Oberhausen. Mit der Ratswahl fängt erst alles an: Jetzt müssen die Parteien im Oberhausener Rat versuchen, Bündnisse zu schmieden, um Inhalte zu realisieren.
Nach den Ratswahlen und Oberbürgermeister-Wahlen in Oberhausen stehen die acht in den Stadtrat eingezogenen Parteien und Wählergemeinschaften vor einer kniffligen Aufgabe. Wie stellt man im Rat am besten Teams aus den vorhandenen Fraktionen und Gruppen zusammen, wie bildet man also am besten Koalitionen?
Denn nur in Koalitionen können Ratsmitglieder der Parteien nach gemeinsam ausgehandelten Verträgen über umzusetzende Inhalte einigermaßen sicher sein, dass ihre Vorhaben auch während der Wahlperiode bis 2025 umgesetzt werden. Diese Koalitionsbildung ist nach diesen Ratswahlergebnissen inhaltlich äußerst schwierig – und steht auch noch unter einem relativ starken Zeitdruck.
Herbstferien verkürzen die Verhandlungszeit für Koalitionen
Zieht man die Herbstferien als Urlaubszeit vieler Beteiligter nach dem anstrengenden Wahlkampf ab, dann bleiben nur zwei reine Wochen für Verhandlungen – und die abschließende Genehmigung durch Delegierte oder Mitglieder. Denn vor der konstituierenden Ratssitzung am Montag, 2. November, muss inhaltlich, formal und vor allem personell alles zwischen den möglichen Partnern besprochen und geregelt sein – denn dann bildet man auch alle Fachausschüsse mit Benennung aller Mitglieder durch Ratsmehrheiten.
Einig sind sich alle 54 von insgesamt 58 Ratsmitgliedern darin, mit der vierköpfigen Ratsfraktion der AfD keine Gespräche der Zusammenarbeit zu führen. Erschwert wird die Bildung echter Koalitionen auch dadurch, dass sich die Linken mit ihren nur noch drei Mitgliedern als „klare linke Opposition im Stadtrat und in den Bezirksvertretungen“ sehen. Zudem herrscht zwischen SPD und CDU eine Pattsituation: Die CDU holte zwar erstmals in der Oberhausener Geschichte mit 32,8 Prozent die meisten Stimmen (SPD: 31,7 Prozent), doch beide erhielten nur 19 Mandate.
Koalitionspolitische Rechenspiele
Welche Koalitionen sind theoretisch überhaupt möglich?
Große Koalition (38 von 58 Ratssitzen: Am rechnerisch einfachsten wäre ein Bündnis zwischen CDU und SPD – mit insgesamt 38 von 58 Ratssitzen. Doch der heftige Rotlicht-Schlussspurt hat zu menschlichen Verwerfungen zwischen beiden Seiten geführt. Außerdem gelüstet es die CDU, mit nun starkem Selbstbewusstsein zu zeigen, wer die stärkste Kraft in der Stadt ist: Sie will die Zeitenwende auch inhaltlich untermauern.
Rot-Rot-Grün (30 von 58 Sitzen): Die Linken sind nach Angaben des bisherigen Ratsfraktionschefs Yusuf Karacelik zwar bereit, mit allen demokratischen Parteien zu sprechen, sie gehen aber nicht von einem solchen Bündnis aus. „Wir lehnen die Haushaltskonsolidierung ab, wir wollen den Verkauf städtischer Immobilien stoppen, wir wollen eine Wohnungsbaugesellschaft – das passt einfach nicht mit anderen zusammen.“
Jamaika (CDU, FDP, Grüne – hätten mit 29 Mandaten von 58 nur die Hälfte der Stimmen im Rat): Eine klare Mehrheit gibt es nur mit der Oberbürgermeister-Stimme als Ratsvorsitzender. Der OB darf aber nicht bei allen Abstimmungen mitstimmen.
Mit wechselnden Mehrheiten
Eine Möglichkeit für alle Parteien im Oberhausener Rat besteht darin, keine einzige Koalition, also kein Bündnis mit einem festen Vertrag über die umzusetzenden politischen Inhalte zu schmieden.
Man würde dann von Ratssitzung zu Ratssitzung, von Ausschuss zu Ausschuss mit wechselnden Mehrheiten je nach Sach- oder Personalfrage agieren. Das Geschäft ist für die neben ihrem eigentlichen Hauptberuf im Stadtrat ehrenamtlich in ihrer Freizeit tätigen Politiker allerdings sehr mühsam. Das Aushandeln von gemeinsamen Inhalten erfordert im Ratsalltag viel Zeit.
Ampelkoalition (SPD, Grüne, FDP – hätten mit 29 Mandaten von 58 nur die Hälfte der Stimmen): Eine klare Mehrheit gäbe es nur, wenn die drei zusätzlich entweder mit Offen für Bürger (OfB, eine Stimme) oder mit dem zweiköpfigen Bündnis Oberhausener Bürger (BOB) als Viererbündnis paktieren. Allerdings ist bereits die Ampelkoalition der vergangenen Ratsperiode durch die Entscheidung der Grünen Ende 2018 geplatzt – begeistert würden wohl weder SPD noch Grüne die erneute Ehe eingehen.
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So bleibt noch ein schwierig zu packendes Viererbündnis rechnerisch über: Da Schwarz-Grün alleine nicht reicht und Jamaika wackelig ist, könnten CDU und Grüne mit FDP und BOB eine Koalitionsmehrheit bilden. Beide hatten Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) ihren Anhängern zur Wahl empfohlen. „Eine Koalitionsaussage ist das aber nicht“, sagt der neue FDP-Ratsherr Marc Hoff. „Wir reden mit jedem – außer mit der AfD.“ Eine ähnliche Aussage trifft BOB-Ratsherr Peter Bruckhoff.
SPD überlegt ihre Strategie in einer Klausurtagung am Samstag
Und was bevorzugt die SPD? SPD-Fraktionschefin Sonja Bongers will erstmal mit ihren Kollegen in einer Sonder-Klausursitzung am Samstag beraten. Keine einfache Entscheidung: Als eindeutige Opposition könnte man ein scharfes Profil gewinnen, hartnäckig auf schmerzhafte Schwächen der Rathaus-Arbeit und der Ratsmehrheit hinweisen sowie beeindruckende Lösungen für Oberhausen entwickeln – mit Blick auf 2025. Aber man könnte dann fünf Jahre lang deutlich weniger von seinen Ideen umsetzen als bisher, um das Leben der Bürger zu verbessern.