mitarbeiter müssen sich sogar selbst die Handschuhe und den Mundschutz kaufen.“ Alle drei Einrichtungen sollen nun einen Teil der insgesamt gut 1000 Astrazeneca-Impfdosen erhalten.

„Wir hoffen, dass uns die Oberhausener Feuerwehr den Wirkstoff sicher gekühlt zum Flughafen bringt“, ergänzt Stephan Becker. Britt Hornei will die Impfdosen persönlich nach Tansania begleiten und auch den Transport zu den medizinischen Einrichtungen organisieren. Finanziert werden soll der Transport durch Spenden. „Dafür greifen wir aber alle in die Tasche“, verrät Becker augenzwinkernd.

Kreuzimpfung wirkt auch bei Delta-Variante

Nach aktuellen Studienergebnissen fällt die Immunantwort bei einer Kreuzimpfung deutlich besser aus als nach zwei Impfungen mit Astrazeneca.

Deshalb entschied sich die Ständige Impfkommission dazu, nach einer ersten Impfung mit dem Vektorimpfstoff von Astrazeneca eine Zweitimpfung mit einem mRNA-Wirkstoff zu empfehlen.

Diese Zweitimpfung zeigte auch bei der sich ausbreitenden Delta-Variante eine gute Wirksamkeit.

Doch einen Haken hat die Sache noch: „Der Impfstoff gehört uns nicht, er gehört dem Bund und wurde uns über das Land zur Verfügung gestellt“, führt Becker aus. Ein Schreiben mit der Bitte um Genehmigung der Hilfsaktion an das NRW-Gesundheitsministerium ist bereits auf dem Weg. Allein – es fehlt die Antwort. „Bis zum Ende der Woche muss diese aber vorliegen, sonst wird die Zeit zu knapp“, sagt Becker. Denn einige Impfdosen laufen in vier Wochen ab. „Und wir wollen keine einzige davon in die Tonne kloppen müssen.“