Oberhausen. Durch eine Chipkarte sollen ärmere Oberhausener Familien einfacher Vereinssport oder Schulausflüge wahrnehmen können. So funktioniert das System.
Die Stadt Oberhausen will es für einkommensschwache Familien einfacher machen, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket in Anspruch nehmen zu können. Dafür wird nun im Februar nach mehreren Monaten Verzögerung die Bildungskarte „MyCardOberhausen“ eingeführt. Ursprünglich war die Einführung für den Herbst 2020 angedacht.
Die Mittel aus dem Teilhabepaket geben finanziell benachteiligten jungen Menschen Zugang zu Freizeit- und Schulangeboten, die für ihre Familien sonst kaum oder gar nicht bezahlbar wären. Das kann die Teilnahme an einer Klassenfahrt sein, Nachhilfeunterricht, Vereinssport oder auch finanzielle Hilfe bei der Anschaffung von Stiften oder Schulheften.
Nur bei jedem Zehnten kommt die Staatshilfe in Oberhausen an
Bislang wurden diese Mittel in Oberhausen kaum abgerufen – obwohl nach Angaben der Verwaltung rund 12.500 anspruchsberechtigte Kinder und Jugendliche in der Stadt leben. Einer aktuellen Studie des Paritätischen zufolge kommen die Mittel gerade mal bei jedem zehnten Anspruchsberechtigten in Oberhausen an. Die sogenannte Teilhabequote lag hier im April 2020 nur bei 9,9 Prozent – noch mal 1,2 Prozent weniger als im Vorjahr.
In vielen anderen Ruhrgebietsstädten ist die Quote ähnlich schlecht: In Essen liegt sie bei nur 8 Prozent, in Gelsenkirchen bei 9,2 Prozent und in Bottrop bei 9,7 Prozent. Die große Ausnahme ist Hamm. Dort erreicht man seit Jahren eine Quote von über 90 Prozent. Der Grund: Hamm hat bereits vor Jahren eine Scheckkarte für arme Familien eingeführt, über die Leistungen aus dem Bildungspaket auf simple Weise abgerechnet werden können. Komplizierte Bürokratie in Form von Einzelanträgen für Schulmaterial oder Mittagsverpflegung werden damit überflüssig.
Bildungskarte wird im Februar an Anspruchsberechtigte ausgegeben
Um den Zugriff auf die Leistungen auch in Oberhausen zu vereinfachen, hatte der Stadtrat Anfang 2020 die Verwaltung damit beauftragt, ein entsprechendes Konzept zu entwickeln. „Es war dringend geboten, dass wir für bessere Abrufquoten und damit auch ein Stück mehr Bildungsgerechtigkeit in Oberhausen sorgen“, betonte der damalige sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ercan Telli.
Das Teilhabepaket
Berechtigt, die „MyCardOberhausen“ zu nutzen und Mittel aus dem Teilhabe- und Bildungspaket in Anspruch zu nehmen, sind alle Bezieher von Arbeitslosengeld II sowie Sozialgeld, Sozialhilfe, Wohngeld und dem Kinderzuschlag. Das Bildungs- und Teilhabepaket war 2011 eingeführt worden. Es beinhaltet einen Pauschalbetrag von 15 Euro im Monat, der etwa für Musikunterricht, die Mitgliedschaft in einem Sportverein oder Babyschwimmen genutzt werden kann. Zusätzlich gibt es ein Schulbedarfspaket in Höhe von 154,50 Euro je Schuljahr. Die Kosten für Kita- oder Schulausflüge werden komplett übernommen.
Bei der Entwicklung eines Konzepts hat sich die Verwaltung nun offenbar stark an das Hammer Erfolgskonzept orientiert: Die „MyCardOberhausen“ wird nach Angaben der Stadt seit Februar schrittweise vom Rathaus und vom Jobcenter an anspruchsberechtigte Kinder und junge Erwachsene ausgegeben. Die Karte wird inzwischen auch in vielen anderen Kommunen genutzt, von Offenbach bis Rostock. Ercan Telli hofft, den Abruf der Teilhabemittel mit der Karte „nun endlich steigern zu können.“ Eine Aufstockung des Personals im Jobcenter soll einen weiteren Teil zur Erhöhung der Teilhabequote beitragen.
„Die Nutzung der Karte ist sehr einfach“
Die Handhabung der Karte soll selbsterklärend sein. Mit ihr erhält jeder Anspruchsberechtigte eine Kartennummer und ein Passwort, mit dem er oder sie sich online auf www.bildungs-karte.org anmelden kann. Dort kann man Angebote suchen, den Kontostand kontrollieren und direkt Überweisungen an die Vereine, Lernförderanbieter, Caterer, Schulen oder Kitas leisten, deren Leistungen man in Anspruch nimmt.
Wer keinen Online-Zugang hat, soll die Karte einfach beim Leistungsanbieter vorlegen. Der Entwickler der Karte, der französische Facility-Riese Sodexo Pass, vergleicht es mit einer „Kreditkarte“. Handelt es sich beispielsweise um einen Sportverein, kann er die Mitgliedsbeiträge direkt über diese Kreditkarte abbuchen. „Der Bürokratie-Aufwand wird so extrem reduziert“, lobt Ercan Telli das System. „Die Nutzung ist sehr einfach.“