Oberhausen. Die Empörung war groß, als die Bezirksvertretung Alt-Oberhausen über die Fällung von vier Bäumen entscheiden sollte.
Sie gilt als Vorzeigeprojekt in der Innenstadt von Alt-Oberhausen, die neue sechsgeschossige Häuserzeile mit 32 altengerechten Wohnungen an der Gutenbergstraße. Der örtliche Investor Ingo Plaßmeier und die Stadtsparkasse haben damit 2019 gezeigt, dass die Umgebung in der City direkt am Kult-Restaurant Gdanska auch für Neubauten attraktiv sein kann: Sie stoßen bei Mietern auf eine rege Nachfrage.
In der Bezirksvertretung ging es kürzlich allerdings um eine negative Begleiterscheinung. Erst nachdem die Häuserzeile fertig war, wurde nach Angaben der Stadt festgestellt, dass die Feuerwehr – von der Straße aus – ihre Leitern dort nur schlecht anstellen kann. Deshalb müssten vier 25 Jahre alte und große Säuleneichen gefällt werden.
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Die Empörung bei den Lokalpolitikern war groß. Aber eine gezielte Aufklärung des Sachverhalts betrieben sie in dem Gremium nicht, um grundsätzliche Konsequenzen für die Zukunft zu ziehen. Das beantragten sogar die Grünen nicht, die ja aus der Kommunalwahl im September gestärkt hervorgegangen sind. Sie gehörten am Ende zu der Minderheit von fünf Stimmen, die den Fällungen ihr Ja verweigerten. CDU und SPD stimmten zähneknirschend zu.
Fällantrag erst wieder zurückgezogen
In ihrem Papier legten die städtischen Beamten dar, dass der Bauherr die Fällungen ursprünglich, also 2018, beantragt hatte. Dies wurde dann aber als Irrtum wieder zurückgezogen. Im April wurde die Fällung einer der Eichen dann erneut beantragt – mit Hinweis auf die Feuerwehr. Die drei anderen Eichen sollten stark beschnitten werden. Dies so regelmäßig zu bewerkstelligen wie es aus Sicherheitsgründen erforderlich ist, hielt die Stadt allerdings für viel zu aufwendig. Die städtischen Fachleute schlugen vor, einfach alle Bäume zu fällen. Die übliche vorherige Besichtigung durch einige Lokalpolitiker gab es nicht. Damit die Mieter erst einmal überhaupt einziehen konnten, wurde im Hof eine Außentreppe als provisorischer Rettungsweg aufgestellt.
Viele Ausnahmen für geschützte Bäume
Nach der aktuellen Baumschutzsatzung der Stadt Oberhausen sind Bäume mit einem Stammumfang von mindestens 80 Zentimetern, gemessen in einer Höhe von einem Meter über dem Erdboden, besonders geschützt. Es ist verboten, geschützte Bäume zu entfernen, zu zerstören, zu schädigen oder ihren Aufbau wesentlich zu verändern.
Allerdings gibt es von dieser Grundregel zahllose Ausnahmen. So sind Bäume nicht mehr geschützt, wenn eine Gefahr von ihnen ausgeht. Ausnahmen gibt es auch, wenn der geschützte Baum krank ist, die Beseitigung des Baumes aus überwiegendem öffentlichem Interesse dringend erforderlich ist oder auch durch den Baum vor Fenstern der Zufluss von Licht und Sonne in die Wohnung in unzumutbarer Weise beeinträchtigt wird.
Die Lokalpolitiker waren ratlos. „Wieso hat man das bei Baubeginn nicht beachtet?“, fragte Peter Bruckhoff (BOB). „Es ist schlicht zu spät festgestellt worden“, antwortete Beigeordneter Frank Motschull. Wäre es früher beantragt worden, hätte es die Fällgenehmigung aber gegeben. Künftig werde es wieder einen Ortstermin geben. Aber jetzt stünden die Bäume halt im Weg.
Kritische Nachfragen blieben aus
„Es ist immer dasselbe“, beklagte Stadtverordneter Marc Hoff (FDP). Er spielte auf einen ähnlichen Fall 2019 in Sterkrade an. Auf der Otto-Weddigen-Straße nahe der Sterkrader Innenstadt musste ein herrlich-stattlicher, rund 100 Jahre alter Silberahorn gefällt werden, weil er angeblich den zweiten Rettungsweg zu einem neu gebauten Mehrfamilienhaus versperrt hatte. Nicht nur die Anwohner waren über diese Entscheidung entsetzt.
Stadtverordneter Andreas Blanke (Grüne) sprach im Innenstadt-Fall an der Gutenbergstraße von „Versagen der Stadtverwaltung“ und empfahl, die Sache nicht durchgehen zu lassen. Aber wieso die Bezirksvertreter von solchen Bauanträgen nicht früh erfahren, um Abstand zu Bäumen notfalls mittels Bebauungsplan zu regeln, fragte niemand. Und auch nicht, ob die Gutenbergstraße als Allee nicht besonders geschützt ist.