Oberhausen. Aufregung in der Nacht auf Sonntag: Bakterien im Trinkwasser in Teilen des Ruhrgebiets. Viele Menschen fühlen sich schlecht informiert.
Es war bereits kurz vor Mitternacht am Samstag, als bei vielen Menschen in Oberhausen der Puls plötzlich in die Höhe schoss: Die bekannte Warn-App Nina schlug Alarm. Das Trinkwasser sei mit Bakterien verunreinigt, gelange es in offene Wunden bestehe sogar Lebensgefahr. Vor dem Verzehr sollte es mindestens drei Minuten lang sprudelnd abgekocht werden.
Die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft (RWW) hat am Sonntag gegen 12 Uhr Entwarnung gegeben. Das Trinkwasser werde nun gechlort und könne bedenkenlos getrunken werden. Doch der Schock sitzt den Menschen noch immer in den Knochen. Die Verunsicherung ist groß, was unter anderem auch auf der Facebook-Seite der RWW zum Ausdruck kommt. Kunden beschweren sich über die in ihren Augen maue Informationspolitik der Wasserwerke.
Wasserwerk Styrum: Bakterien im Trinkwasser
Um 0.19 Uhr veröffentlichten die Wasserwerke die Warnmeldung im sozialen Netzwerk Facebook. Zu diesem Zeitpunkt waren die Gesundheitsämter der Städte Oberhausen, Mülheim, Bottrop und Ratingen im Kreis Mettmann sowie die zuständigen Feuerwehren bereits informiert, die Warn-App hatte angeschlagen. „In unserem Wasserwerk in Mülheim-Styrum ist bei einer Routineuntersuchung eine Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität aufgefallen“, schrieb RWW. Das Wasser werde nun gechlort, es bestehe ein Abkoch-Gebot.
Vielen Facebook-Nutzern reichten diese Informationen nicht aus. „Hier haben besorgte Bürger Fragen, die sollten langsam beantwortet werden“, beschwerte sich jemand. „Wo bleibt eine anständige Karte mit den gekennzeichneten Gebieten? Wo bleibt die Information, wann das letzte Mal das Wasser getestet wurde?“ Ein anderer meinte: „Die extrem spärlichen Informationen sind eine absolute Frechheit.“
Nur kleckerweise und nicht zentral gesteuert, sondern unter anderem auch auf der Internet- und Facebookseite der Stadt Mülheim erhielten die beunruhigten Bürgerinnen und Bürger weitere Informationen: In den Wasserproben wurden demnach Colibakterien gefunden. Wie stark oder schwach das Trinkwasser kontaminiert war, blieb zunächst unklar. Auch eine Einschätzung, welche Symptome Colibakterien auslösen, suchten die Menschen zunächst vergebens.
Colibakterien: ernste Gefahr für Säuglinge und Kranke
Laut Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände kommt es dabei maßgeblich auf den Grad der Verunreinigung an. Werden Colibakterien über das Trinkwasser aufgenommen, verursachen sie nicht immer Symptome, können aber zu Erbrechen und Durchfall führen. Für Säuglinge, Ältere, Kranke und Immungeschwächte können Colibakterien zu einer ernsten Gefahr werden.
Versorgung mit Trinkwasser im Notfall
Die aktuelle Aufregung um die Verunreinigung des Trinkwassers erinnert an einen massiven Wasserrohrbruch im Januar 2019, der Teile Oberhausens damals von der Wasserversorgung abschnitt. Auch damals hatten die Menschen die große Frage: Wie wird die Wasserversorgung im Notfall sichergestellt?
Doch die Stadt konnte auf Nachfrage beruhigen: Oberhausen verfügt über mehrere Grundwasser-Notbrunnen, über die Bürgerinnen und Bürger in Notlagen mit sauberem Trinkwasser versorgt werden können.
Selbst wenn die Versorgung von der Ruhr abgeschnitten ist, könne das Wasserwerk eine Grundversorgung wieder aufbauen, erklärte damals RWW-Sprecher Ramon Steggink. Denn Oberhausen bezieht Wasser aus zwei unterschiedlichen Quellen: aus der Ruhr im Süden und aus dem Grundwasser des Wasserwerkes Dorsten im Norden.
Angesprochen auf die Kritik in den sozialen Medien an der „verzögerten und schleppenden Informationspolitik“ entgegnet Ramon Steggink, Sprecher der Wasserwerke: „Wir können nicht jeden Kommentar eins zu eins beantworten, versuchen aber mit regelmäßigen Updates den Sachstand darzustellen. Wir bedienen zwar Twitter, nutzen den Kanal aber nicht für derartige Infoverbreitung. Wer sich informieren möchte, kann unsere Homepage oder den Facebook-Kanal nutzen.“ Zudem sei es Aufgabe der Stadt, die Bevölkerung zeitnah zu informieren.
Bakterien im Trinkwasser: Warum keine Warnung per Lautsprecher?
Während die Stadt Mülheim bereits in der Nacht zu Sonntag auf ihrer Facebookseite über den Vorfall im Wasserwerk informierte, findet man auf der offiziellen Seite der Stadt Oberhausen die erste Information am frühen Sonntagmorgen. Schneller war die Feuerwehr, die ebenfalls bereits in der Nacht warnte. Die Facebookseite hat rund 17.000 Abonnenten.
Und was ist mit den Menschen, die weder die Warn-App Nina noch Facebook oder Twitter nutzen? Hätten sie durch Lautsprecherdurchsagen gewarnt werden können? Das fragen viele Nutzer in den sozialen Medien. „Um 23 Uhr die Sirenen zu nutzen, wäre nicht verhältnismäßig gewesen“, erklärt Thomas Nienhaus, Sprecher der Stadt Mülheim, in der sich das betroffene Wasserwerk befindet. Denn auch wenn Verbraucher das kontaminierte Wasser getrunken haben sollten, sei die Wahrscheinlichkeit einer Infektion eher gering. „Die festgestellte Kontamination ist als gering zu bewerten.“