Oberhausen. Ein 36-jähriger Tamile wird ins Ausländeramt Oberhausen gebeten. Er erscheint – wird festgenommen und abgeschoben. Es regt sich starke Kritik.
Ein 36-jähriger Oberhausener ohne deutsche Staatsangehörigkeit wird in die Ausländerbehörde bestellt. Er solle seinen aktuellen Arbeitsvertrag und seine Aufenthaltsdokumente vorlegen. Der Mann kommt dem nach – und wird noch an Ort und Stelle festgenommen und in ein Abschiebegefängnis gebracht.
Sechs Tage später wird er abgeschoben – als einer von 24 Tamilen, die Ende März von Düsseldorf nach Sri Lanka geflogen wurden. Doch in dem Inselstaat ist der 36-Jährige nicht sicher, sagen die Oberhausener Linken. Sie kritisieren die Abschiebung, aber auch das Vorgehen der Stadt Oberhausen.
Yusuf Karacelik, Vorsitzender der Linken-Fraktion im Stadtrat, ist empört. Da bestelle man einen Bürger zu einem regulären Termin – und dann lasse man ihn festnehmen. Nicht nur gegen das Vorgehen der Stadt, sondern auch gegen die Abschiebung als solche protestieren die Linken. Seit 2017 besitze der betroffene Tamile eine Arbeitserlaubnis, seit Juli habe er eine unbefristete Beschäftigung in einem Fastfood-Lokal. Er erfülle die rechtlichen Voraussetzungen für einen dauerhaften Aufenthalt und solle umgehend nach Oberhausen zurückkehren dürfen.
Asylantrag wurde abgelehnt
Die Stadt bestätigt die Festnahme in der Ausländerbehörde. Und schildert, wie es dazu kam: Der gebürtige Tamile kam demnach 2016 nach Deutschland. Er stellte einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration jedoch ablehnte. Er legte Einspruch ein, doch seit 2020 gilt sein Antrag als endgültig abgewiesen. „Damit blieb für rechtsstaatliches Handeln nur noch die Alternative der Ausreise“, heißt es aus dem Rathaus.
Der mehrmaligen Aufforderung, freiwillig das Land zu verlassen, sei der Mann nicht nachgekommen. Die Stadt habe ihn darauf hingewiesen, dass andernfalls die Abschiebung drohe. Und so kam es denn auch: Nach richterlichem Beschluss wurde der 36-Jährige zur Fahndung und Festnahme ausgeschrieben.
Die tamilische Bevölkerungsgruppe werde auf Sri Lanka „seit Jahrzehnten systematisch unterdrückt und verfolgt“, sagen die Oberhausener Linken. Tatsächlich herrschte in dem Land bis 2009 ein Bürgerkrieg, die tamilische Minderheit kämpfte um die Unabhängigkeit, doch die Regierungstruppen Sri Lankas trugen den Sieg davon.
Bürgerkrieg in Sri Lanka: Keine Aufarbeitung
Experten gehen davon aus, dass während des Krieges Menschenrechte verletzt und Kriegsverbrechen begangen wurden. Doch eine Aufarbeitung der Geschehnisse gestaltet sich bis heute schwierig, wie auch das Auswärtige Amt informiert: Die Innenpolitik des Landes sei nach wie vor vom damaligen Bürgerkrieg geprägt, heißt es auf der Internetseite des Amtes. Wichtige Schritte zur Aufarbeitung des Bürgerkrieges kämen nicht voran. Nach den Präsidentschaftswahlen 2019 kündigte die Regierung am 27. Februar 2020 im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen zudem an, den von der internationalen Gemeinschaft eingeforderten Aufarbeitungsprozess nicht fortzuführen.
Zeitgleiche Aktion mit 30 Festnahmen?
Die Oberhausener Linken berichten, dass der 36-jährige Oberhausener im Zuge einer konzertierten, landesweiten Aktion festgenommen worden sei. Von mehr als 30 Festnahmen ist die Rede.Das NRW-Ministerium für Flüchtlinge und Integration bestreitet dies allerdings. Nähere Details beziehungsweise auch weitere Informationen zu dem Oberhausener Einzelfall gibt das Ministerium aus Gründen des Datenschutzes nicht bekannt.
Daher seien Abschiebungen nach Sri Lanka aus humanitären Gründen nicht zu rechtfertigen, mahnen die Oberhausener Linken. Auch die Initiative „Willkommen in Oberhausen“ fordert einen Abschiebestopp. Die unvermittelte Festnahme während eines Termins in der Ausländerbehörde „halten wir darüber hinaus für ein skandalöses Vorgehen. Dies muss auch als Botschaft an andere Geflüchtete verstanden werden, dass selbst Routinetermine nicht angstfrei ohne Begleitperson wahrgenommen werden können. Diese Form der Abschreckungspolitik reiht sich als logische Konsequenz in Abschreckungsmaßnahmen wie die Zustände in den Geflüchtetenlagern an den EU-Außengrenzen ein – und gehört umgehend abgeschafft.“
Gegen die Abschiebung der insgesamt 24 Menschen tamilischer Herkunft regte sich auch am Tag der Abschiebung Protest, Demonstranten versammelten sich am Flughafen Düsseldorf. Auch der Flüchtlingsrat NRW verurteilt die Abschiebungen.