Oberhausen. Zugewanderte brauchen mehr Hilfe bei der Pflege ihrer Senioren. Das und mehr hat der Auftakt einer Diskussionsreihe der Oberhausener SPD gezeigt.
Wenn es darum geht, alten Menschen so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, ist in der Stadt einiges erreicht, aber auch noch viel zu tun. Vor allem die Familien von Zugewanderten stehen in den nächsten Jahren vor dem Problem, ihren Senioren erklären müssen, dass auch sie bei deren Pflege auf professionelle Hilfe zurückgreifen können und sollten. Das ist eines der Ergebnisse einer Diskussion, zu der die SPD-Arbeitsgemeinschaft 60plus zum Auftakt einer vierteiligen Reihe in das islamische Kulturzentrum an der Fahnhorststraße in Osterfeld eingeladen hatte.
Ercan Telli allein auf dem Podium
Eigentlich sollte es eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aller im Rat vertretenen Parteien und Gruppierungen werden. Stadtverordneter Ercan Telli, Sozialpolitiker der SPD-Ratsfraktion, saß dann aber allein auf dem Podium. Fünf Wochen vor den Kommunalwahlen wollte die politische Konkurrenz es offenbar nicht der SPD überlassen, das Diskussionsforum zu dem Thema geschaffen zu haben. Es ergab sich trotzdem eine fruchtbare Diskussion mit Moderator Stefan Welbers und dem Publikum.
Rund 25 Zuhörer waren gekommen. Viele von ihnen sind beruflich mit dem Aufgabenfeld befasst. Sie alle wurden von Recep Kocaoglu, dem Vorsitzenden des Kulturzentrums, zunächst durch das großzügig gestaltete Gebäude geführt.
Autobahn ohne blaue Hinweisschilder
Welbers, der das Seniorenzentrum „Gute Hoffnung“ der Neuapostolischen Kirchen in Sterkrade leitet, verglich die Übersichtlichkeit unseres Gesundheitswesens mit einer Autobahn ohne die blauen Hinweisschilder. Ganz so sei es aber nicht, entgegnete ihm Ercan Telli. Schließlich gebe es mittlerweile sechs Quartiersbüros als Anlaufstellen für die Beratung älterer Menschen im Stadtgebiet. „Dort erfährt man zum Beispiel, dass es sogar Fördermittel für den seniorengerechten Umbau von Badezimmern gibt.“ Auch habe die SPD durchgesetzt, dass eine schriftliche Befragung aller Menschen ab 75 Jahren dazu durchgeführt wurde. Sie hat übrigens ergeben, dass etwa die Hälfte der Befragten ihre Kompetenz in Sachen Gesundheit allenfalls mit „ausreichend“ bewertet.
Moscheeverein gründet Pflegedienst
Es gebe aber auch jüngere Betroffene, gab die Sterkrader Bezirksvertreterin Ursula Dorroch zu bedenken. Sie lenkte das Gespräch auf die Situation bei den Zugewanderten. „Auch unseren Familien fehlen die Zeit und die Kraft zur Betreuung“, räumte Gastgeber Kocaoglu ein. Deshalb habe man als Kulturverein selbst einen ambulanten Pflegedienst gegründet. Die Anlaufschwierigkeiten seien aber so groß gewesen, dass man ihn an ein Unternehmen habe abgeben müssen. „Mit dem, was meine Eltern mit ihrem kulturellen Hintergrund brauchen, wäre eine normale Pflegeeinrichtung jedenfalls überfordert“, sagte er.
„Deshalb haben wir ja gefordert, dass ein Quartiersbüro über interkulturelle Kompetenz verfügt“, erwiderte Ercan Telli. Alle Quartiersbüros müssten aber bei der Aufgabe unterstützt werden. „Die Angehörigen der Migranten dürfen nicht mehr bis zum Gehtnichtmehr verheizt werden.“
Seniorenbeirat rangiert hinten
Was den Informationsaustausch angeht, besteht nach Angaben von Telli ebenfalls Verbesserungsbedarf. „Wie kann es sein, dass wir von der Pleite des Katholischen Klinikums Oberhausen (KKO) überrascht worden sind?“, fragte er. Bislang habe man jedoch vergeblich gefordert, den Seniorenbeirat in der Beratungsfolge der politischen Gremien ganz nach vorne zu ziehen.