Oberhausen. Die Leidensgeschichte der Mieter im Europahaus Oberhausen ist lang: Brände, kaputte Heizungen, Asbest im Treppenhaus. Was sagt der Vermieter?

Wie nah sich Kontraste sein können, zeigt das Europahaus in Oberhausen. Auf der einen Seite kommt der einst so prestigeträchtige Bau aus der Nachkriegszeit kaum zur Ruhe, weil ständig neue Unruheherde wachsen: Mal brennt es im Haus, mal wird das Dachgeschoss geräumt, weil Fluchtwege fehlen und nachgerüstet werden müssen. Aktuell werden Teile des Gebäudes von Asbest befreit. Die Mieter des Europahauses leben seit Jahren auf einer Dauerbaustelle, deren Verwalter, die Zentral Boden Vermietung und Verwaltung (ZBVV), alle Klagen zu ignorieren scheint.

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Die andere Seite des Europahaus soll dagegen bald glänzen: Politiker der Stadt treiben die Wiedereröffnung des eleganten Europapalastes voran, damit der alte Prunk wiederkehrt, werden sogar Millionen Euro investiert, um das einstige riesenhafte Kino mit 900 Sitzplätzen in einen Multifunktionssaal für das hiesige Theater, die Kurzfilmtage und die VHS stilvoll umzubauen.

11. August 2020 auf dem Friedensplatz direkt am Europahaus Oberhausen: Mieter versammeln sich, um öffentlich über ihre Probleme und Sorgen zu reden.
11. August 2020 auf dem Friedensplatz direkt am Europahaus Oberhausen: Mieter versammeln sich, um öffentlich über ihre Probleme und Sorgen zu reden. © FUNKE FotoServices | Kerstin Bögeholz

Mittendrin: Die Linke Liste mit ihrem Büro im Erdgeschoss an der Elsässer Straße. Sie organisiert die Mieterinitiative und vertritt die Interessen der arg gebeutelten Bewohner gegen die in ihren Augen undurchsichtigen Pläne der ZBVV. Kurz vor Weihnachten stellte sie eine Anfrage an die Stadt. Der Grund: die seit dem Sommer andauernde Asbestsanierung. Einen Monat später folgt die Antwort. Demnach habe die Stadt die Sanierung nie selbst angeordnet, antwortet der zuständige Beigeordnete für Soziales, Bauen, Wohnen und Recht, Frank Motschull schriftlich. Es sei der Verwalter, die ZBVV, die aus Brandschutzgründen alle Stromzähler im Europahaus erneuern muss.

Wie schädlich ist das Asbest für die Mieter im Europahaus in Oberhausen?

Warum diese Umbauten allerdings erst gut drei Jahre nach Erwerb des Gebäudes (2017) anfangen, noch dazu mitten in der Corona-Pandemie, bleibt der Verwalter in seiner Antwort auf die offizielle Anfrage der Stadt schuldig. Auch die Frage, wie stark der Asbest die Mieter gefährdet, ist nicht eindeutig geklärt. Einerseits erklärt die ZBVV, beim Asbest in Spachtel und Putz an den Wänden des Treppenhauses handele es sich um festgebundene Asbest-Fasern – von denen keine Gefahr für die Mieter im Europahaus ausgehe.

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Andererseits müssen die immerhin rund 90 betroffenen Mieter mindestens alle zwei Tage ihre Wohnungen verlassen und vorübergehend in einem Hotel unterkommen. So berichten es die Linken. Die Stadt kann bei der Frage um die Asbestbelastung auch nicht zur Aufklärung beitragen: „Der Stadtverwaltung liegen keine Messergebnisse vor“, heißt es auf Nachfrage.

Einst Vorzeige-Immobilie

Das Europahaus Oberhausen wurde von 1955 bis 1957 nach Plänen des Düsseldorfer Architekten Hans Schwippert in der Stadtmitte nahe der Marktstraße gebaut. Der Architekt entwarf neben dem Bundeshaus in Bonn auch das Bundeskanzleramt Palais Schaumburg in der früheren Hauptstadt.

Aus architektonischer Sicht ist das Europahaus auch heute noch ein wahres Schmuckstück für die Alt-Oberhausener Innenstadt. Doch leider befindet es sich baulich ganz offensichtlich in keinem guten Zustand.

Seit 2008 steht das Europahaus unter Denkmalschutz und gehörte über Jahrzehnte der Allianz-Versicherung. Der aktuelle Eigentümer ist die ZBI Immobilien Aktiengesellschaft, dessen Verwaltungsgesellschaft ZBVV zuständig für die einstige Vorzeige-Immobilie Oberhausens ist.

Zu den Sorgen um das Asbest kommt ein weiteres Ärgernis: Ausgerechnet bei den eisigen Temperaturen gibt es nach Auskunft der Linken Probleme mit den Heizungen, die in verschiedenen Gebäudeteilen immer mal wieder ausfielen.

Wann haben die Leiden der Europahaus-Mieter ein Ende? Die ZBVV geht laut ihrem Antwort-Schreiben auf die Anfrage der Stadt davon aus, dass bis zum Frühsommer alle bekannten und vorgesehenen Asbestarbeiten an der Elsässer- und Langemarkstraße abgeschlossen seien werden. Doch Vorsicht: „Aufgrund der aktuellen Pandemie kann eine mögliche Verzögerung jedoch nicht ausgeschlossen werden.“ Wer im Europahaus wohnt, muss diese Aussage leider als Warnung verstehen.