Extravagante Figuren konnte man rund um die Turbinenhalle treffen. 2500 Fans feierten dort bei "Punk im Pott" ihre Idole. Das hatte vor zwei Jahren noch für reichlich Wirbel gesorgt. Diesmal blieb es friedlich.

Es ist die Zeit der extravaganten Figuren. Gerade ging noch ein rauschebärtiger Mann in knallroter Robe herum, goldgelb strahlende Engel wurden gesichtet, ein blondgelocktes Kind brachte wohl Geschenke, und bald sind drei Könige, teils mit pechschwarzem Make-Up, singend auf den Straßen unterwegs. Man sollte meinen, dass die Bevölkerung von einer buntbehaarten, nietenbesetzten und etwas erheiterten Schar kaum aufgeschreckt werden kann. Aber 2500 Punks sind doch was anderes, selbst Karnevalisten und Fußballfanhorden werden in der Vergleichsansicht als zivilisiert wahrgenommen. Für den gemeinen Bürger ist „Punk im Pott” ein bemerkenswertes Ereignis - für die Zielgruppe aber auch. Ihr wurde am Sonntag und Montag das größte Hallenfestival des Deutschpunk geboten, und am Ende waren alle glücklich.

lob der Ordnungshüter

2500 Fans feierten beim größten Indoor-Punk-Festival. Foto: Tim Foltin / WAZ FotoPool
2500 Fans feierten beim größten Indoor-Punk-Festival. Foto: Tim Foltin / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool

Letztes Jahr musste der Veranstalter ins Exil gehen, nach Berlin. Das Großkonzert wurde in Oberhausen nicht genehmigt. Grund war vor allem ein Freudenfeuer der Besucher auf dem Parkplatz vor der Turbinenhalle bei der Auflage 2007. So galt der erste Blick Außenstehender auch nicht dem Programm, sondern den Sicherheitsvorkehrungen. Das Gelände um den Veranstaltungsort war eingezäunt, einen Ausgang in Richtung Mülheimer Straße gab es - zum Leidwesen der Burger-Hungrigen - nicht. Vom Hauptbahnhof wurden Pendelbusse eingesetzt, die ankommende Besucher gleich zur Halle fuhren. Das brachte dem Veranstalter ein Lob der Ordnungshüter ein, er habe „sachlich und professionell” gearbeitet.

27 Bands auf der Bühne

Wiederauflage

Der Veranstalter von „Punk im Pott” hofft auf eine Wiederholung in 2010.

„Es war sehr ruhig, was vor allem an den Shuttlebussen und der Security lag”, sagte Alex Schwers. Die Sicherheitsvorkehrungen seien zwar teuer gewesen, hätten sich aber gelohnt. Polizei und der Betreiber der Turbinenhalle seien zufrieden gewesen, ein Gespräch mit dem Ordnungsamt steht aus. „Wir gehen aber davon aus, dass es auch im nächsten Jahr stattfindet.” Was Punks tagsüber machten, teilte die Polizei mit: „Nachdem die Gäste am Montagmorgen gefrühstückt hatten, verteilten sie sich im Stadtgebiet, um sich . . . hauptsächlich mit alkoholischen Getränken und Tabakwaren einzudecken.”

Kaum einer konnte sich also über die Veranstaltung beschweren, schon gar nicht die Besucher. Sie hörten 27 Punkbands, darunter große Namen der Szene. Die inoffizielle Hymne des ersten Tages lieferten Verlorene Jungs mit „Das geht ab”. Eine bizarre Szene, wenn hunderte Punks ein Lied grölen, das im Sommer auf den Tanzflächen von El Arenal für Aufsehen sorgte. Überhaupt war der erste Tag von Spaßmusik geprägt. Die Band Lokalmatadore ging bei Songs wie „Mülheim/Ruhr” und „Happy Weekend” im Jubel der Hörerschaft beinahe unter, auch wenn einige bei Erscheinen der Stücke noch nicht geboren gewesen sein dürften. Dieses Bild zeigte sich während des gesamten Festivals: Die Bands auf der Bühne sind in die Jahre gekommen, das Publikum scheint jünger zu werden. „Es gibt eben kaum neue Bands, die den Stellenwert von zum Beispiel Slime oder Toxoplasma erreichen”, erzählt Veranstalter Alex Schwers. „Und ein 16-Jähriger, der zum Punk kommt, besinnt sich dann schnell auf27 die Ursprünge.”

Später wurde es politisch

Die wurden auch am Montag auf der Bühne repräsentiert. Bald 30 Jahre gibt es die Dödelhaie, und Sänger Andy scheint sich auch schon lange keine neuen Anmoderationen mehr ausdenken zu wollen. Aber die, die er hat, sind gut. Da werden Tick, Trick und Track zu Kämpfern, die sich gegen alle Obrigkeiten sowie ihren kapitalistischen Onkel auflehnen und sich im Fähnlein-Fieselschweif-Club organisieren, laut Andy ein Vorläufer der RAF. Tatsächlich politisch wurde es später mit Fahnenflucht und Dritte Wahl, auch wenn da vielleicht schon nicht mehr alle auf den Text achteten. Das sei nach mehr als 20 Stunden Livemusik (und Bier) auch erlaubt.