Oberhausen. Aus dem „Maskenball“ wird „Eine Stadt spielt still“: Wer mitspielt, hat drei Wochen Zeit für 30 Aufgaben – und erlebt eine „Traumvorstellung“.
Ein Kuvert vom Theater ist noch keine große Überraschung – wenn man Karten bestellt hat oder als Abonnent den neuen Spielplan erwartet. Doch für „Eine Stadt spielt still“ kommt ein ganzes Paket vom Theater ins Haus – und auch nicht per Post, sondern persönlich zugestellt. So kann am Freitag, 28. Mai, das Spiel beginnen.
„Wir machen in dieser Spielzeit das Meiste digital“, sagt Babett Grube. „Doch diese Produktion wollten wir halten.“ Im umbaubaren Spielplanbuch mit den (in weiser Voraussicht) heraustrennbaren Seiten firmierte sie noch unter dem Arbeitstitel „Ein Maskenball“, angekündigt als „Premiere im Oberhausener Stadtraum“. Doch dieser Titel schmeckte der Hausregisseurin bald nur noch bitter angesichts der immer vageren Aussichten auf eine „Live“-Aufführung. „Wir hatten lange gehofft auf eine Begegnung mit dem Publikum“, so Babett Grube. Ihre letzte Inszenierung vor Zuschauern war im Herbst „Kleiner Mann – was nun?“ nach Hans Fallada. „Öffentliche Räume sind so wichtig. Es ist wichtig, dass man sich als Stadt spürt.“
Die Antwort auf diese große Sehnsucht nach Gemeinsamkeit bei aller gebotenen Distanz lautete schließlich: „Lasst uns ein Spiel machen!“ Der neue Titel „Eine Stadt spielt still“ ist dabei ein Understatement angesichts dessen, was drinstecken wird in den Paketen: „viel Liebe, Mühe und Aufwand“. Von diesem Punkt an wird’s etwas komplizierter, denn weder die Regisseurin noch Choreographin Salome Schneebeli wollen zuviel verraten – und scheinen gleichzeitig schier zu platzen vor gespannter Erwartung.
Zum Finale steigt eine „Traumvorstellung“
Das lässt sich vergleichen mit dem aktuellen Status der Webseite einestadtspieltstill.de – von Hanns Bahra gestaltet als bezauberndes Wimmelbild, in dem sich allerdings noch nicht mehr anklicken lässt als ein kleiner Einleitungstext. Die Fixpunkte: Das Spiel beginnt am Freitag, 28. Mai, um 14 Uhr, ist aber eine Woche lang offen für spätere Einsteiger, und endet mit dem Spiel- (und Spielzeit-)Finale am Samstag, 19. Juni, ab 19.30 Uhr. „Dann gibt’s eine Traumvorstellung“, schwärmt Salome Schneebeli, die Zürcherin aus Wien.
Spielend das eigene „Obitopia“ wiederentdecken
„Eine Stadt spielt still“ ist ein Spiel für alle Menschen: ob groß, ob klein, für jedes Alter. Für alle, die gerne als kleine Gruppe spielen oder lieber allein. Für jede Person, ob sie ihre Wohnung verlassen möchte oder nicht. Zudem versichert das Theater: „Wir sprechen fünf Sprachen. Ist deine nicht dabei? Wir erfinden gemeinsam eine neue!“Innerhalb dreier Wochen können sich die Mitspieler flexibel an unterschiedlichen Aufgaben beteiligen, neue Wesen kennenlernen und ihr eigenes „Obitopia“ wiederentdecken. Das Spiel startet am Freitag, 28. Mai, um 14 Uhr, doch ein späterer Spieleinstieg ist bis zum 4. Juni noch jederzeit möglich.Die Spiel-Karten kosten 15 Euro, ermäßigt 5 Euro, erhältlich im Besucherbüro des Theaters, montags bis freitags 10 bis 15 Uhr, 0208 - 8578 184, Online-Bestellung über theater-oberhausen.de
30 Rätsel und Aufgaben, ahnt Babett Grube, wird kein Mitspielender in drei Wochen lösen können – aber das soll auch nicht der Zweck dieses Stadtspiels sein. „Wir haben ein Modell, in dem Improvisation vorkommen darf“, betont die Choreographin Schneebeli. „Unser Spiel ist wie neue Musik.“ Schließlich gibt’s keine pompösen Preise zu gewinnen, sondern Begegnungen. Dabei eröffnet das Regieteam den Spielenden stets mehrere Wege: Auch wer nicht aus dem Haus kommt, soll mitmachen können. „Man kann sich Zeit nehmen“, sagt Babett Grube und lädt ein, jederzeit nachzufragen. Wenn’s erst losgeht, soll die Webseite des stillen Spiels auch „kleine Filme wie Tutorials“ enthalten.
Spielfiguren von „Königin Sonne“ bis zum „blauen Monster“
„Das ist schon ein Organisations-Wahnsinn“, bekennt Salome Schneebeli. Schließlich spielt ja auch das Oberhausener Ensemble mit – als leibhaftige Spielfiguren von der „Königin Sonne“ bis zum „blauen Monster“. Und wenn auch noch die Stadtverwaltung mitspielt, darf auf dem Rasen vorm Rathaus ein Kiosk stehen als „Haus der Träume und Wünsche“.
„Das ist eine Aufgabe von Theater“, resümiert Babett Grube, „Gemeinschaft zu schaffen“. Und Salome Schneebeli als wahre Künstlerin des Spannungsaufbaus ergänzt: „Man lebt im Theater immer mit dem Unbekannten: Aber so etwas habe ich noch nie erlebt.“