Oberhausen. In Oberhausen sind fast hundert Menschen nach einer Corona-Ansteckung gestorben. Zu viele Bürger haben sich zu falsch verhalten.
Wir Journalisten müssen wichtige Ereignisse im bunten Leben auf dieser Erde ja eigentlich ganz nüchtern betrachten, müssen sie so klar und verständlich wie möglich aufbereiten -- und sollten dabei unsere privaten Emotionen außen vorlassen. Das ist im Prinzip auch richtig so: Leserinnen und Leser sollten sich schließlich ein eigenes Urteil anhand trockener Fakten in Nachrichten bilden.
Tragische Verwüstungen der Corona-Pandemie
Doch es gibt Daten und Ziffern, die selbst zahlen-gewohnte Menschen nicht kalt lassen sollten. Das passiert leicht, weil wir es in unserer Gesellschaft geschafft haben, die tragischen Verwüstungen dieser Corona-Pandemie bei vielen Menschen mit einer Flut von Nummern, Grafiken und Tabellen zu objektivieren und zuzuschütten.
Heute morgen mussten wir berichten, dass in Oberhausen fast hundert Menschen an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorben sind. An nur einem einzigen Tag sah sich die Stadt gezwungen, weitere 15 Todesfälle ans Landesamt Gesundheit NRW zu melden. Fast hundert Menschen leben nicht mehr, vor allem, weil Corona sich so massiv ausbreitet -- allein in Oberhausen! Fast 200 Bürger sind so schwer an diesem Virus erkrankt, dass sie in örtlichen Krankenhäusern behandelt werden müssen.
Wie viele Bekannte, Freunde und Verwandte weinen in diesen Monaten um einen geliebten Menschen? Es sind Tausende, die an diesen Weihnachtstagen auf dieses Jahr zurückschauen -- und so viel Trauer im Herzen tragen müssen. Sie dürfen in der Diskussion um Ansteckungsraten, Überlebensquoten, Ausgangs-Vorschriften und Impf-Zeitplänen nicht vergessen werden: Bei aller handwerklichen Professionalität denken wir in der Redaktion an all diese traurigen Menschen -- immer wieder. Erst recht heute.
Unerträgliche Corona-Kakophonie, die Menschen verwirrt
Es wäre nun einfach, das politische Krisenmanagement in all diesen langen Monaten der Corona-Pandemie in Deutschland, in NRW, ja auch in Oberhausen, zu kritisieren. Das haben wir gemacht, das machen wir, auch weil es Aufgabe der Journalisten ist, Schwachstellen der von uns gewählten Regierungen und Parlamente aufzuzeigen.
Natürlich ist die Krisenkommunikation in einem demokratisch föderalen Staat nicht nur manchmal eine unerträgliche Kakophonie, die Menschen verwirrt. Natürlich sind Regelungen widersprüchlich, natürlich gibt es unlogische Vorschriften und einen Haufen Ungerechtigkeiten, bei dem verzweifelten Versuch, bundesweit Kontakte so weit einzuschränken, dass sich das Virus nicht weiter ausbreitet und die Wirtschaft nicht zugleich kollabiert. Dass wir es trotz aller erschöpfenden Arbeit des Pflegepersonals nicht geschafft haben, die hilfsbedürftigen Senioren in Altenheimen zu schützen, ist zum Verzweifeln: In einem einzigen Oberhausener Heim sind 47 von 77 Bewohnern mit Corona infiziert. Insgesamt hat sich in 19 von 26 Heimen das Virus eingenistet.
Im Nachhinein weiß man, dass in der zweiten Welle zu spät und zu wenig strikt gehandelt wurde. Letztendlich aber ist das Leben in unserer Gesellschaft so komplex, dass man nicht erwarten kann, dass Pandemie-Vorschriften alles im Detail regeln können. Es kommt gerade bei einer solchen Virus-Ausbreitung über zu nahe Kontakte entscheidend auf das Verhalten des Einzelnen, auf die Verantwortung des individuellen Bürgers an.
Deutliche Worte sind notwendig
Die Oberhausener Politik und Stadtspitze scheuen sich, deutliche Worte zu finden. Deshalb sei hier ganz klar aufgeschrieben: Zu viele Bürger haben gerade eben nicht eigenverantwortlich genug gehandelt, zu viele haben nicht nach dem Geist der Pandemie-Vorschriften gelebt, sondern danach gesucht, was alles noch nicht verboten worden ist, kurz: Zu viele haben ihr Gebaren nicht danach ausgerichtet, was in Pandemie-Zeiten unbedingt erforderlich ist. Das rächt sich in diesen Tagen und Wochen bitter -- darunter leiden nun viel zu viele Menschen. Und das stimmt uns alle tieftraurig.